NRO-Treffen mit dem deutschen G8-Sherpa Bernd Pfaffenbach

Mit etwas Verspätung (sorry) kommt hier der Bericht über das Treffen mehrerer Entwicklungs- und Umwelt-NROs mit dem deutschen Staatssekratär Pfaffenbach, welcher für die Vorbereitung des G8-Gipfels verantwortlich ist.
NGO TREFFEN MIT G8 SHERPA DR. PFAFFENBACH – 02.06.2009
Es ist schon eine Tradition, dass sich die größeren Nichtregierungsorganisationen mit dem Beauftragten der Regierung für die Vorbereitung des nächsten G8 Gipfel vorher zu einem Austausch treffen. Zunächst berichtet der „Sherpa“ über den Stand der Vorbereitungen:
• die logistischen Schwierigkeiten mit dem hastig veränderten Tagungsort L’Aquila;
• die veränderte Tagesordnung: nur ein Tag für die G8 Regierungschefs unter sich, dann G8 + 5 inklusive China, Indien, Brasilien, Mexiko, Südafrika; später ein Gespräch mit anderen afrikanischen Regierungschefs;
• die Themenschwerpunkte Wirtschaftskrise und Klima;
• die Sonderwünsche des Gastgebers Italien: zur Berechnung der Entwicklungshilfe alle Finanzströme zusammenzuberechnen: ODA, Private Investitionen, Marktzugang, alles außer Militäreinsätzen, ein Vorschlag, der kaum ernst genommen werde.

In der offenen Runde dürfen dann Fragen und Forderungen eingebracht werden. Viele bezogen sich auf den Klimawandel und die kommende Klimakonferenz von Kopenhagen. Für Erlassjahr.de war es wichtig, auf die Gefahr einer neuen Schuldenkrise hinzuweisen und anzufragen, in wie weit die Bundesregierung beim G8 Gipfel auf die Dringlichkeit eines internationalen Insolvenzverfahrens hinzuweisen. Die Antworten versuchten das Problem abzuschwächen: Die USA hätten doch noch viel größere Schulden als alle anderen. Gefährlicher als die willkommenen Kredite von Weltbank und IWF sei doch die großen Finanzflüsse aus China. Die Gefahr sei eher gering, weil die Zinsen so niedrig sind. Die große Hoffnung sei, dass die Kreditspritzen die Wirtschaft der ärmeren Länder so ankurbeln, dass sie die Kredite wieder zurückzahlen könnten. Und im übrigen müsse man erst mal abwarten, wie sich die Situation entwickelt, und, wenn nötig, das Problem in anderthalb bis zwei Jahre noch mal diskutieren.

Es sieht so aus, als ob für das zentrale Anliegen von Erlassjahr, ein internationales Insolvenzrecht, auf dem nächsten G8 Gipfel kaum Raum zu sein scheint.

Die andere, seit kurzem diskutierte Idee, eines Moratoriums für Länder mit akuten Zahlungsschwierigkeiten durch die Finanzkrise war für die meisten völlig neu.

Die Bundesregierung ist wohl überzeugt, dass es einen Bedarf für eine umfassende Schuldenregelung gibt, aber sieht das wohl zum jetzigen Zeitpunkt kaum als prioritär.

Wolfgang Schonecke

Neuland für die Kanzlerin

“Da habe ich mich noch nicht mit befasst”, so die Kanzlerin auf unsere Forderung, Deutschland solle sich zum “Champion” eines Internationalen Insolvenzverfahrens machen.
Beim inzwischen dritten Gespräch zwischen internationalen Umwelt- und Entwicklungs-NROs und Angela Merkel am Donnerstag Vormittag nahm der Klima-Teil den deutlich größeren Raum ein. Zu den Themen von Entwicklungsfinanzierung unterstrich die Bundeskanzlerin das deutsche Committment für die eingegangenen Entwicklungshilfe-Verpflichtungen: “Wir werden künftig nicht weniger bereitstellen, sondern noch etwas drauflegen”. Auch ihre Aussage zur ODA-Anrechnung von Nicht-Entwicklungshilfeleistungen klang zunächst recht sympathisch (“Entschuldung ist einfach; frisches Geld geben ist schwer. Dass da manches gleich gemacht wird, ist aus der Sicht der betroffenen Länder auch komisch”). Im zweiten Satz erwies sich diese Feststellung aber nicht als Abkehr von der fragwürdigen Praxis, Schuldenerlasse in die Entwicklungshilfe reinzurechnen, sondern im Gegenteil als Neuauflage ihres alten Steckenpferdes, zusätzlich auch die Militärmission in Afghanistan so zu verbuchen. Angesichts der Tatsache, dass im Moment nur die amtierende Entwicklungsministerin solchen schrägen Buchungstricks einen Riegel vorschiebt, kann einem für die Zeit nach der Wahl angst und bange werden.
Zur Forderung nach einem Internationalen Insolvenzverfahren gab es dann doch noch positive Töne von der Regierungsbank, nämlich von dem deutschen G8-Sherpa Bernd Pfaffenbach. Ihm war das Thema nicht ganz so neu, und er sieht offenbar auch die Brisanz angesichts der massiven Neuverschuldung der ärmeren Länder. Den Satz “Das habe ich notiert und nehme es mit” haben wir aus seinem Mund zwar schon öfter gehört. Es könnte indes sein, dass in diesem Jahr die G8-Konstellation anders ist als früher. Zum einen haben die reichen Länder selbst ein genuines Interesse daran, schleunigst Verfahren für eine effiziente Überwindung von Staats-Überschuldung im Süden zu schaffen. Zum zweiten ließ auch unser italienischer Kollege deutlich erkennen, dass die italienische G8-Präsidentschaft händeringend auf der Suche nach einem guten und kostengünstigen Nord-Süd-Profilierungsthema für den Gipfel ist, nachdem Italien seine Entwicklungshilfe in diesem Jahr um 56% (!) gekürzt hat. Und kosten wird ein faires Entschuldungsverfahren erst mal nichts.