Griechenland: Sparpaket ohne Schuldenschnitt sinnlos

Heute entscheidet der Bundestag in einer Sondersitzung über die deutsche Beteiligung am dritten Hilfspaket für Griechenland. Doch ohne Schuldenschnitt ist das Sparpaket sinnlos, so das entwicklungspolitische Bündnis erlassjahr.de. Entgegen der Behauptung der Gläubiger ist ein Forderungsverzicht rechtlich möglich und wirtschaftlich sinnvoll.

Jürgen Kaiser, politischer Koordinator des deutschen Entschuldungsbündnisses erlassjahr.de, sagt: „Wenn das Sparpaket überhaupt einen Sinn haben soll, dann nur, wenn Griechenland im Gegenzug mindestens die Hälfte seiner Auslandsschulden erlassen werden. Damit würde das Land eine Schuldenquote von knapp unter 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen. Ein Ende der Rezession wäre damit nicht garantiert, aber immerhin möglich.”

Seit 2012 geht der Internationale Währungsfonds in seinen Gutachten davon aus, dass Griechenland ohne Schuldenerleichterung keine Chance hat, auf den Wachstumspfad zurückzukehren. Seitdem haben sich die Schuldenindikatoren weiter verschlechtert.

Die europäischen Regierungen, die EU, die EZB sowie der IWF selbst vertreten jedoch den Standpunkt, es sei ihnen unmöglich, auf Forderungen zu verzichten. „Das ist schlichtweg falsch”, so Kaiser: „Jeder Kredit birgt ein Risiko bis hin zum Totalverlust. Das gilt für ‚Rettungskredite’ nicht weniger als für jeden anderen Kredit.”

Anfang des Jahrhunderts erließ der Internationale Währungsfonds im Rahmen der Entschuldungsinitiative für hoch verschuldete arme Länder 36 Ländern rund 8 Milliarden US-Dollar. „Ein Erlass wäre auch gegenüber Griechenland rechtlich möglich und wirtschaftlich sinnvoll. Ein Schuldenschnitt würde in beide Richtungen endlich die richtigen Anreize setzen: Griechenland hat mit den härtesten Sparmaßnahmen in öffentlichen Haushalten in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte seinen Beitrag längst geleistet und kann mit Recht erwarten, dass dies von den Gläubigern honoriert wird. IWF und EU würden durch den Teilverlust ihrer leichtfertig gewährten Mittel zur Rettung der Banken endlich lernen, dass man Überschuldung nicht mit mehr Krediten bekämpfen kann”, so Kaiser.

 

„erlassjahr.de – Entwicklung braucht Entschuldung” ist das größte entwicklungspolitische Bündnis in Deutschland mit Mitträgerorganisationen aus Kirche, Politik und Zivilgesellschaft. erlassjahr.de ist eingebunden in ein weltweites Netzwerk von rund 50 ähnlichen Kampagnen und Bündnissen. Sie alle wollen es nicht hinnehmen, dass untragbar hohe Schulden in vielen Ländern des Globalen Südens wichtige Investitionen in Gesundheit, Bildung und Infrastruktur unmöglich machen.

 

Weitere Informationen: Jürgen Kaiser, 0211 / 4693 -217, j.kaiser@erlassjahr.de