Mali

Hat Mali ein Schuldenproblem?

Vier von fünf Schuldenindikatoren liegen Ende 2018 unter dem niedrigsten kritischen Grenzwert. So gesehen hat Mali kein akutes Schuldenproblem. Die Corona-Pandemie und die durch sie ausgelöste Rezession werden Mali voraussichtlich weniger hart treffen als andere Länder.

Die wichtigsten Schuldenindikatoren (Stand 2018)

IndikatorAusprägungGrenzwert
Auslandsverschuldung im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (%)29,540
Auslandsverschuldung im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)104,2150
Jährlicher Schuldendienst im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)4,215
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum BIP (%)36,650
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zu den öffentlichen Einnahmen (%)237,2200
Auslandsschuldenstand (US-Dollar)4,896 Mrd.
Schuldendienst: Zinsen und Tilgungen an ausländische Gläubiger (US-Dollar)254,3 Mio.

Erklärung zu den Indikatoren und Grenzwerten

Wer sind die Gläubiger von Mali?

MLI Gläubigerprofil 2020-09

Erklärung der Schuldenkategorien

 Die gesamten Auslandsschulden eines Landes setzen sich aus den Schulden des öffentlichen Sektors und denen des Privatsektors zusammen. Im Diagramm sind öffentliche Schulden mit Vollfarben und private Auslandsschulden schraffiert dargestellt.

Bei den öffentlichen Schulden werden drei Gläubigergruppen unterschieden, nämlich multilaterale öffentliche Gläubiger – das sind vor allem Entwicklungsbanken und der IWF -, bilaterale öffentliche Gläubiger – das sind andere Regierungen – und private Gläubiger.

Bei den beiden öffentlichen Gläubigerkategorien unterscheiden wir zudem nach konzessionären, also zinsgünstigen Krediten zu Entwicklungshilfebedingungen, und Krediten zu Marktbedingungen („nicht-konzessionäre“).

Bei den öffentlichen Schulden bei privaten Gläubigern unterscheiden wir die beiden Hauptinstrumente, nämlich Bankkredite und Anleihen. Diese beiden Instrumente unterscheiden wir auch bei den Auslandsschulden des Privatsektors.

Nur der malische Staat, nicht aber malische Bürger oder Unternehmen sind im Ausland verschuldet. Der größte Teil besteht weiterhin zu konzessionären Bedingungen, also zu niedrigen Zinsen und mit langen Rückzahlungsfristen. Der nicht-konzessionäre Teil hat aber deutlich zugenommen (s.u.).

Schulden bestehen, abgesehen von einem noch ausstehenden sehr kleinen Bankkredit, ausschließlich gegenüber multilateralen oder bilateralen öffentlichen Gläubigern. Größter multilateraler Gläubiger ist die Internationale Entwicklungsorganisation IDA, eine Weltbanktochter. Des weiteren sind es die Afrikanische Entwicklungsbank und der Internationale Währungsfond (IWF). Bedeutender als die beiden letztgenannten ist allerdings ein von der Weltbankstatistik nicht identifizierter „weiterer multilateraler Gläubiger“, auf den Ende 2018 mehr als 850 Millionen US-Dollar entfallen.

Mehr als die Hälfte aller bilateralen Forderungen entfällt auf China. Weitere größere Gläubiger in dieser Kategorie sind Frankreich, Indien und Saudi-Arabien. Deutschland hält keine Forderungen an Mali.

Der kleine Außenstand gegenüber Privatgläubigern besteht gegenüber einer niederländischen Bank.

Trend

Von 2015 bis 2018 sind vier von fünf untersuchten Schuldenindikatoren um mindestens 10 Prozent gestiegen. Dabei ist die öffentliche Verschuldung im In- und Ausland deutlich stärker gestiegen als die gesamte Auslandsverschuldung. Das heißt, der malische Staat hat sich auch im Inland stärker verschuldet als zuvor.

Der nominale Schuldendienst an das Ausland hat sich von einem sehr niedrigen Niveau zwischen 2016 und 2018 mehr als verdoppelt. Allerdings ist auch die gesamte Wirtschaftsleistung in der gleichen Zeit spürbar gewachsen.

Kritischste Entwicklung ist die deutliche Zunahme des nicht-konzessionären, also zu harten Marktbedingungen aufgenommenen Krediten.

