Keine IWF-Zinsaufschläge für Krisenländer

(Düsseldorf, 07.04.2022) Mehr als 150 zivilgesellschaftliche Organisationen fordern den IWF auf, seine Politik der Zinsaufschläge für Krisenländer zu beenden. Diese sei „unfair und kontraproduktiv“, urteilt erlassjahr.de.

Mehr als 150 Organisationen aus der ganzen Welt – darunter auch das deutsche Entschuldungsbündnis erlassjahr.de – fordern den Internationalen Währungsfonds (IWF) in einem Brief auf, seine Politik der Zinsaufschläge zu beenden. Sie stimmen damit in die Forderung prominenter Ökonom*innen wie dem Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz und der Beraterin des UN-Generalsekretärs Jayati Ghosh ein.

Kristina Rehbein, Politische Koordinatorin von erlassjahr.de: „Der IWF erhebt zusätzliche Strafzinsen von Ländern, die bereits hohe Schulden beim IWF haben oder die finanziellen Mittel länger als vereinbart in Anspruch nehmen. Diese Politik schadet insbesondere Ländern in Krisensituationen und ist damit unfair und kontraproduktiv. Sie widersprechen auch der Kernaufgabe des IWF, Ländern vorübergehend Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, ohne den nationalen Wohlstand des Landes gefährden.“

Derzeit erhebt der IWF Strafzinsen von 16 Ländern. Laut IWF-eigenen Schätzungen wird sich diese Zahl bis 2025 mehr als verdoppeln. Die meisten von ihnen nähmen die IWF-Mittel nicht aus freien Stücken in größerem Umfang oder länger in Anspruch, so Rehbein. Infolge externer Schocks seien sie dazu gezwungen, wie etwa die Karibik-Insel Barbados, deren Tourismussektor infolge der Corona-Pandemie einbrach.

Ein besonders eindrückliches Beispiel ist die Ukraine: Das Land soll zwischen 2021 und 2027 zusätzlich zu den vereinbarten Zinsen 483 Millionen US-Dollar an Zinsaufschlägen auf ihre IWF-Kredite zahlen. Yuri Romashenko, Direktor des Ukraine Institute of Analysis and Advocacy, erklärt: „Warum nur drängen die USA darauf, den Druck auf die Ukraine und weitere beim IWF verschuldete Länder noch zu erhöhen? Bis jetzt lautet die Antwort: ‚Das haben wir schon immer so gemacht.‘ Mit einer raschen Entscheidung, die Zinsaufschläge zu beenden, könnten die IWF-Mitglieder der wirtschaftlichen Destabilisierung der Ukraine entgegenwirken.“

Rehbein ergänzt: „Mit den Zinsaufschlägen finanzieren gerade die Länder, die am stärksten auf Unterstützung angewiesen sind, mehr als die Hälfte des operativen Budgets des IWF. Damit werden existierende Krisen nicht beigelegt, sondern verschärft, während die Pandemie zu einer lukrativen Gewinnmöglichkeit für den IWF wird.“

 

Das deutsche Entschuldungsbündnis „erlassjahr.de – Entwicklung braucht Entschuldung e. V.“ setzt sich dafür ein, dass den Lebensbedingungen von Menschen in verschuldeten Ländern mehr Bedeutung beigemessen wird als der Rückzahlung von Staatsschulden. erlassjahr.de wird von derzeit über 500 Organisationen aus Kirche, Politik und Zivilgesellschaft bundesweit getragen und ist eingebunden in ein weltweites Netzwerk nationaler und regionaler Entschuldungsinitiativen.

 

Kontakt:                                                                

Kristina Rehbein
Politischer Koordinatorin erlassjahr.de
k.rehbein@erlassjahr.de
Mobil: 0176 / 24 84 37 04
www.erlassjahr.de