Offener Brief an Bundesfinanzminister Lindner: Organisationen fordern Safe Harbor-Gesetz

(Düsseldorf, 29. Oktober 2024) Mehr als 60 Organisationen appellieren in einem Offenen Brief an Bundesfinanzminister Christian Lindner, einen Entwurf für ein Safe Harbor-Gesetz vorzulegen. Damit sollen private Gläubiger verpflichtet werden, sich an Schuldenerleichterungen für Länder des Globalen Südens zu beteiligen. Hintergrund ist die anhaltende Schuldenkrise, die auch jüngst bei der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds und Weltbank in Washington im Fokus stand. Initiator des Offenen Briefes ist das deutsche Entschuldungsbündnis erlassjahr.de.

Malina Stutz, Politische Referentin bei erlassjahr.de erklärt: „Länder wie Sri Lanka und Kenia stehen durch ihre hohe Schuldenlast vor großen Herausforderungen. Ihnen fehlen die Mittel, um globale Krisen zu bewältigen und grundlegende soziale und wirtschaftliche Rechte ihrer Bevölkerung zu sichern.“ Ein zentrales Problem sei, dass private Gläubiger wie der Investmentfonds BlackRock sich nur unzureichend an Schuldenerleichterungen beteiligen, obwohl sie rund 60 Prozent der Forderungen gegenüber Ländern des Globalen Südens halten. Dies geschehe sowohl auf Kosten der Bevölkerung in den Schuldnerländern als auch auf Kosten deutscher Steuerzahler*innen. Denn ein beachtlicher Teil der internationalen Unterstützung fließe so nicht in die wirtschaftliche Erholung und den Wiederaufbau der Länder, sondern in die Taschen unkooperativer privater Gläubiger.

In dem Brief heißt es: „Eine Lösung für dieses Problem wäre, in Staaten des Globalen Nordens Gesetze zu verabschieden, die eine ausreichende Beteiligung privater Gläubiger an internationalen Schuldenrestrukturierungen durchsetzen. In Deutschland wäre das ein sogenanntes „Safe-Harbor-Gesetz“. Ein solches Gesetz würde den Betrag, den private Gläubiger in Deutschland einklagen und vollstrecken können, auf den Umfang beschränken, der in internationalen Verhandlungen vereinbart wurde. Dies würde auch die internationale Finanzarchitektur fairer und verlässlicher gestalten.“

Ein solches Gesetz sei realisierbar und könne noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden. Stutz: „Seit mehreren Jahren findet ein intensiver Austausch zu diesem Thema zwischen Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Rechtspraxis und der Politik statt, zuletzt Anfang Oktober bei der Hamburg Sustainability Conference. Es besteht große Einigkeit, dass ein Safe Harbor-Gesetz sowohl notwendig als auch umsetzbar ist. Auch eine aktuelle Studie der GIZ bestätigt das. Nun liegt der Ball beim Bundesfinanzministerium, einen konkreten Gesetzesentwurf vorzulegen.“

Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem die Kirchlichen Entwicklungsdienste der Ev. Landeskirchen in Baden sowie in Braunschweig und Hannovers, die Romero Initiative, die Christians for Future Deutschland, das Eine Welt Netz NRW, SODI e. V., WEED e. V. sowie etliche Eine Welt-Gruppen und kirchliche Institutionen bundesweit.

Das deutsche Entschuldungsbündnis „erlassjahr.de – Entwicklung braucht Entschuldung e. V.“ setzt sich dafür ein, dass den Lebensbedingungen von Menschen in verschuldeten Ländern mehr Bedeutung beigemessen wird als der Rückzahlung von Staatsschulden. erlassjahr.de wird von mehr als 500 Organisationen aus Kirche, Politik und Zivilgesellschaft bundesweit getragen und ist eingebunden in ein weltweites Netzwerk nationaler und regionaler Entschuldungsinitiativen.

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