Mosambik

Hat Mosambik ein Schuldenproblem?

Laut der Analyse des Schuldenreport 2022 ist Mosambik ist das einzige Land in Subsahara-Afrika, das für alle untersuchten Schuldenindikatoren den jeweils höchsten Grenzwert überschreitet, und ist deshalb eines von dreizehn Ländern der Region, deren Verschuldung als „sehr kritisch“ einstuft wird.

Mosambik befindet sich seit 2016 im teilweisen Zahlungsausfall. Damals war ans Licht gekommen, dass die vorangegangene Regierung unter Umgehung des Parlaments Kredite dreier halbstaatlicher Unternehmen in Höhe von insgesamt knapp 2 Milliarden US-Dollar autorisiert hatte. Diese Kredite waren überwiegend für die Beschaffung militärischer und sogenannter Dual-Use-Güter verwendet worden oder sind auf fragwürdigen Kanälen gar nicht erst ins Land gekommen. 2022 wurde der Skandal mit der teilweisen Verurteilung der beteiligten Banken „abgeschlossen“.

Mosambik hat trotz des Skandals Zugang zu erheblichen internationalen Mitteln erhalten, wodurch es inzwischen zu einem der am höchsten verschuldeten Ländern Afrikas geworden ist. Diese Mittel flossen in der Erwartung erheblicher Gewinne aus dem eigentlich schon für 2022 geplanten Gasexport. Politische und militärische Auseinandersetzungen haben den Gasexport immer weiter verzögert. Ohne den klimapolitisch höchst bedenklichen Export des Gases ist Mosambik praktisch jetzt schon bankrott.

Die wichtigsten Schuldenindikatoren (Stand 2020)

IndikatorAusprägungGrenzwert
Auslandsverschuldung im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (%)154,440
Auslandsverschuldung im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)458,2150
Jährlicher Schuldendienst im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen(%)34,115
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum BIP (%)128,950
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zu den öffentlichen Einnahmen (%)457,7200
Auslandsschuldenstand (US-Dollar)20,923 Mrd.
Schuldendienst: Zinsen und Tilgungen an ausländische Gläubiger (US-Dollar)1,558 Mrd.

Erklärung zu den Indikatoren und Grenzwerten

Wer sind die Gläubiger von Mosambik?

Erklärung der Schuldenkategorien

Die gesamten Auslandsschulden eines Landes setzen sich aus den Schulden des öffentlichen Sektors und denen des Privatsektors zusammen. Im Diagramm sind öffentliche Schulden mit Vollfarben und private Auslandsschulden schraffiert dargestellt.

Bei den öffentlichen Schulden werden drei Gläubigergruppen unterschieden, nämlich multilaterale öffentliche Gläubiger – das sind vor allem Entwicklungsbanken und der IWF -, bilaterale öffentliche Gläubiger – das sind andere Regierungen – und private Gläubiger.

Bei den beiden öffentlichen Gläubigerkategorien unterscheiden wir zudem nach konzessionären, also zinsgünstigen Krediten zu Entwicklungshilfebedingungen, und Krediten zu Marktbedingungen („nicht-konzessionäre“).

Bei den öffentlichen Schulden bei privaten Gläubigern unterscheiden wir die beiden Hauptinstrumente, nämlich Bankkredite und Anleihen. Diese beiden Instrumente unterscheiden wir auch bei den Auslandsschulden des Privatsektors.

Durch die starke Kreditaufnahme des privaten Sektors in Mosambik ist die gesamte Auslandsverschuldung des Landes stark angestiegen. Private Schulden machen – anders als noch 2019 – fast die Hälfte der gesamten Auslandsschulden aus. Das Instrument der Wahl für den Privatsektor sind Kredite bei ausländischen Banken.

Innerhalb der Schulden des öffentlichen Sektors hat es besonders durch das Engagement des Internationalen Währungsfonds (IWF) eine Verschiebung zugunsten der multilateralen Schulden gegeben. Bedeutendster multilateraler Gläubiger ist indes mit Forderungen von mehr als 3 Milliarden US-Dollar die Internationale Entwicklungsorganisation (IDA), gefolgt vom Afrikanischen Entwicklungsfonds, dem Weichkreditfenster der Afrikanischen Entwicklungsbank. Nicht-konzessionäre multilaterale Forderungen sind deutlich geringer und entfallen vor allem auf arabische Entwicklungsbanken.

