Wem nützt 'aggressive Schuldenpolitik'?

In Zeiten drohender Zahlungsunfähigkeiten von armen und ärmsten Ländern interessiert sich auch der IWF wieder verstärkt dafür, wie Zahlungseinstellungen aussehen, und wie eine erfolgreiche Umschuldung zu gestalten wäre. Dazu hat der IWF eine Studie bei dem Berliner Volkswirt Christoph Trebesch in Auftrag gegeben. (Trebesch,C.: The Cost of Aggressive Sovereign Debt Policies: How much is the Private Sector Affected? IMF Working Paper 09/29, Feb. 2009).

Die Studie geht dem auch uns in der Vergangenheit von Gläubiger-Vertretern entgegengehaltenen Argument nach, wer sich seinen Gläubigern widersetze, schneide sich ins eigene Fleisch, weil er nie wieder einen Kredit bekäme. Und sie untersucht, inwieweit kooperatives gegenüber aggressivem Verhalten des Schuldners eher zu einer erfolgreichen Restruturierung führt. Die Ergebnisse sind auf der einen Seite banal (Grundsätzlich mögen Gläubiger es lieber, wenn man zahlt so lange man irgend kann), auf der anderen Seite aber hoch interessant. Im Kern sagt die Untersuchung von Zahlungseinstellungen in 13 Ländern zwischen 1980 und 2004:

Keinesfalls schliesst sich jemand, der aggressiv gegenüber den Gläubigern die Zahlungen verweigert, dauerhaft vom Kreditmarkt aus. Vielmehr muss man von einer Quarantäneperiode von bis zu zwei Jahren ausgehen. Danach funktioniert das Gedächtnis der Gläubiger ohnehin nicht mehr, wenn sie irgendwo Geschäfte wittern.

Es stimmt, dass in dieser Zeit der Zugang zu neuen Krediten erschwert ist, aber es ist nicht eindeutig zu beweisen, ob dies in einer unkooperativen Haltung beim Umschulden oder einfach an der Tatsache einer einseitigen Zahlungseinstellung begründet liegt.

Wer auf eine einvernehmlich Lösung mit den Gläubigern hinarbeitet kann überdies davon ausgehen, dass diese zu einer Zunahme des Kreditangebots in den folgenden Jahren führt.

Gerade der letzte Punkt ist ein starkes Argument für die Schaffung eines fairen und transparenten Entschuldungsverfahrens. Schließlich haben nicht nur die Schuldner, sondern auch die alten, aber mehr noch die neuen Gläubiger ein Interesse daran, dass künftig wieder normale Schuldner-Gläubiger-Beziehungen möglich sind.

Wie bei Publikationen aus dem Fonds üblich, werden “Aggressivität” und “unkooperatives Verhalten” ausschließlich auf der Seite des Schuldners vermutet und analysiert. Dass Gläubiger – durch ihr Beharren auf sinnlosen Tragfähigkeits-Berechnungen, hochgradig unfairen und ineffizienten Verhandlungsforen oder schlicht durch die Zurückweisung vernünftiger Angebote der Schuldner eine einvernehmliche Regelung blockieren, ist zwar alltägliche Realität vieler Schuldnerländer; der IWF – selbst wichtiger Gläubiger und zentraler Akteur im internationalen Schuldenmanagement, kann sich das offenbar überhaupt nicht vorstellen.

Ecuador-Tagebuch, die zweite: Erster Ministerwechsel, bevor ich überhaupt da bin

Das ist selbst für Ecuador ein Rekord, dessen Minister in einem Tempo und mit einer Unvohersehbarkeit wechseln, bei der selbst die Italiener noch was lernen können. Ein kurzer Blick ins Internet beim Zwischenstopp in Atlanta, und es zeigt sich, dass Finanzminister Fausto Òrtiz heute abgelöst und durch Wilma Salgado ersetzt wurde.

Dieser Wechsel ist für die die Arbeit in der Kommission schon deshalb besonders wichtig, weil sie im Finanzministerium angesiedelt ist, und die Beziehung zu Fausto nie besonders harmonisch war (höflich ausgedrückt).

Wilma ist eine (weitere) Jubileo-Aktivistin, Wirtschaftsprofessorin mit einem in den letzten Jahren ebenfalls sehr bewegten Lebenslauf. Sie war Leiterin der staatlichen Pensionskassen, musste von dem Amt aber zurücktreten als ihre Versuche, den ziemlich korrupten Laden aufzuräumen, wiederum mit Korruptionsvorwürfen gegen sie beantwortet wurden. Als Mitglied des Andinen Parlaments geniesst sie allerdings Immunität.

Einige ej-Aktive kennen sie vielleicht noch von Delegationsbesuchen in Europa oder dem FTAP-Vernetzungstreffen 2002 in Guayaquil.