19. Oktober 2020

Jahrestagung von IWF und Weltbank: Sechs Monate Anlauf und doch zu kurz gesprungen

Die G20-Finanzminister*innen haben sich bei ihrem virtuellen Treffen am 14. Oktober 2020 nicht auf eine Ausweitung des im April beschlossenen Schuldenmoratoriums für ärmere Länder (engl. Debt Service Suspension Initiative, DSSI) einigen können. Beschlossen wurde lediglich eine Verlängerung um sechs Monate mit der Option weiterer sechs Monate ab der Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank im April 2021. 

Gegenüber dieser ernüchternden Tatsache führt das Bundesfinanzministerium an, dass immerhin die Verständigung auf ein „Common Framework for Debt Treatments beyond the DSSI“, also auf ein gemeinsames Rahmenwerk für die Schuldenkrisenbewältigung über das Schuldenmoratorium hinaus, gelungen sei. Der Text stehe und sei nur wegen der Probleme eines einzigen G20-Landes mit der internen Beratung noch nicht verabschiedet worden. Das aber solle bei einem außerordentlichen Treffen der G20-Finanzminister*innen nachgeholt werden, welches spätestens Mitte November zur Vorbereitung auf den Gipfel der Staats- und Regierungschefs am 21./22.11.2020 stattfinden soll.

Ziel des Common Framework ist es, Ländern, die in der Gefahr einer Staatspleite stehen, echte Schuldenerlasse unter Beteiligung aller Gläubiger zu ermöglichen. Wie dies im Einzelnen geschehen soll, wurde noch nicht bekannt. Ob der Text die hohen Erwartungen erfüllen kann, bleibt nicht nur für Nichtregierungsorganisationen wie erlassjahr.de vorläufig weiter im Dunkeln, sondern vor allem auch für die Regierungen derjenigen ärmeren Länder, die in diesen Wochen auf breiter Front in Zahlungsschwierigkeiten geraten und dringend Klarheit über mögliche Entlastungen brauchen, wenn sie die schwere Entscheidung zwischen lebensbedrohlicher Austerität und Staatspleite zu treffen haben.

Für den Moment wurden somit alle, auch von der Bundesregierung propagierten, ambitionierteren Ziele verfehlt:

  • Die verbindliche Einbeziehung privater Gläubiger in das Schuldenmoratorium und gegebenenfalls Schuldenerlasse.
  • Die verbindliche Einbeziehung aller bilateralen öffentlichen Gläubiger innerhalb und außerhalb der G20 mit allen ihren Forderungen in die Schuldenerleichterungen. Weiterhin entzieht China einen erheblichen Teil seiner Forderungen dem Moratorium.
  • Die Ausweitung der Gruppe möglicher begünstigter Länder auf alle Entwicklungs- und Schwellenländer mit Schuldenproblemen – statt sich nur auf die ärmsten zu beschränken. Damit wird die peinliche Situation fortgeschrieben, dass die G20 auch Ländern, die es weder wollen noch brauchen, ihr Moratorium andienen, während es anderen mit dramatischen Schuldenproblemen und den damit verbundenen Risiken für die globale finanzielle und politische Stabilität mit dem absurden Argument vorenthalten wird, sie seien zu reich.

Im April hat das Moratorium Spielräume für die Schaffung einer langfristigen Lösung geschaffen und der Oktober 2020 wurde als der Moment angekündigt, an dem über weitergehende Initiativen beraten werden sollte. Diese Lösung wurde mit höchst ungewissem Ausgang nun aufgeschoben. Privatgläubiger werden auf Kosten der ärmsten Länder und der Steuerzahler*innen in Ländern wie Deutschland weiter kassieren. Ländern am Rand des Staatsbankrotts wie Ecuador oder Sri Lanka werden Erleichterungen weiter verweigert und dafür Ländern angeboten, die sie gar nicht wollen. Die G20 haben damit eine wichtige Chance für eine zeitige Entschärfung der Schuldenkrise verpasst.

Foto: Screenshot des Communiqués der G20-Finanzminister*innen vom 14.10.2020