Wenige Tage vor dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschef*innen der G20 Ende Oktober in Rom forderte die Gruppe der Vulnerablen 20 (V20) in einem Statement insbesondere Hocheinkommensländer auf, sich für Schuldenerlasse, Schuldenumwandlungen und bessere Finanzierungsmöglichkeiten für die vom Klimawandel besonders betroffenen Staaten einzusetzen. Die V20 hatte sich 2015 in Analogie zur Gruppe der G20 zusammengeschlossen und besteht aus Staaten, die vom Klimawandel besonders bedroht sind. Aktuell stimmen 48 Niedrig- und Mitteleinkommensländer ihre Positionen und Forderungen in der V20 ab. Im Jahr 2021 hält Bangladesch die jährlich wechselnde Präsidentschaft inne.
In ihrem Statement kritisiert die V20, dass Hocheinkommensländer ihr 2009 gegebenes Versprechen, jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz und -anpassungsmaßnahmen in Ländern des Globalen Südens bereitzustellen [Klimareporter], gebrochen haben. Stattdessen zahlen die besonders gefährdeten Staaten doppelt: Erstens spüren sie die Folgen des Klimawandels, zu dem sie selbst nur wenig beigetragen haben, bereits am deutlichsten. Zweitens ist es für die Staaten aufgrund ihrer besonderen Gefährdung und den damit einhergehenden finanziellen Risiken besonders schwierig, international an günstige Finanzierungsmöglichkeiten zu kommen. Allein zwischen 2007 und 2016 zahlten 40 der besonders betroffenen Staaten schätzungsweise 40 Milliarden US-Dollar an zusätzlichen Zinsen, mit denen sich Investoren vor möglichen Ausfällen infolge klimawandelbedingter Katastrophen absichern. Zu vergünstigten Finanzierungen von multilateralen Kreditgebern haben viele der besonders betroffenen Staaten aufgrund ihres Status als Mitteleinkommensland ebenfalls keinen Zugang. Die V20 fordert daher bessere Finanzierungsmöglichkeiten für besonders gefährdete Staaten.
Da die steigende Schuldenbelastung vielen Ländern jeglichen fiskalischen Handlungsspielraum raubt, fordert die V20 Hocheinkommensländer zudem auf, sich für Schuldenerlasse, Schuldenumwandlungen und Stundungen einzusetzen. Die bestehenden Mechanismen könnten nach dem Vorschlag der V20 durch Einsetzen eines unabhängigen und unparteiischen Mediators effizienter gestaltet werden. Die V20 regen in dieser Hinsicht dazu an, dass der UN-Generalsekretär von Fall zu Fall einen Mediator vorschlagen könnte, dessen Benennung sowohl das Schuldnerland als auch eine qualifizierte Mehrheit der Gläubiger zustimmen müssten. In Umschuldungsverhandlungen sollte der Mediator die Anhörungen mit den verschiedenen Stakeholder-Gruppen koordinieren.
Bezüglich der Frage, wie private Gläubiger dazu gebracht werden können, sich an Erlassen und Umwandlungen zu beteiligen, schlägt die V20 eine Kombination aus Anreizen und Sanktionen vor. Zum einen spricht sie sich dafür aus, dass umgeschuldete Anleihen und Bankkreditforderungen von öffentlicher Seite (z.B. durch die Weltbank) garantiert werden könnten, sofern sich private Gläubiger auf einen von Fall zu Fall abhängigen Abschlag eingelassen haben. Zum anderen fordert sie, dass die Schuldentragfähigkeitsanalysen des Internationalen Währungsfonds (IWF) Klimawandel-spezifische Rückzahlungsrisiken stärker berücksichtigen sollten und dass Umschuldungen mit privaten Gläubigern vom IWF als Bedingung für Hilfskredite formuliert werden, wenn die Schuldensituation nicht tragfähig erscheint. Die Gesetzgeber in Ländern des Globalen Nordens werden von der V20 zudem aufgefordert, regulatorisch tätig zu werden, um private Gläubiger verbindlich zur Teilnahme an Umschuldungen zu verpflichten.
Bild: Logo der V20