Schuldenumwandlung für Entwicklung

Wenn eine Regierung Schuldendienstzahlungen aus einem anderen Land erhält und gleichzeitig diesem gegenüber Mittel aus der Entwicklungszusammenarbeit vergibt, liegt es nahe, nicht erst die Zahlungen zu kassieren und dann neue Schenkungen oder Kredite einzuräumen, sondern das Geld einfach im Lande zu lassen. Es wird dann, statt an den Gläubiger zu fließen, im Land in nationaler Währung für Entwicklungs- oder Umweltschutzvorhaben investiert, auf die die beiden Regierungen sich verständigt haben. Wenn das geschieht, spricht man von einer Schuldenumwandlung für Entwicklung (engl. debt-for-development swaps).

Diese Form der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit gibt es seit den 1980er Jahren. Auch vereinzelte Privatgläubiger haben schon damit gearbeitet – aus philanthropischen Gründen oder weil eine Forderung an ein ärmeres Land ohnehin schwer einzutreiben war und man ihre Abschreibung steuerlich geltend machen konnte.

Bei der Verwendung der freiwerdenden Mittel gibt es verschiedene Optionen. Es können öffentliche Projekte der Regierung des Schuldnerlandes finanziert werden oder Projekte einer dritten Partei. So berät erlassjahr.de beispielsweise den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose (GFATM) bei der Umsetzung seines Debt2Health-Programms. Oder es werden sogenannte Gegenwertfonds im Lande geschaffen, deren Mittelverwendung nur für bestimmte Bereiche – etwa Bildung oder kommunale Strukturen – festgelegt wird, und aus dem die jeweiligen Zielgruppen Mittel beantragen können. Die Schweiz hatte in den 1990er Jahren als Pionierin von Umwandlungen eine ganze Reihe solcher Gegenwertfonds geschaffen, die überwiegend sehr erfolgreich gearbeitet haben.

Deutschland ist aktuell eines von vier Gläubigerländern, die eine explizite Schuldenumwandlungspolitik in ihren zentralstaatlichen Haushalten formuliert haben. So können etwa im Haushaltsjahr 2022 150 Millionen Euro Rückflüsse aus der Entwicklungszusammenarbeit für einen begrenzten Kreis von qualifizierten Ländern umgewandelt werden. Unter früheren Bundesregierungen ist das Instrument auch intensiv genutzt worden. In den letzten beiden Legislaturperioden wurde allerdings nur ein kleiner Teil der jährlich zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft, da die Regierung dieses Instrument potenziellen Nutznießern kaum bekanntmacht.

Angesichts der steigenden Verschuldungsindikatoren infolge der Corona-Rezession nimmt weltweit das Interesse an Schuldenumwandlungen wieder stark zu. Mancherorts werden sie sogar als Instrument angesehen, um Überschuldungskrisen zu überwinden. Das aber ist eine Schuldenumwandlung eindeutig nicht. Einerseits, weil eine Zahlungsverpflichtung auf Seiten des überschuldeten Landes ja bestehen bleibt. Und andererseits, weil Umwandlungen sich in der bisherigen Praxis eher im Bereich zweistelliger Millionenbeträge bewegt haben. Das sind keine Größenordnungen, die Schuldenkrise auslösen oder überwinden könnten. Schließlich sind Schuldenumwandlungen – insbesondere, wenn auch noch dritte Parteien wie etwa UN-Organisationen eingeschaltet werden – komplexe Operationen, die von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Fließen der Mittel für das vereinbarte Vorhaben mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Akute Überschuldungskrisen aber benötigen schnelles Handeln, wenn das betroffene Land handlungsfähig bleiben soll.

Wenn man keine falschen Erwartungen an das Instrument Schuldenumwandlung richtet, kann es dagegen durchaus Stärken ausspielen: Umwandlungen bieten die Möglichkeit, punktuelle Schuldenerleichterungen mit sinnvoller Entwicklungsfinanzierung zu verbinden.