Vietnam

Hat Vietnam ein Schuldenproblem?

Vietnam weist einzelne Schuldenindikatoren über den niedrigsten Grenzwerten auf. Eine ernsthafte Bedrohung seiner Zahlungsfähigkeit erwächst daraus aber aktuell nicht.

Die wichtigsten Schuldenindikatoren (Stand 2017)

IndikatorAusprägungGrenzwert
Auslandsverschuldung im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (%)48,840
Auslandsverschuldung im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)45,7150
Jährlicher Schuldendienst im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)5,915
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum BIP (%)58,550
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zu den öffentlichen Einnahmen (%)248,2200
Auslandsschuldenstand (US-Dollar)104,079 Mrd.
Schuldendienst: Zinsen und Tilgungen an ausländische Gläubiger (US-Dollar)13,545 Mrd.

Erklärung zu den Indikatoren und Grenzwerten

Da die von der Weltbank angegebenen Zahlen Schulden und Schuldendienst mit dem Bruttosozialprodukt vergleichen, welches die Aktivitäten von Ausländer/innen im Inland ausschließt, sind Schulden und Schuldendienst im Verhältnis zu dieser Wirtschaftsleistung höher als im Verhältnis zu den Exporteinnahmen, welche natürlich die Einnahmen aus den Exporten der ausländischen Firmen einschließt. Eine ziemlich seltene Konstellation.

Wer sind die Gläubiger von Vietnam?

Erklärung der Schuldenkategorien

 Die gesamten Auslandsschulden eines Landes setzen sich aus den Schulden des öffentlichen Sektors und denen des Privatsektors zusammen. Im Diagramm sind öffentliche Schulden mit Vollfarben und private Auslandsschulden schraffiert dargestellt.

Bei den öffentlichen Schulden werden drei Gläubigergruppen unterschieden, nämlich multilaterale öffentliche Gläubiger – das sind vor allem Entwicklungsbanken und der IWF -, bilaterale öffentliche Gläubiger – das sind andere Regierungen – und private Gläubiger.

Bei den beiden öffentlichen Gläubigerkategorien unterscheiden wir zudem nach konzessionären, also zinsgünstigen Krediten zu Entwicklungshilfebedingungen, und Krediten zu Marktbedingungen („nicht-konzessionäre“).

Bei den öffentlichen Schulden bei privaten Gläubigern unterscheiden wir die beiden Hauptinstrumente, nämlich Bankkredite und Anleihen. Diese beiden Instrumente unterscheiden wir auch bei den Auslandsschulden des Privatsektors.

Vietnam ist zu rund zwei Dritteln über den Staat und zu einem Drittel durch seine Unternehmen und Banken im Ausland verschuldet. Positiv wirkt sich aus, dass die Schulden bei den öffentlichen bilateralen und multilateralen Gläubigern noch immer zu konzessionären Bedingungen, also langen Laufzeiten und niedrigen Zinsen bestehen.

Von den 21,3 Milliarden US-Dollar konzessionären bilateralen Schulden beanspruchen die Mitglieder des Pariser Clubs 17,117 Milliarden US-Dollar, davon Deutschland 242 Millionen Euro. Bei den nicht-konzessionären Forderungen passen die Zahlen, die die Weltbank auf der Grundlage von Schuldnerangaben veröffentlicht und die beim Club angemeldeten Ansprüche seiner Mitglieder nicht zusammen. Die Weltbank weist insgesamt nur Handelsschulden in Höhe von 193,5 Millionen US-Dollar aus, während die Forderungen der Club-Mitglieder allein sich auf 1,816 Milliarden US-Dollar summieren.

Trend

Vietnams Auslandsschulden haben sich seit 2009 mehr als verdreifacht. Allerdings sind auch Exporteinnahmen und die gesamte Wirtschaftsleistung seither sehr stark gewachsen, so dass die Schuldenindikatoren nur langsam und uneinheitlich angestiegen sind.

Bisherige Schuldenerleichterungen für Vietnam

Vietnam hat bisher erst einmal im Pariser Club umgeschuldet, bereits 1993 zu leicht konzessionären Bedingungen (London Terms). Die damals vereinbarte Umschuldung wird bis heute bedient.

Dazu kommt eine Umwandlung von Bankkrediten in handelbare Anleihen mit einem Abschlag auf den Nennwert im Rahmen des Brady-Plans 1997.

Aktuelle Risiken für die Schuldentragfähigkeit

Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht für Vietnam kein nennenswertes Überschuldungsrisiko. Allerdings impliziert die extrem offene und auf den Weltmarkt ausgerichtete Volkswirtschaft eine Schockgefahr, wenn wichtige Handelspartner ihrerseits in einen wirtschaftlichen Abschwung geraten oder wenn mit diesen politische Konflikte entstehen wie etwa 2018 im Zusammenhang mit der Entführung eines ehemals hochrangigen KP-Mitglieds aus dem deutschen Exil.

Politische Empfehlungen

Vietnam sollte die hohe Offenheit seiner Volkswirtschaft nicht nur als Chance, sondern auch als Risiko begreifen und Maßnahmen zur Stärkung des Binnenkonsums ergreifen.

 

Stand: Januar 2019

 

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