Schuldenmoratorium der G20: Privatgläubiger kassieren weiter

(Düsseldorf, 16.07.2020) Bis heute haben mehr als 40 der ärmsten Staaten der Welt das im April beschlossene Schuldenmoratorium der G20 beantragt. Anlässlich des virtuellen G20-Finanzministertreffens am 18.7. fordert das deutsche Entschuldungsbündnis erlassjahr.de, neben den öffentlichen auch endlich die privaten Gläubiger in die Pflicht zu nehmen.

Die G20 hatten sich auf ihrer virtuellen Frühjahrstagung im April bereit erklärt, im Rahmen des Moratoriums bis zu 12 Milliarden US-Dollar Zinsen und Tilgungen zu stunden. Das Moratorium sollte rasche Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 ermöglichen. Appelle an die Privatgläubiger, ihre im Jahr 2020 fälligen Forderungen in Höhe von 8 Milliarden ebenfalls auszusetzen, verhallten jedoch ungehört: Kein privater Gläubiger hat bislang auf einen einzigen Dollar verzichtet.

Jürgen Kaiser, politischer Koordinator von erlassjahr.de, erklärt dazu: „Es war richtig, dass die G20 im April zunächst mit einem Schuldenmoratorium Zeit gekauft haben. Wenn aber die eingesparten Mittel vieler schon vor COVID-19 kritisch verschuldeter Länder statt in die Gesundheitssysteme in die Taschen privater Anleger fließen, subventioniert der Steuerzahler unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe in Wirklichkeit private Profite. Appelle an die Freiwilligkeit fruchten bei privaten Akteuren nicht!“

Bei ihrem virtuellen Finanzministertreffen am 18. Juli müssen die G20 diesem Missstand entschlossen abhelfen. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten: von einer Resolution des Weltsicherheitsrats bis zu gesetzlichen Regelungen in den wichtigsten Jurisdiktionen, wie sie in Großbritannien, Belgien und Frankreich im Blick auf sogenannte Geierfonds bereits existieren. Die G20 müssen ihrer Verantwortung gerecht werden und mit verbindlichen Regelungen dafür sorgen, dass sich alle Gläubiger beteiligen.

Die Zeit drängt: Denn Vertreter des Privatsektors versuchen parallel, Länder, die das Schuldenmoratorium annehmen möchten, einzuschüchtern. Ihre Drohung: Die Länder schnitten sich damit vom Kapitalmarkt ab. „Dieses Argument ist grundsätzlich schon kaum nachvollziehbar, aber in Zeiten extrem niedriger Zinsen ist es noch unsinniger“, so Jürgen Kaiser. „Schuldenerlasse verschlechtern die Rückzahlungsaussichten aller künftigen Anleger nicht, sondern verbessern sie sogar. In der Vergangenheit wurden zahlreiche der heute kritisch überschuldeten Länder dadurch für Anleger erst attraktiv, dass ihre Altschulden durch die multilaterale Entschuldungsinitiative für hoch verschuldete arme Länder von 1996 bis 2005 gestrichen worden waren.“

 

Das deutsche Entschuldungsbündnis „erlassjahr.de – Entwicklung braucht Entschuldung e. V.“ setzt sich dafür ein, dass den Lebensbedingungen von Menschen in verschuldeten Ländern mehr Bedeutung beigemessen wird als der Rückzahlung von Staatsschulden. erlassjahr.de wird von derzeit über 600 Organisationen aus Kirche, Politik und Zivilgesellschaft bundesweit getragen und ist eingebunden in ein weltweites Netzwerk nationaler und regionaler Entschuldungsinitiativen.

 

Kontakt:                                                                

Jürgen Kaiser
politischer Koordinator erlassjahr.de
j.kaiser@erlassjahr.de
Tel.: 0211 / 4693-217   Mobil: 0173 / 2919374
www.erlassjahr.de

 

Weitere Informationen:

Jürgen Kaiser (26.06.2020): „G20-Moratorium, aber die Privaten kassieren weiter – und was die Bundesregierung dagegen tun könnte“