Weißrussland

Hat Weißrussland ein Schuldenproblem?

Weißrusslands Schulden steigen seit Beginn der Dekade relativ stark an und durch das schwache Wirtschaftswachstum sind die Schulden von einem niedrigen Niveau aus zu einer immer größeren Bedrohung geworden.

Die wichtigsten Schuldenindikatoren (Stand 2017)

IndikatorAusprägungGrenzwert
Auslandsverschuldung im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (%)75,640
Auslandsverschuldung im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)105,7150
Jährlicher Schuldendienst im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)11,815
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum BIP (%)53,450
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zu den öffentlichen Einnahmen (%)137,3200
Auslandsschuldenstand (US-Dollar)39,584 Mrd.
Schuldendienst: Zinsen und Tilgungen an ausländische Gläubiger (US-Dollar)4,408 Mrd.

Erklärung zu den Indikatoren und Grenzwerten

Wer sind die Gläubiger von Weißrussland?

Erklärung der Schuldenkategorien

 Die gesamten Auslandsschulden eines Landes setzen sich aus den Schulden des öffentlichen Sektors und denen des Privatsektors zusammen. Im Diagramm sind öffentliche Schulden mit Vollfarben und private Auslandsschulden schraffiert dargestellt.

Bei den öffentlichen Schulden werden drei Gläubigergruppen unterschieden, nämlich multilaterale öffentliche Gläubiger – das sind vor allem Entwicklungsbanken und der IWF -, bilaterale öffentliche Gläubiger – das sind andere Regierungen – und private Gläubiger.

Bei den beiden öffentlichen Gläubigerkategorien unterscheiden wir zudem nach konzessionären, also zinsgünstigen Krediten zu Entwicklungshilfebedingungen, und Krediten zu Marktbedingungen („nicht-konzessionäre“).

Bei den öffentlichen Schulden bei privaten Gläubigern unterscheiden wir die beiden Hauptinstrumente, nämlich Bankkredite und Anleihen. Diese beiden Instrumente unterscheiden wir auch bei den Auslandsschulden des Privatsektors.

Die Auslandsschulden Weißrusslands entfallen zu mehr als zwei Dritteln auf den Staat. Zu knapp einem Drittel entfallen sie auf private weißrussische Unternehmen und Banken, die im Ausland ausschließlich bei Banken verschuldet sind. Bei den Privatschuldnern spielen Anleihen keine Rolle. Der Staat nutzt die internationalen Anleihemärkte seit 2010 allerdings in zunehmendem Maß.

Die von der weißrussischen Regierung stammenden Angaben der Weltbank zu den bilateralen Forderungen sind nicht mit den auf Gläubigerinforationen zurückgehenden Daten des Pariser Clubs kompatibel. Während die Bank 11,3 Milliarden US-Dollar Schulden aus der Entwicklungszusammenarbeit und nur 701 Millionen US-Dollar aus Handelsgeschäften ausweist, entfallen beim Pariser Club nur 23 Millionen US-Dollar auf zinsgünstige Forderungen und 7,3 Milliarden US-Dollar auf (teurere) Handelskredite. Möglicherweise verbergen sich dahinter unterschiedliche Interpretationen von Kreditverträgen zwischen Weißrussland und seinem wichtigsten Partner Russland.

Deutschland hält keine Forderungen an Weißrussland.

Trend

Von 2009 bis 2013 haben die Auslandsschulden Weißrusslands sich fast verdoppelt. Seither sind sie mit leichten Schwankungen stabil. Durch einen starken Einbruch beim Bruttoinlandsprodukt um fast ein Drittel von 2014 auf 2015 sind sie allerdings relativ angestiegen. Nur dadurch ist Weißrussland überhaupt in den Fokus einer Diskussion um Schuldentragfähigkeit geraten. In seinem letzten Länderbericht vom Januar 2019 warnt der Internationale Währungsfonds (IWF) vor weiter ansteigenden Schulden, die sich aber noch nicht in den standardisierten Zahlenangaben dieses Länderprofils auf der Basis von Weltbankdaten niederschlagen.

Das Land weist anhaltend geringe Zahlungsrückstände gegenüber seinen privaten ausländischen Gläubigern auf.

Bisherige Schuldenerleichterungen für Weißrussland

Weißrussland hat bisher weder mit seinen öffentlichen noch mit seinen privaten Gläubigern Umschuldungen vereinbart.

Aktuelle Risiken für die Schuldentragfähigkeit

Neben den zwar insgesamt noch moderaten aber schnell steigenden Schulden ist die relativ geringe Diversifizierung der weißrussischen Wirtschaft und die starke Fokussierung auf einen einzigen Handelspartner, der gleichzeitig wichtiger Kreditgeber ist, ein Problem. Zu einem erheblichen Teil hängt Weißrusslands außenwirtschaftliches Gleichgewicht von günstigen Öllieferungen aus Russland ab.

Der IWF betont darüber hinaus die Notwendigkeit verlustbringende öffentliche Unternehmen zu veräußern und schwer finanzierbare Subventionen abzubauen.

Politische Empfehlungen

In dem international nicht sehr stark beachteten Programm mit Weißrussland pflegt der IWF einen altmodischen Duktus, den er in anderen Ländern selbst gerne für überwunden erklärt: Subventionsabbau im Bereich der Konsumgüter und die Privatisierung öffentlicher Unternehmen sind Angelpunkte eines Programms, von dem er dem Kreditnehmer die Erreichung erheblicher Wachstumssprünge in Aussicht stellt. Die weißrussische Regierung sollte auf dem Hintergrund der Erfahrungen anderer Länder mit diesem klassischen Washington-Konsens diesen Empfehlungen sehr zurückhaltend begegnen.

Im Blick auf ein stärkeres Auftreten gegenüber den westlichen und östlichen Gläubigern wären vielmehr eine stärkere Demokratisierung und die Respektierung der Menschenrechte Maßnahmen, welche die Position gegenüber externen Geldgebern stärken würde.

 

Stand: Januar 2019

 

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