Peru

Hat Peru ein Schuldenproblem?

Peru hat, nachdem es in den 1990er Jahren noch zu den sehr kritisch verschuldeten Ländern des Kontinents gehört hatte, aktuell kein bedrohliches Schuldenproblem. Allerdings steigen die Schuldenindikatoren infolge der globalen wirtschaftlichen Verwerfungen seit 2020 spürbar an.

Die wichtigsten Schuldenindikatoren (Stand Ende 2020)

IndikatorAusprägungGrenzwert
Auslandsverschuldung im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (%)43,140
Auslandsverschuldung im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)191,9150
Jährlicher Schuldendienst im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)13,515
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum BIP (%)35,450
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zu den öffentlichen Einnahmen (%)196,7200
Auslandsschuldenstand (US-Dollar)73,549 Mrd.
Schuldendienst: Zinsen und Tilgungen an ausländische Gläubiger (US-Dollar)6,436 Mrd.

Erklärung zu den Indikatoren und Grenzwerten

Wer sind die Gläubiger von Peru?

Erklärung der Schuldenkategorien

 Die gesamten Auslandsschulden eines Landes setzen sich aus den Schulden des öffentlichen Sektors und denen des Privatsektors zusammen. Im Diagramm sind öffentliche Schulden mit Vollfarben und private Auslandsschulden schraffiert dargestellt.

Bei den öffentlichen Schulden werden drei Gläubigergruppen unterschieden, nämlich multilaterale öffentliche Gläubiger (das sind vor allem Entwicklungsbanken und der IWF), bilaterale öffentliche Gläubiger (das sind andere Regierungen) und private Gläubiger.

Bei den beiden öffentlichen Gläubigerkategorien unterscheiden wir zudem nach konzessionären, also zinsgünstigen Krediten zu Entwicklungshilfebedingungen, und Krediten zu Marktbedingungen („nicht-konzessionäre“).

Bei den öffentlichen Schulden bei privaten Gläubigern unterscheiden wir die beiden Hauptinstrumente, nämlich Bankkredite und Anleihen. Diese beiden Instrumente unterscheiden wir auch bei den Auslandsschulden des Privatsektors.

Knapp die Hälfte von Perus Auslandsschulden entfällt auf den Staat, der etwas größere Teil auf peruanische Banken und Unternehmen. Während der Staat im Blick auf private Gläubiger ausschließlich Anleihezeichnern Geld schuldet, teilen sich die Auslandsschulden der Unternehmen und Banken etwa hälftig auf Anleihezeichner und Geschäftsbanken auf.

Die Schulden bei öffentlichen Gläubigern bestehen zum ganz überwiegenden Teil gegenüber multilateralen Finanzinstitutionen. Schulden bei bilateralen Gläubigern – sei es aus der Entwicklungszusammenarbeit, sei es aus öffentlich verbürgten Handelsgeschäften – spielen nur (noch) eine marginale Rolle.

Nur vier Institute sind (abgesehen vom Internationalen Währungsfonds (IWF)) die multilateralen Gläubiger Perus: Mit Forderungen von 3,44 Milliarden US-Dollar liegt die Weltbank weit vorne. Dahinter folgen mit 1,6 bzw. 1,0 Milliarden die Interamerikanische Entwicklungsbank (IDB) und der Andine Entwicklungsfonds (CAF). Ein kleiner Betrag entfällt auf den Internationalen Agrarentwicklungsfonds IFAD.

Nennenswerte bilaterale Gläubiger sind bei der Entwicklungshilfe allein Japan und Deutschland mit dreistelligen Millionenbeträgen. Wobei die Angaben der Weltbank von denen der Bundesregierung stark abweichen: Die Bank weist deutsche EZ-Forderungen von 116 Millionen US-Dollar aus, während die Bundesregierung 170 Millionen Euro beansprucht. Dafür stehen in den deutschen Büchern keine Schulden aus Handelsgeschäften, während die Weltbank Deutschland mit 532 Millionen US-Dollar mehr als die Hälfte aller bilateralen öffentlichen Handelsschulden Perus zuschreibt. Nur Japan ist außerdem noch ein nennenswerter Gläubiger in dieser Kategorie.

