Januar 2023

Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer, liebe Mitträger von erlassjahr.de,

im letzten Jahr haben wir erschreckende Parallelen zwischen unserer Arbeit für faire Entschuldung und dem Einsatz für Klimagerechtigkeit gesehen. Auch wir warnen mit aller ­Eindringlichkeit vor Entwicklungen, die Millionen von Menschen die Chance auf ein Leben in Würde kosten werden. Genauso wie sich die Wissenschaft einig ist, dass schnelles, gemeinsames Handeln nötig ist, um die schlimmsten Auswirkungen der ­Klimakrise zu verhindern, so sind sich auch alle Wirtschaftsexpert*innen einig: Ohne schnelle und nachhaltige Schuldenerlasse werden immer mehr Länder in Armut fallen. Und auch die nachhaltigen Entwicklungsziele – einschließlich der Klimaziele – werden nicht mehr erreichbar sein. Dass dies zuletzt sogar David Malpass sagte – seines Zeichens Präsident der Weltbank und damit einer Institution, die selbst Gläubiger der meisten Länder des Globalen Südens ist –, zeigt, wie groß die Einigkeit in dieser Frage ist.

Aber, und das ist die erschreckendste Parallele zur Klima-Politik: Mutige und weg­weisende Schritte seitens der politischen Entscheidungsträger*innen fehlen komplett. Zwar versichern die Verantwortlichen, sie seien sich des Problems durchaus bewusst. Aber es passiert: nichts. Das Festhalten am Status Quo ist den reichen Regierungen und Institutionen offensichtlich immer noch wichtiger als die Bewahrung der Schöpfung und die ­Bekämpfung der Armut.

Vor 70 Jahren: Schuldenerlass für die Bundesrepublik

Dass es uns hier in Deutschland vergleichsweise gut geht, liegt nicht zuletzt an  einem Ereignis, das sich in diesem Jahr zum 70. Mal jährt: die Unterzeichnung des ­Londoner Schuldenabkommens am 27. Februar 1953. Die Bundesrepublik Deutschland erhielt damals von 20 Gläubigerregierungen einen außergewöhnlichen Erlass seiner Vor- und Nachkriegsschulden. Damit wurde nicht zuletzt dem deutschen „Wirtschaftswunder“ der Weg geebnet. Das Abkommen steckte – auch hinsichtlich seiner qualitativen ­Ausgestaltung – voller Innovationen, die auch heute für viele Länder den Unterschied ausmachen könnten. Etwa für die Ukraine. Das angegriffene Land erhält einen ­großen Teil seiner ausländischen Unterstützung als Kredite. Sobald der Krieg endet, wird sich die Frage stellen, wie die Gläubiger mit der Verschuldung der Ukraine umgehen ­werden. Gemeinsam mit ukrainischen und internationalen Partnern wollen wir 2023 einem Entschuldungsverfahren für die Nachkriegs-Ukraine den Boden bereiten – damit auch dieses Land nach dem Leid des Krieges wieder blühen kann.

Entschuldung ist möglich – wenn politischer Wille da ist!

Wenn wir im Februar 2023 an das Londoner Schuldenabkommen erinnern, wollen
wir zeigen: Entschuldung ist möglich, wenn nur der politische Wille da ist. Und diesen hat die Bundesregierung auch in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten. Ein zentraler ­Fokus unseres Engagements in diesem und den kommenden Jahren bis zum Ende der Legislaturperiode wird daher sein, die Bundesregierung immer wieder an ihr
Bekenntnis zu einem internationalen Insolvenzverfahren zu erinnern – und damit an
Lösungen für alle Länder, die kritisch verschuldet sind, ob die Ukraine, Malawi oder
Sri Lanka.

Mit Veranstaltungen und Mitmachaktionen wollen wir 2023 unsere Forderungen
hör- und sichtbar machen.

Ihren Auftakt hat die neue Kampagne im Juni beim Deutschen Evangelischen
Kirchentag in Nürnberg.

Seid ihr dabei?! Wir würden uns sehr freuen!

Euer Team von erlassjahr.de

 

Der Jahrestext 2023 als PDF