Fast die Hälfte aller bilateralen nicht-konzessionären Forderungen entfällt auf China. Mit deutlichem Abstand folgen ehemalige Ostblock-Länder, deren Forderungen teilweise noch auf den Kalten Krieg zurückgehen, wie Russland und Rumänien, sowie die portugiesisch-sprachigen Staaten Portugal, Brasilien und Angola. Deutschland hält seit der Streichung alter Forderungen aus der Entwicklungszusammenarbeit sowie Ex-DDR-Forderungen im Rahmen der Entschuldungsinitiative für hoch verschuldete arme Staaten (Heavily Indebted Poor Countries, HIPC) keine Forderungen mehr an Mosambik.

Trend

Zwischen 2016 und 2020 sind alle Schuldenindikatoren um mindestens 10 Prozent gestiegen. Der absolute Schuldenstand hat sich von 2018 auf 2019 und von 2019 auf 2020 jeweils nahezu verdoppelt.

Bisherige Schuldenerleichterungen für Mosambik

Mosambik hat zwischen 1984 und 2001 achtmal mit seinen öffentlichen Gläubigern im Pariser Club verhandelt. Davon implizierten die ersten beiden Runden keinerlei Schuldenerlass. Ab 1990 wurden dann erste unzulängliche Schuldenerleichterungen gewährt, die bis 2001 auf eine fast vollständige Streichung aller Forderungen der Mitgliedsstaaten des Pariser Clubs unter der HIPC-Initiative ausgeweitet wurden.

Die Entschuldung Mosambiks Rahmen der HIPC-Initiative im Jahr 2001 wurde im Herbst 2005 durch eine nahezu vollständige Streichung der Schulden bei der Weltbanktochter IDA, beim IWF sowie beim Afrikanischen Entwicklungsfonds unter der Multilateral Debt Relief Initiative (MDRI) ergänzt. Mit einem gesamten Erlassvolumen von 6,326 Milliarden US-Dollar gehörte Mosambik zu den absolut am meisten begünstigten Ländern unter der multilateralen Entschuldungsinitiative.

Deutschland war infolge der Unterstützung der ehemaligen DDR für den Kampf der Regierung der Frente de Libertação de Moçambique (FRELIMO) gegen die vom südafrikanischen Apartheid-Regime unterstützten Rebellen der Resistência Nacional Moçambicana (RENAMO) der zweitwichtigste bilaterale Gläubiger Mosambiks nach Russland/Sowjetunion. Die Forderungen von umgerechnet mehr als 400 Millionen Euro wurden im Rahmen der HIPC-Initiative komplett erlassen.

Mosambik gehört zu den Ländern, die sich 2020 für die Moratoriumsinitiative der G20 (Debt Service Suspension Initiative, DSSI) zur Unterstützung des Kampfs gegen die Folgen der Corona-Pandemie qualifiziert haben. Noch im gleichen Jahr konnten Zahlungsverpflichtungen im Umfang von 22,3 Millionen US-Dollar auf den Zeitraum 2023 bis 2017 verschoben werden. Im Jahr 2021 waren dies sogar 565,1 Millionen US-Dollar. Da es sich dabei nur um einen überdies verzinsten Zahlungsaufschub handelt, der in den kommenden fünf Jahren in fünf gleichgroßen Raten nachgezahlt werden soll, stellen die rund 120 Millionen US-Dollar zusätzlicher Schuldendienst eine erhebliche Bürde für Mosambik dar.

Aktuelle Risiken für die Schuldentragfähigkeit

Im Zusammenhang mit der Nicht-Bedienung und Nicht-Umschuldung eines Teils der „versteckten Schulden“, die 2016 aufgedeckt wurden, wird Mosambik vom IWF als Land im Debt Distress kategorisiert. Bei diesen versteckten Schulden handelt es sich um eine lange Zeit vor den internationalen Finanzinstitutionen und den wichtigen bilateralen Gebern versteckte Kreditaufnahme von insgesamt rund 2 Milliarden US-Dollar. Die zu Lasten des mosambikanischen Staates aufgenommenen Mittel flossen in wenig sinnvolle Rüstungsprojekte oder verschwanden in den Taschen privater Vermittler sowie mosambikanischer Politiker.

