(K)eine ganz normale Weltbank-Konferenz

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So ungefähr sehen Weltbank-Konferenzen eigentlich immer aus: Ein künstlich beleuchteter und belüfteter Raum in einem teuren Hotel. Menschen aus vielen verschiedenen Ländern aufgereiht auf unbequemen Stühlen, mehr oder weniger aufmerksam zuhörend oder auch heimlich ihre Blackberrys checkend – und vorne ein Panel mit schlipstragenden weissen Männern. Wohldosierte Alibi-Frauen und -Afrikaner dazwischen. Und gesprochen wird über Finanzströme zwischen Nord und Süd. Alles irgendwie interessant für einen Entschuldungscampaigner, aber so sehr auch wieder nicht, dass er nicht auch lieber zwischendurch mal, die Mails durchsehen würde…
So auch hier bei der Debt Management Konferenz der Weltbank und der Afrikanischen Entwicklungsbank in einem hübschen Touristen-Hotel nördlich von Tunis.
Anders war, dass die Bank erlassjahr.de nicht nur freundlich das Zuhören gestattete (dafür wäre ich eher nicht gekommen), sondern überdies ein hübsches Streitgespräch zwischen einer Mitarbeiterin des holländischen Finanzministeriums und mir organisierte über die Frage, ob neue (gar: “radikale”) Entschuldungs-Verfahren gebraucht werden oder nicht. Und damit die Sache ein bisschen interessanter würde, kopierte sie eine Idee unseren Köln+10-Workshop vom letzten Juni: Die Tagungsteilnehmer sollten abstimmen: einmal vor dem Streitgespräch und dann nachher.
Da erlassjahr.de beim Heimspiel in Köln einen Erdrutschsieg errungen hatte, vermutete ich, dass sie nun auf eine Revanche scharf waren, und es nicht viele Lorbeeren zu gewinnen geben würde. Allerdings nahm die niederländische Kollegin das Match ziemlich auf die leichte Schulter (oder war in Gedanken schon beim anschließenden Vier-Augen-Gespräch mit dem Chefunterhändler der isländischen Regierung, mit dem die Niederländer derzeit einiges zu verhandeln haben). Jedenfalls war schon vor Beginn eine kleine Mehrheit für ein radikales neues Denken (“radical re-thinking of debt management”), und als wir beide gesprochen und jeweils eine Runde Fragen beantwortet hatten, war der Vorsprung – unter immerhin Finanzbeamten und -Zentralbankern, UNO-Leuten und WB/IWF-Mitarbeitern – noch gewachsen. Auch wenn man diese Art von Übungen mit der kleinen Prise Humor nehmen muss, mit der Moderator sie auch einführte, zeigt sich doch, dass es ein spürbares Unbehagen unter Fachleuten gegenüber einer Politik des schlichten “weiter so” gibt.
Jedenfalls folgten auf das Streitgespräch eine ganze Reihe interessanter Gespräche, mit Leuten, die über FTAP mehr wissen und hier oder dort auch mit uns zusammen arbeiten möchten. erlassjahr.de dankt der Weltbank für die freundliche Einladung.