Ressourcenausbeutung in Mosambik führt zu extremem Schuldenanstieg: Wir müssen reden

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Foto: Jürgen Kaiser, erlassjahr.de

Morgen beginnt ein seit langem geplantes Seminar unseres mosambikanischen Partnernetzwerks Grupo da Divida. Meine britische Kollegin Sarah Jayne Clifton, die AFRODAD Mitarbeiter Fanwell Bokosi und Tiri Mutazu und ich haben uns heute mit den mosambikanischen Kolleg/innen getroffen, um das Seminar vorzubesprechen (Bild).

Obwohl seit Monaten vorbereitet, findet es nun in der heißesten Phase der heraufziehenden nächsten Schuldenkrise Mosambiks statt: Zur Förderung der erheblichen Erdgasvorräte vor der Küste des Landes fließen aktuell Jahr für Jahr 20-30% der jährlichen Wirtschaftsleitung als Form ausländischer Direktinvestitionen in das Land. Als Folge davon wird der Gassektor nicht nur bis zum Ende der Dekade mehr als die Hälfte des gesamten Sozialprodukts ausmachen, er wird auch zu einem großen Teil in ausländischer Hand sein. 2019 bricht nach den Vorhersagen des IWF dann der Investitions-Zufluss abrupt ab, nicht aber der Investitionsbedarf. Nach den Vorstellungen des IWF sollen 2020 dann in einem einzigen Jahr mehr als 50% der Wirtschaftsleistung durch neue private Verschuldung ins Land fließen. Im Ergebnis wird der Schulden/BIP-Indikator dann so hoch sein wie der Griechenlands heute.

Um fast schon vorwegzunehmen, wohin plötzlicher Ressourcenreichtum führen kann, wurde Anfang des Jahres aufgedeckt, dass öffentliche Unternehmen seit 2013 verschiedene Großkredite an den vorgesehenen parlamentarischen Verfahren vorbei aufgenommen hatten, und der Schuldenstand des Landes deshalb rund 2 Mrd. US-Dollar oder gut ein Fünftel höher ist, als vom IWF bisher berechnet. Der IWF spricht in fast einzigartiger Offenheit davon, die Regierung Mosambiks habe „ganz offensichtlich Korruption verschleiert.“ Die spannende Frage ist nun, ob die seit fast dreißig Jahren herrschende ehemalige Befreiungsbewegung FRELIMO in der Lage sein wird, das Schicksal der vom Ressourcenfluch gebeutelten Kleptokratien wie Nigeria in den 80ern oder der Kongo bis heute zu vermeiden.

So ist es nicht überraschend, dass an dem Seminar, in dem es um praktische Alternativen beim Umgang mit den Schulden gehen soll, nicht nur die Zivilgesellschaft interessiert ist. Auch die Ministerien für Finanzen und Wirtschaft und alle Parlamentsfaktionen möchten morgen und übermorgen zuhören und mitdiskutieren.

Die Untoten der Argentinien-Krise schreiben an die Weltbank

2005 und 2010 einigte sich Argentinien mit insgesamt mehr als 90% seiner Anleihegläubiger auf einen Schuldenschnitt von rund 70%. Mit dieser Entlastung wuchs das Land aus der schlimmsten Wirtschaftskrise seiner Geschichte, die 2001 zur Einstellung aller Zahlungen an die inländischen und ausländischen Gläubiger geführt hatte. Die übrigen 10%, welche noch immer ihre ursprünglichen Papiere halten, haben sich indes in kleinen aber lautstarken Pressure Groups organisiert.

In Deutschland toben sie sich in einschlägigen Internetforen wie dem “Sudelforum” aus; in den USA ist eine zentrale Stimme die American Task Force on Argentina (ATFA). Deren Vorsitzender beschwerte sich nun im Vorfeld einer gemeinsamen Tagung von Weltbank und Argentinischer Regierung über Optionen für ein Staateninsolvenzverfahren, dass die Bank die Argentinier nicht boykottiert, oder zumindest den Herren Holdouts einen Platz auf dem Podium verschafft.

Eine solche Initiative zeigt sehr eindrucksvoll, wie dringend notwendig die Tagung unter dem Titel The missing link in the international financial architecture: Sovereign Debt Restructuring tatsächlich ist. Argentinien hat eine Geschichte von Überschuldung und ziemlich chaotischer Entschuldung hinter sich, die vor allem für die ärmeren Schichten Argentiniens selbst schmerzhaft war. Die Bemühungen des Finanzministeriums daraus nun Konsequenzen zu ziehen, und eine globale Reform auf den Weg zu bringen ist aller Ehren wert. Zum Glück wurde der Topredierungs-Versuch von Investoren, die seinerzeit mit Argentinien-Anleihen ohne Risiko eine Riesen-Rendite einstreichen wollten, sowohl von der Weltbank als auch von der Argentinischen Regierung souverän ignoriert.