Trend

Bis auf den laufenden Schuldendienst im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen sind alle Indikatoren in den letzten fünf Jahren um wenigstens 10 Prozent angestiegen. Allerdings liegen alle Indikatoren noch immer knapp über oder unter den niedrigsten Grenzwerten.

Bisherige Schuldenerleichterungen für Peru

In den 1980er und 1990er Jahren handelte Peru einige große Umschuldungen mit seinen Gläubigern im Pariser Club aus: Von 1968 bis 1984 wurde fünfmal ohne Erlasse umgeschuldet. 1991, 1993 und 1996 wurden die vom Pariser Club für Länder mit niedrigem mittlerem Einkommen entwickelten Houston Terms angewandt. In diesem Rahmen wurden Schulden aus der Entwicklungszusammenarbeit zum ursprünglichen günstigen Zinssatz mit längeren Rückzahlungsfristen versehen, sodass sich neben einer unmittelbaren Entlastung beim laufenden Schuldendienst auch eine kleine Reduzierung des Barwerts des Schuldenstandes ergab.

1985 hatte der damals frische gewählte sozialdemokratische Präsident Alan Garcia spektakulär angekündigt, Peru werde künftig maximal 10 Prozent seiner jährlichen Exporteinnahmen für den Schuldendienst aufwenden. Diese Erklärung löste eine sehr nützliche Diskussion über die Deckelung von Schuldendienstquoten aus, deren Logik sich auch in der späteren multilateralen Entschuldungsinitiative HIPC wiederfand. Allerdings zahlte García in den meisten Jahren seiner Präsidentschaft stets deutlich mehr als 10 Prozent – ohne dadurch die durch die Ankündigung ausgelöste Verschlechterung seines Zugangs zum Kapitalmarkt abwenden zu können.

Peru ist darüber hinaus eines der Länder, die in den Genuss von Schuldenumwandlungen für Entwicklung im Rahmen des entsprechenden Programms der Bundesregierung kamen. Dabei wurden nicht nur einzelne Vorhaben finanziert, sondern es wurde durch eine starke gemeinsame Kampagne peruanischer und deutscher Zivilgesellschaft auch die Schaffung eines Gegenwertfonds vereinbart, aus dessen Mitteln zahlreiche Vorhaben unter Beteiligung der peruanischen Zivilgesellschaft finanziert wurden.

Für die multilateralen Entschuldungsinitiativen HIPC und MDRI um die Jahrtausendwerte sowie für die von der G20 zur Bekämpfung der Corona-Pandemie geschaffene Moratoriumsinitiative DSSI war und ist Peru nicht qualifiziert.

Aktuelle Risiken für die Schuldentragfähigkeit

Aktuell liegen Perus Schuldenindikatoren um den niedrigsten kritischen Grenzwert, sodass von einer unmittelbaren Bedrohung von Perus Schuldentragfähigkeit nicht ausgegangen werden muss. Allerdings verdankt sich die aktuell starke Wirtschaft einer sehr starken Orientierung auf eine begrenzte Zahl von Exportprodukten. Einbrüche bei deren Preisen könnten die Schulden wieder in kritische Größenordnungen steigen lassen.

Dazu kommt, dass Perus Auslandschulden durchweg zu Marktkonditionen verzinst werden. Die im Frühjahr 2022 eingeleitete Zinserhöhungspolitik der US-amerikanischen und der Europäischen Zentralbank könnte mittelfristig für Peru kritische Folgen haben.

Politische Empfehlungen

Peru könnte nach der wenngleich denkbar knapp ausgefallenen Absage an das kleptokratisch-neoliberale Wirtschaftsmodell bei den letzten Präsidentschaftswahlen eine positive Rolle bei einer lateinamerikanischen Initiative für einen faireren Umgang mit Auslandsschulden spielen.

Stand: Juni 2022