Bisherige Schuldenerleichterungen für Mali

Zwischen 1988 und 2003 hat Mali sechs Mal im Pariser Club umgeschuldet und dabei jedes mal zunächst nur marginale (Toronto Terms) und in den letzten beiden Runden im Rahmen der Entschuldungsinitiative für hochverschuldete arme Länder (engl. Heavily Indebted Poor Countries Initiative, HIPC) dann weiter reichende Erlasse seiner Schulden bei den Mitgliedern des Pariser Clubs erhalten.

China hat bereits 2001 auf mehr als 50 Millionen US-Dollar verzichtet und sich somit am HIPC-Erlass beteiligt.

Nach dem Completion Point unter der HIPC-Initiative, die einen Teil der damaligen Schulden bei multilateralen Gläubigern auslöschte, folgte 2005 unter der multilateralen Entschuldungsinitiative (engl. Multilateral Debt Relief Initiative, MDRI) auch der vollständige Erlass der damals bestehenden Schulden beim IWF, bei der IDA und beim Afrikanischen Entwicklungsfonds, dem Weichkreditfenster der Afrikanischen Entwicklungsbank. Da 2002 die Grenzwerte der HIPC-Initiative nur relativ gering überschritten wurden, fiel der Erlass unter HIPC so gering aus, dass der Schuldenstand infolge der gleichzeitigen Neukreditaufnahmen nur marginal abnahm. Die MDRI hingegen drückte den damaligen Gesamtschuldenstand von rund 2,9 Milliarden US-Dollar auf etwas mehr als 1,4 Milliarden US-Dollar.

Aktuelle Risiken für die Schuldentragfähigkeit

Die Tatsache, dass Mali in absoluten Beträgen heute schon wieder höher verschuldet ist als vor der HIPC/MDRI-Entschuldung und zwar weitgehend bei den gleichen Kreditgebern, zeigt die Schwäche der malischen Volkswirtschaft.

Der IWF betrachtet Malis Überschuldungsrisiko als “mittel”, das heißt, er geht davon aus, dass das Land nicht in Zahlungsschwierigkeiten kommt, wenn es sich an die wirtschaftspolitischen Vorgaben den IWF hält. Sollte es allerdings zu einem externen Schock kommen, werden die kritischen Grenzwerte mit hoher Wahrscheinlichkeit überschritten.

Ein solcher Schock ist mit der Corona-Pandemie Anfang 2020 eingetreten. Allerdings wird Mali nach den Vorhersagen des IWF vergleichsweise glimpflich durch die Krise kommen: Für 2020 wird keine Schrumpfung, sondern lediglich ein Nullwachstum vorhergesagt. 2021 nimmt der IWF mit dem Optimismus, den er auch andernorts an den Tag legt, schon wieder ein Wachstum von 5,5 Prozent an. Dieses eher positive Bild reflektiert die relativ geringe Verflechtung der malischen mit der Weltwirtschaft.

Das größte Risiko eines Schocks besteht indes weiterhin in der politischen Instabilität bis hin zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Tuareg-Rebellen und weiteren bewaffneten Gruppen. Die Weltbank hatte deswegen 2014 inmitten der seit 2012 anhaltenden Krise bereits zeitweise die Auszahlung zugesagter Kredite eingestellt. Frankreich strich 2015 rund 71 Millionen US-Dollar noch ausstehende Altforderungen, während eigene Truppen Mali zum Teil besetzt hielten.

Nach dem unblutigen und von der Bevölkerung eher begrüßten Militärputsch 2020 ist auch die wirtschaftliche Zukunft des Landes unsicherer als ohnehin schon.

Politische Empfehlungen

In der gegenwärtigen schwachen und instabilen Situation des Landes hat Mali nicht viele Alternativen zur Zusammenarbeit mit den ausländischen Gebern, einschließlich der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. Die Regierung sollte aber die Zahlungseinstellung an ihre öffentlichen Gläubiger im Falle weiterer Schwierigkeiten als eines ihrer wenigen Druckmittel durchaus in Betracht ziehen.

 

Stand: September 2020

 

Gefördert von ENGAGEMENT GLOBAL im Auftrag des

bmz_cmyk_de-201701