Angela Merkel: Die Banken werden nicht ungeschoren davon kommen

In der Sendung “Farbe bekennen” sprach sich Angela Merkel am 3.5.2010 für die Einführung eines Insolvenzverfahrens für bankrotte Staaten aus. Endlich, denkt erlassjahr.de, denn wir fordern schon seit den neunziger Jahren die Schaffung einer geregelten internationalen Insolvenzordnung. Die Erfahrungen des “verlorenen Jahrzehnts” haben bei den überschuldeten Entwicklungsländern gezeigt, dass eine nie endende Refinanzierung von Staatsschulden die Krise nur verlängert und teurer macht. Darunter leidet immer die Bevölkerung: Entweder der Steuerzahler im Norden, oder die ärmsten Schichten im Süden, die mit den Folgen der Überschuldung leben müssen. Soll man die unbezahlbaren Schulden also streichen? Ja, und zwar in einem fairen Verfahren, dass klare Regeln hat – und schon längst gebraucht wird.

Das Interview mit der Bundeskanzlerin ist online auf der ARD-Seite zu finden. In der siebten Minute (7’30) kann man die Äußerungen zum internationalen Insolvenzverfahren nachhören. Und übrigens: Nutzen Sie auch die Kommentarfunktion und äußern Sie Ihre Meinung zum Thema!

Neuland für die Kanzlerin

“Da habe ich mich noch nicht mit befasst”, so die Kanzlerin auf unsere Forderung, Deutschland solle sich zum “Champion” eines Internationalen Insolvenzverfahrens machen.
Beim inzwischen dritten Gespräch zwischen internationalen Umwelt- und Entwicklungs-NROs und Angela Merkel am Donnerstag Vormittag nahm der Klima-Teil den deutlich größeren Raum ein. Zu den Themen von Entwicklungsfinanzierung unterstrich die Bundeskanzlerin das deutsche Committment für die eingegangenen Entwicklungshilfe-Verpflichtungen: “Wir werden künftig nicht weniger bereitstellen, sondern noch etwas drauflegen”. Auch ihre Aussage zur ODA-Anrechnung von Nicht-Entwicklungshilfeleistungen klang zunächst recht sympathisch (“Entschuldung ist einfach; frisches Geld geben ist schwer. Dass da manches gleich gemacht wird, ist aus der Sicht der betroffenen Länder auch komisch”). Im zweiten Satz erwies sich diese Feststellung aber nicht als Abkehr von der fragwürdigen Praxis, Schuldenerlasse in die Entwicklungshilfe reinzurechnen, sondern im Gegenteil als Neuauflage ihres alten Steckenpferdes, zusätzlich auch die Militärmission in Afghanistan so zu verbuchen. Angesichts der Tatsache, dass im Moment nur die amtierende Entwicklungsministerin solchen schrägen Buchungstricks einen Riegel vorschiebt, kann einem für die Zeit nach der Wahl angst und bange werden.
Zur Forderung nach einem Internationalen Insolvenzverfahren gab es dann doch noch positive Töne von der Regierungsbank, nämlich von dem deutschen G8-Sherpa Bernd Pfaffenbach. Ihm war das Thema nicht ganz so neu, und er sieht offenbar auch die Brisanz angesichts der massiven Neuverschuldung der ärmeren Länder. Den Satz “Das habe ich notiert und nehme es mit” haben wir aus seinem Mund zwar schon öfter gehört. Es könnte indes sein, dass in diesem Jahr die G8-Konstellation anders ist als früher. Zum einen haben die reichen Länder selbst ein genuines Interesse daran, schleunigst Verfahren für eine effiziente Überwindung von Staats-Überschuldung im Süden zu schaffen. Zum zweiten ließ auch unser italienischer Kollege deutlich erkennen, dass die italienische G8-Präsidentschaft händeringend auf der Suche nach einem guten und kostengünstigen Nord-Süd-Profilierungsthema für den Gipfel ist, nachdem Italien seine Entwicklungshilfe in diesem Jahr um 56% (!) gekürzt hat. Und kosten wird ein faires Entschuldungsverfahren erst mal nichts.