Tadschikistan

Hat Tadschikistan ein Schuldenproblem?

Tadschikistans öffentliche Schulden und seine gesamten Auslandsschulden nähern sich rasch kritischen Grenzwerten. Aktuell ist die Zahlungsfähigkeit noch nicht bedroht. Anhaltende externe Schocks und schwache Regierungsführung könnten das Land aber bald in die Insolvenz treiben.

Die wichtigsten Schuldenindikatoren (Stand 2017)

IndikatorAusprägungGrenzwert
Auslandsverschuldung im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (%)71,340
Auslandsverschuldung im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)216,2150
Jährlicher Schuldendienst im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)26,115
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum BIP (%)50,450
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zu den öffentlichen Einnahmen (%)170,0200
Auslandsschuldenstand (US-Dollar)5,881 Mrd.
Schuldendienst: Zinsen und Tilgungen an ausländische Gläubiger (US-Dollar)710,6 Mio.

Erklärung zu den Indikatoren und Grenzwerten

Wer sind die Gläubiger von Tadschikistan?

Erklärung der Schuldenkategorien

 Die gesamten Auslandsschulden eines Landes setzen sich aus den Schulden des öffentlichen Sektors und denen des Privatsektors zusammen. Im Diagramm sind öffentliche Schulden mit Vollfarben und private Auslandsschulden schraffiert dargestellt.

Bei den öffentlichen Schulden werden drei Gläubigergruppen unterschieden, nämlich multilaterale öffentliche Gläubiger – das sind vor allem Entwicklungsbanken und der IWF -, bilaterale öffentliche Gläubiger – das sind andere Regierungen – und private Gläubiger.

Bei den beiden öffentlichen Gläubigerkategorien unterscheiden wir zudem nach konzessionären, also zinsgünstigen Krediten zu Entwicklungshilfebedingungen, und Krediten zu Marktbedingungen („nicht-konzessionäre“).

Bei den öffentlichen Schulden bei privaten Gläubigern unterscheiden wir die beiden Hauptinstrumente, nämlich Bankkredite und Anleihen. Diese beiden Instrumente unterscheiden wir auch bei den Auslandsschulden des Privatsektors.

Rund zwei Drittel von Tadschikistans Auslandsschulden entfallen auf den Staat, der Rest auf private Unternehmen. Letztere sind ausschließlich bei Banken im Ausland verschuldet, während der Staat gegenüber privaten Quellen fast ausschließlich in Form einer 2016 am Kapitalmarkt platzierten Anleihe im Umfang von 500 Millionen US-Dollar verschuldet ist. Trotzdem entfällt der größte Teil der öffentlichen Auslandsschulden auf bilaterale und multilaterale öffentliche Geber, zum überwiegenden Teil zu zinsgünstigen Entwicklungshilfekonditionen.

Unter den bilateralen Gläubigern sind die traditionellen Geber im Pariser Club nur mit 343 Millionen US-Dollar vertreten, wovon nach Angaben des Pariser Clubs 292 Millionen US-Dollar auf Handelsforderungen entfallen, also außerhalb der Entwicklungshilfe vergeben wurden. Diese Angaben sind mit den in der obigen Übersicht verwandten Zahlen der Weltbank nicht kompatibel. Wie in anderen Ländern auch, klaffen die Zahlen, die die Weltbank vom Schuldner erhält, und die, die der Pariser Club von seinen Mitgliedern bekommt, erheblich auseinander. Deutschland hält rund die Hälfte der vom Pariser Club für seine Mitglieder ausgewiesenen Entwicklungshilfeforderungen, nämlich 18 Millionen Euro.

Größter bilateraler Gläubiger ist Chinas Eximbank mit 12 Milliarden US-Dollar.

Unter den multilateralen Gläubigern ist der größte die Weltbank mit 318 Millionen US-Dollar, gefolgt von der Asiatischen Entwicklungsbank (278 Millionen US-Dollar) und der Islamischen Entwicklungsbank (112 Millionen US-Dollar) .

Trend

In absoluten Zahlen wachsen die Auslandsschulden Tadschikistans langsam aber stetig. Da nach 2000 zunächst auch das Wirtschaftswachstum stabil war, entwickelte sich aus dem Schuldenanstieg kein nennenswertes Problem. Das änderte sich allerdings 2015/16 als es zu einem drastischen Einbruch der Wirtschaftsleistung kam, und die Schulden im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung von 45 Prozent auf 71 Prozent stiegen. Hauptgrund dafür war nicht wie in einigen Nachbarländern ein Einbruch bei den Preisen für die Exportgüter des Landes, sondern vor allem die Wirtschaftskrise in Russland: 40 Prozent der Deviseneinnahmen des Landes stammen aus Rücküberweisungen tadschikischer Arbeitsmigrant/innen in Russland.

Hochrechnungen lassen erwarten, dass geplante chinesische Investitionen für den Infrastrukturausbau im Rahmen des Projekts „Neue Seidenstraße“ das Verhältnis von öffentlichen Schulden zu Wirtschaftsleistung in Bälde bis an 60 Prozent heranführen werden.

Bisherige Schuldenerleichterungen für Tadschikistan

Tadschikistan hat noch nie seine privaten oder öffentlichen Auslandsschulden restrukturiert.

Aktuelle Risiken für die Schuldentragfähigkeit

Außer den Rücküberweisungen aus Russland lebt Tadschikistan vor allem vom Export weniger Rohstoffe. Das macht das Land für externe Schocks wie 2015/16 extrem verwundbar. Dazu kommt, dass die Menschenrechtslage und die Qualität der Führung des Landes unter der gegenwärtigen autoritären und als korrupt empfundenen Regierung zu wünschen übrig lassen.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hält das Land mit einem laufenden Programm über Wasser. Die vom IWF geforderten Konsolidierungsmaßnahmen werden die aktuelle Zahlungsfähigkeit möglicherweise fördern, eine langfristige partizipative Entwicklungschance für die Bevölkerungsmehrheit ist davon aber eher nicht zu erwarten.

Politische Empfehlungen

Tadschikistan sollte vor allem mit seinem Großgläubiger China und den multilateralen Institutionen Gespräche über eine spürbare Schuldenreduzierung aufnehmen.

 

Stand: November 2018

 

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