Bis zum Frühjahr 2022 hat der Skandal Mosambik von wichtigen multilateralen Finanzquellen abgeschnitten, so dass neue Finanzierungen über den Privatsektor aufgenommen werden mussten – und auch wurden. Im Mai 2022 hat der IWF und mit ihm andere Institutionen ihre Blockade Mosambiks beendet, nachdem eine juristische Aufarbeitung des Falls zu einer Bestrafung der beteiligten Banken Crédit Suisse und VTB geführt hatte. Allerdings erhielt Mosambik dadurch nur eine relativ bescheidene Entlastung von den versteckten Schulden, während der größte Teil der Strafe von den Banken an den britischen Staat gezahlt wurde, da die Kredite unter britischem Recht vergeben worden waren.

Das neuerliche internationale Engagement erklärt sich vor allem durch die umfangreichen Gasfunde vor der Küste Nord-Mosambiks. Von diesen wurde vor Bekanntwerden des Skandals um die versteckten Schulden erwartet, dass sie Mosambik in kurzer Zeit zu einem wohlhabenden Land machen würden. Stattdessen führte die Erwartung der Bonanza zur Entstehung von regionalen und islamistischen Aufständen, welche das Land erheblich destabilisiert haben. Dem Engagement chinesischer und europäischer Energiefirmen haben diese Entwicklungen indes keinen Abbruch getan.

Neben der Gefahr des „Ressourcenfluchs“, das heißt der immer weiter fortschreitenden Polarisierung der mosambikanischen Gesellschaft in Gewinner und Verlierer des Rohstoffexports, ist die extreme Verletzlichkeit Mosambiks für die Folgen des Klimawandels eine große Bedrohung. 2019 trafen die Wirbelstürme „Idai“ und „Kenneth“ das Land hart.

Politische Empfehlungen

Als begünstigtes Land unter der DSSI könnte Mosambik sich auch um eine Schuldenerleichterung unter dem Common Framework der G20 bemühen, wie es von seinem Nachbar Sambia gerade ausgehandelt wird. Es muss aber damit gerechnet werden, dass die Gläubiger Schuldenerleichterungen im Blick auf die zu erwartenden Einnahmen aus dem Gasexport ablehnen.

Der Skandal um die versteckten Schulden hat deutlich gemacht, dass nach der jahrzehntelangen Herrschaft der damaligen Befreiungsbewegung FRELIMO das politische System in eine Krise geraten ist. Korruption und eine generell schwache Regierungsführung machen es hochriskant, den Rohstoffsektor wie aktuell betrieben, über Kreditfinanzierung auszubauen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der mosambikanische Staat zu einer inneren Kolonie des eigenen zahlungskräftigen Rohstoffsektors wird, ist sehr hoch. Von daher sollte – auch unabhängig von aller gebotenen Skepsis gegenüber fossilen Energieträgern – die eingeschlagene rohstoffexportbasierte Entwicklungsstrategie grundsätzlich überdacht werden.

Trotz des teilweisen Zahlungsausfalls hat Mosambik erfolgreich neue Finanzierungen von nicht-traditionellen Gebern einwerben können, welche in Erwartung hoher künftiger Einnahmen aus dem Gasexport bereitwillig Kredite auch zu nicht-konzessionären Bedingungen vergeben haben. Diese veränderte Gläubigerstruktur macht eine umfassende Restrukturierung aller Auslandsschulden des Landes in einem unparteiisch moderierten Verfahren umso dringender.

 WEITERFÜHRENDE INFORMATIONEN UND MATERIALIEN:

Video: “The Mozambique Podcast ǀ KKM in conversation with Prof. Adriano Nuvunga” (2022)

Video: “Staatsverschuldung in Mosambik – Dr. Eufrigina dos Reis” (2018)

Stand: September 2022