Entwicklungs- und Schwellenländer fordern faires Entschuldungsverfahren – Abstimmung in der UN Generalversammlung am Dienstag

Die Gruppe der Entwicklungs- und Schwellenländer in der UNO (G77) stellt am morgigen Dienstag, dem 9. September um 15 Uhr New Yorker Zeit eine Resolution zur Abstimmung, in der sie die Schaffung eines geordneten Staateninsolvenzverfahrens fordert. Zivilgesellschaftliche Organisationen in Europa rufen ihre Regierungen auf, die Resolution zu unterstützen.

Hintergrund des Vorschlags der G77 ist die jüngste Erfahrung Argentiniens, das von einem US Gericht zur Zahlung von 1,3 Milliarden US-Dollar auf Altschulden aus den neunziger Jahren an den Geierfonds NML Capital verurteilt worden war. Anders als Unternehmen haben Staaten nicht die Möglichkeit, bei Zahlungsunfähigkeit ein geordnetes Insolvenzverfahren zu durchlaufen, sondern unterliegen der Rechtsprechung durch die Gläubiger.

erlassjahr.de begrüßt und unterstützt die Initiative der G77, diesem Mangel an Rechtsstaatlichkeit abzuhelfen. Zusammen mit Partnerbewegungen in 22 europäischen Ländern hat erlassjahr.de einen Appell an die europäischen Regierungen gerichtet, die Initiative der ärmeren Länder aufzunehmen und ein geordnetes Entschuldungsverfahren unter dem Dach der Vereinten Nationen mitzugestalten.

Jürgen Kaiser, Koordinator von erlassjahr.de: „Die Länder des Südens haben nach Jahrzehnten der Gängelung durch die Gläubiger und deren Ausführungsorgane Internationaler Währungsfonds und Weltbank genug. Länder wollen nicht länger 13 mal über die gleichen Schulden im Pariser Club verhandeln wie der Senegal, oder wie Argentinien Spekulationsobjekt von Geierfonds werden.“

Die 133 Entwicklungs- und Schwellenländer der G77 können mit ihrer Stimmenmehrheit die Resolution bei der UN-Generalversammlung auch gegen den Willen der Industriestaaten durchbringen. Wie verbindlich ein in der UNO beschlossenes Verfahren werden kann, wird indes auch von der Unterstützung derjenigen Staaten abhängen, die sich in der Vergangenheit bereits für ein geordnetes Staateninsolvenzverfahren ausgesprochen haben. Dazu gehört neben der Schweiz und Norwegen auch Deutschland.

„Einige Entscheidungsträger/innen in der aktuellen Bundesregierung haben verstanden, dass Deutschland durch faire und rechtsstaatliche Verfahren zu gewinnen hätte. Die Frage ist, ob sie sich bei der Festlegung der deutschen Haltung in der UNO gegen diejenigen durchsetzen, die an den ineffizienten und unfairen Verfahren im Pariser Club und im IWF festhalten wollen“, so Kaiser.

„erlassjahr.de – Entwicklung braucht Entschuldung“ ist das größte entwicklungspolitische Bündnis in Deutschland mit Mitträgerorganisationen aus Kirche, Politik und Zivilgesellschaft. erlassjahr.de ist eingebunden in ein weltweites Netzwerk von rund 50 ähnlichen Kampagnen und Bündnissen weltweit. Sie alle wollen es nicht hinnehmen, dass untragbar hohe Schulden in vielen Ländern des Südens wichtige Investitionen in Gesundheit, Bildung und Infrastruktur unmöglich machen.

Weitere Informationen: Jürgen Kaiser, 0173 / 29 19 374, j.kaiser@erlassjahr.de