Zum Mittagessen nach Quito

Als Mitglied der “Auditoria-Kommission”, die 2007 und 2008 die Schulden Ecuadors auf ihre Legitimität überprüfte, erhielt erlassjahr.de zu Jahresbeginn eine Einladung zum Mittagessen im “Garandolet”, dem Präsidentenpalast in Quito. Da unmittelbar vor der Einladung am vergangenen Freitag eine zweitägige Konferenz unserer langjährigen Partnerorganisation Jubileo2000 Red Guayaquil stattfand, liess sich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Im schwülen Guayaquil rangen wir mit Kolleg/innen aus verschiedenen Netzwerken innerhalb und außerhalb Ecuadors um die nächsten Schritte auf dem Weg zum Schulden-Schiedsverfahren. In der Kühle des andinen Quito wurden bei exzellentem Wein und Speisen über die weitere Arbeit an der Frage der Legitimität von Ecuadors Schulden beraten.
Das war nicht immer die reine Idylle, denn innerhalb Ecuadors ist es seit unserer Arbeit vor drei Jahren zu zahlreichen Konflikten zwischen dem Präsidenten und wichtigen Mitstreitern gekommen – u.a. wurde z.B. der Umweltorganisation Acción Ecologica zwischenzeitlich die Rechtsfähigkeit entzogen. Auf diesem Hintergrund mochten nicht alle Auditor/innen der freundlichen Einladung Rafael Correas Folge leisten.
Mit Correa und dem Außenminister Ricardo Patiño wurden wir uns einig, dass auch die Kritik der Kommission an den Multilateralen Schulden nun in konkrete Handlungen münden müsse. Am Montag Morgen traf sich dazu eine kleine ad-hoc-AG aus ehemaligen Auditor/innen und Mitarbeitern des Außenministeriums. Wenig Neigung zeigte der Präsident indes, auch die gerade von erlassjahr.de kritisierten Forderungen einiger bilateraler Gläubiger – namentlich Brasilien, Italien und Spanien – in Frage zu stellen. Da ist der politische Rückhalt gerade bei Brasilien und Spanien für das kleine Ecuador wohl doch zu wichtig.

Ecuador stellt Schuldendienst auf illegitime Schulden ein

Vor Ablauf der Karenzfrist hat die Ecuadorianische Regierung erklärt, die Zinsen auf die “Global 2012” Anleihen nicht zu zahlen. Rund 31 Mio US-$ wären am 15.12. spätestens fällig gewesen.
Die Regierung begründet diesen Schritt mit den von der Auditoría-Kommission festgestellten Unregelmässigkeiten bei der Umwandlung der ursprünglichen Bankenforderungen in Brady-Bonds, und dieser wiederum die aktuellen “Global”-Anleihen. Präsident Rafael Correa kündigte rechtliche Schritte auch gegen die Verantwortlichen für die “betrügerischen” Umschuldungen in Ecuador an.
Gleichzeitig wurde die Forderung von rund 230 Mio US-$ der brasilianischen staatlichen Entwicklungsbank BNDES aus dem Bau des San Francisco Staudamms zurückgewiesen. Damit hat die Ecuadorianische Regierung deutlich gemacht, an welchen Fronten sie auf der Grundlage des Kommissionsberichts die Auseinandersetzung mit den Gläubigern suchen will.
Im Gegensatz zu der brasilianischen Bank und den Inhabern der Global-Bonds will Quito andere Gläubiger schonen und deren von der Kommission ebenfalls in Frage gestellte Forderungen weiter bedienen. Darunter sind diejenigen gegenüber Spanien. Spaniens zweifelhafte Forderungen hatte ich selbst in der CAIC unter die Lupe genommen. Außerdem gehören dazu die Forderungen der Interamerikanischen Entwicklungsbank, bei der die Regierung sich um Unterstützung für die Finanzierung ihrer Sozialprogramme bemüht.
Die im CAIC-Bericht geäußerten Unregelmässigkeiten bei der Umwandlung der Anleihen entsprechen weniger den Kriterien der klassischen “Odious Debts”-Doktrin. Vielmehr handelt es sich verschiedentlich um die Verletzung geltenden Rechts, welches nun – unter dem Druck der Zahlungseinstellung Ecuadors – an den jeweiligen Gerichtsständen New York und London angefochten werden können.
Hintergründe zur Arbeit der Kommission finden sich in meinen “Ecuador-Tagebüchern” vom Februar, Juli und September dieses Jahres.