Ruanda

Hat Ruanda ein Schuldenproblem?

Ruanda ist eines der 36 Länder, die seit 1996 die HIPC/MDRI-Initiative durchlaufen haben. Nach dem umfassenden Erlass der multilateralen Schulden unter der MDRI 2005 lagen alle Schuldenindikatoren zunächst stabil unter den kritischen Grenzwerten. Erst 2016 gab es eine erste moderate Überschreitung. Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt aktuell das Überschuldungsrisiko des Landes als „niedrig“ ein.

Die wichtigsten Schuldenindikatoren (Stand 2017)

IndikatorAusprägungGrenzwert
Auslandsverschuldung im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (%)37,440
Auslandsverschuldung im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)161,4150
Jährlicher Schuldendienst im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)3,915
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum BIP (%)40,550
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zu den öffentlichen Einnahmen (%)176,9200
Auslandsschuldenstand (US-Dollar)3,381 Mrd.
Schuldendienst: Zinsen und Tilgungen an ausländische Gläubiger (US-Dollar)80,1 Mio.

Erklärung zu den Indikatoren und Grenzwerten

Wer sind die Gläubiger von Ruanda?

Erklärung der Schuldenkategorien

 Die gesamten Auslandsschulden eines Landes setzen sich aus den Schulden des öffentlichen Sektors und denen des Privatsektors zusammen. Im Diagramm sind öffentliche Schulden mit Vollfarben und private Auslandsschulden schraffiert dargestellt.

Bei den öffentlichen Schulden werden drei Gläubigergruppen unterschieden, nämlich multilaterale öffentliche Gläubiger – das sind vor allem Entwicklungsbanken und der IWF -, bilaterale öffentliche Gläubiger – das sind andere Regierungen – und private Gläubiger.

Bei den beiden öffentlichen Gläubigerkategorien unterscheiden wir zudem nach konzessionären, also zinsgünstigen Krediten zu Entwicklungshilfebedingungen, und Krediten zu Marktbedingungen („nicht-konzessionäre“).

Bei den öffentlichen Schulden bei privaten Gläubigern unterscheiden wir die beiden Hauptinstrumente, nämlich Bankkredite und Anleihen. Diese beiden Instrumente unterscheiden wir auch bei den Auslandsschulden des Privatsektors.

Ruandas wichtigste Gläubiger sind seine multilateralen Geldgeber. Praktisch der gesamte Schuldenstand bei diesen sowie bei bilateralen öffentlichen Gläubigern ist konzessionär. Erst 2016 nahm Ruanda die ersten noch sehr bescheidenen multilateralen Kredite außerhalb der konzessionären Kreditfenster auf.

Allerdings ist Ruanda seit 2013 auch wieder bei privaten Gläubigern verschuldet. In jenem Jahr wurde erstmals in der Geschichte des Landes ein Eurobond in Höhe von 400 Millionen US-Dollar am internationalen Kapitalmarkt platziert. Dieser wird im Jahr 2023 zur Rückzahlung fällig. Der ersten Platzierung folgten im Jahr 2015 kleinere Kreditaufnahmen am heimischen Kapitalmarkt: eine Anleihe über umgerechnet 20,25 Millionen US-Dollar, auf die Ruanda 11,8 Prozent Zinsen zahlt. 2014 kam erstmals seit der MDRI-Entschuldung auch wieder ein Bankkredit in Höhe von umgerechnet 122 Miollionen US-Dollar zustande. Die inländische Verschuldung ist natürlich erheblich teurer als die öffentlichen Entwicklungsfinanzierungen, aber als Zahlungsverpflichtung in heimischer Währung trotzdem weniger problematisch.

Trend

Der Schuldenstand hat sich von 2006 – nach der Entschuldung – bis 2010 mehr als verdoppelt und bis 2014 verfünffacht. Allerdings war der Ausgangspunkt dieser dynamischen Schuldenzunahme sehr niedrig. Auch wuchs die Wirtschaft Ruandas in dieser Zeit fast so schnell wie die Schulden, so dass die wichtigsten Schuldenindikatoren, die Verschuldung ins Verhältnis zur Wirtschaftsleistung setzen, nur leicht angestiegen sind.

Bisherige Schuldenerleichterungen für Ruanda

1998, 2002 und 2005 hat Ruanda von seinen bilateralen öffentlichen Gläubigern Schuldenerleichterungen im Pariser Club erhalten. Die beiden letztgenannten Regelungen waren Teil der umfassenden Schuldenstreichung im Rahmen der HIPC-Initiative (2002) beziehungsweise der MDRI (2005).

Aktuelle Risiken für die Schuldentragfähigkeit

Ein akutes Risiko besteht nicht. Durch die niedrigen Zinsen und die langen Rückzahlungsfristen bleibt der laufende Schuldendienst Ruandas im Verhältnis zum Schuldenstand moderat, auch wenn 2016 erstmals seit der HIPC-Entschuldung wieder ein Grenzwert geringfügig überschritten wurde. Entsprechend stuft der IWF Ruandas Überschuldungsrisiko als „niedrig“ ein. Ruanda ist damit eines von nur noch vier der 36 entlasteten HIPCs mit dieser günstigen Bewertung.

Allerdings ist das Land in hohem Maße von den sehr günstigen Finanzierungen durch seine Entwicklungshilfe-Geber abhängig. 2017 deckten diese 39 Prozent des Staatshaushaltes. Sollte es zu politischen Problemen mit einem der wichtigen Geber oder zu Auseinandersetzungen mit der Weltbank-Tochter IDA oder dem Afrikanischen Entwicklungsfonds kommen, können die Auslandsschulden des Staates schnell kritische Grenzen überschreiten.

Ruanda ist weniger als andere afrikanische Länder verletzlich für Rohstoffpreisschwankungen, da es eine vergleichsweise diversifizierte Exportstruktur aufweist: Neben dem Export von Mineralien spielen auch Kaffee und Tee sowie zunehmend Einnahmen aus dem Tourismus eine Rolle.

Politische Empfehlungen

Ruanda sollte die Kreditaufnahme im Ausland nach Möglichkeit weiterhin auf konzessionäre Finanzierungen beschränken und nur für besonders produktive Vorhaben auf marktmäßige Finanzierungen zurückgreifen.

 

Stand: Juni 2019

 

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