Malawi

Hat Malawi ein Schuldenproblem?

Malawi hat aktuell noch kein gravierendes Auslandsschuldenproblem, aber die globalen Preissteigerungen für wichtige Importgüter können die Indikatoren leicht weiter steigen.

Die wichtigsten Schuldenindikatoren (Stand 2020)

IndikatorAusprägungGrenzwert
Auslandsverschuldung im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (%)25,040
Auslandsverschuldung im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)261,5150
Jährlicher Schuldendienst im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)9,215
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum BIP (%)54,750
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zu den öffentlichen Einnahmen (%)371,3200
Auslandsschuldenstand (US-Dollar)2,943 Mrd.
Schuldendienst: Zinsen und Tilgungen an ausländische Gläubiger (US-Dollar)103,4 Mio.

Erklärung zu den Indikatoren und Grenzwerten

Wer sind die Gläubiger von Malawi?

Erklärung der Schuldenkategorien

Die gesamten Auslandsschulden eines Landes setzen sich aus den Schulden des öffentlichen Sektors und denen des Privatsektors zusammen. Im Diagramm sind öffentliche Schulden mit Vollfarben und private Auslandsschulden schraffiert dargestellt.

Bei den öffentlichen Schulden werden drei Gläubigergruppen unterschieden, nämlich multilaterale öffentliche Gläubiger – das sind vor allem Entwicklungsbanken und der IWF -, bilaterale öffentliche Gläubiger – das sind andere Regierungen – und private Gläubiger.

Bei den beiden öffentlichen Gläubigerkategorien unterscheiden wir zudem nach konzessionären, also zinsgünstigen Krediten zu Entwicklungshilfebedingungen, und Krediten zu Marktbedingungen („nicht-konzessionäre“).

Bei den öffentlichen Schulden bei privaten Gläubigern unterscheiden wir die beiden Hauptinstrumente, nämlich Bankkredite und Anleihen. Diese beiden Instrumente unterscheiden wir auch bei den Auslandsschulden des Privatsektors.

Malawi ist ausschließlich von Seiten des Staates im Ausland verschuldet. Malawische Banken und Unternehmen haben keine Schulden im Ausland. Die Auslandsschulden des Staates bestehen zu mehr als drei Vierteln gegenüber multilateralen und zu knapp einem Viertel gegenüber bilateralen Gläubigern. Der überwiegende Teil der Schulden wurde zu günstigen Entwicklungshilfekonditionen aufgenommen.

Unter den multilateralen Gläubigern sind die bedeutendsten in dieser Reihenfolge die Internationale Entwicklungsorganisation, die Afrikanische Entwicklungsbank und der Internationale Währungsfonds (IWF). Größter bilateraler Gläubiger ist China, gefolgt von Indien, Kuwait und Saudi-Arabien. Von den Mitgliedsstaaten des Pariser Clubs hat nur Belgien geringe Forderungen an Malawi. Chinas Forderungen sind überwiegend kommerzieller Natur, beim zweitgrößten bilateralen Gläubiger, Indien, ist das Verhältnis etwa ausgeglichen.

Trend

Die Indikatoren, die sich auf Malawis Auslandsschulden beziehen, sind, bis auf den Schuldenstand im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, seit 2015 sämtlich um mehr als 10 Prozent gestiegen, liegen allerdings noch immer im unproblematischen oder lediglich im leicht kritischen Bereich. Das liegt allerdings aktuell auch daran, dass von 2016 bis 2020 die Wirtschaft spürbar gewachsen ist, denn auch die absolute Verschuldung hat kontinuierlich zugelegt. Der Schuldenstand im Verhältnis zu den Hartwährungseinnahmen aus dem Export von Gütern und Dienstleistungen liegt seit dem Schuldenerlass im Rahmen der Entschuldungsinitiative für hoch verschuldete arme Länder (Heavily Indebted Poor Countries Initiative, HIPC-Initiative) erstmals wieder über dem damaligen Grenzwert.

Bisherige Schuldenerleichterungen für Malawi

Malawi wurde 2000 in die HIPC-Initiative aufgenommen und hat diese bis 2006 durchlaufen. In den achtziger Jahren hatte Malawi drei Mal im Pariser Club umgeschuldet, wobei nur Zahlungsverpflichtungen in die Zukunft verschoben und zu laufenden Zinnsätzen weiter verteuert wurden (Classic Terms). 2001 und 2006 leistete der Pariser Club seine Beiträge zur Umsetzung der HIPC-Initiative unter Cologne Terms (Streichung von 90 Prozent und teilweise sogar 100 Prozent der ausstehenden bilateralen Forderungen). 1983 und 1988 wurden insgesamt knapp 100 Millionen US-Dollar an öffentlichen Schulden bei privaten Banken umgeschuldet.

Im April 2020 hat sich Malawi für die Übernahme des Schuldendienstes an den IWF durch dessen Catastrophe Containment and Relief Trust (CCRT) qualifiziert. Fällige Zahlungen an den IWF bis Oktober 2020 in Höhe von 5,2 Millionen US-Dollar wurden dadurch faktisch erlassen.

Erst 2021 hat die Regierung beschlossen, auch das von den G20 angebotene Schuldenmoratorium in Anspruch zu nehmen. 36,6 Millionen US-Dollar müssen dadurch bis Jahresende an die bilateralen Gläubiger, mit Ausnahme von Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten, nicht gezahlt werden. Allerdings sind diese Zahlungen nur aufgeschoben und müssen in den Jahren 2023-2027 zurückgezahlt werden.

Aktuelle Risiken für die Schuldentragfähigkeit

Der IWF bescheinigte Malawi vor Corona-Pandemie ein „mittleres“ Überschuldungsrisiko. Das heißt, nach den Vorhersagen des IWF bleibt das Land im wahrscheinlichsten Szenario seiner wirtschaftlichen Entwicklung unter den kritischen Grenzwerten, überschreitet aber mindestens einen Grenzwert in mindestens einem der routinemäßig durchgerechneten Krisenszenarien. Risiken sieht der IWF hauptsächlich in klimatischen Unwägbarkeiten (Malawi wird in der Zukunft extremere Wetterlagen gewärtigen müssen) sowie in der unvollkommenen Umsetzung seiner Wirtschaftsprogramme aufgrund schwacher Regierungsführung. Die durch die Corona-Pandemie ausgelöste Rezession stellt für Malawi ein im internationalen Vergleich nur geringes Risiko dar.

Die zuletzt stark angewachsenen Inlandsschulden sind auf die Deckung der öffentlichen Haushaltsdefizite über den heimischen Kapitalmarkt, die Verbriefung alter Zahlungsrückstände des Staates im Inland sowie die Rekapitalisierung der Zentralbank und einer öffentlichen Bank zurückzuführen.

Wegen der noch unabsehbaren Folgen der allgemeinen Preisanstiege, vor allem im Lebensmittel- und Energiebereich infolge der russischen Aggression gegen die Ukraine, ist die zunächst noch relativ entspannte Situation Malawis fragil. Tatsächlich geht der IWF davon aus, dass schon 2021 der in der obigen Übersicht für 2020 noch unproblematische Verhältnis des Schuldendienstes zu den Exporteinnahmen auf mehr als 40 Prozent steigen und sich dann auf hohem Niveau stabilisieren wird.

Ein zusätzliches Risiko kann der in den Jahren 2023-2027 nachzuzahlende Schuldendienst für 2021 von rund 7 Millionen US-Dollar pro Jahr darstellen. Die Regierung bemüht sich deshalb zurzeit auch um innovative Schuldenerleichterungen wie Schuldenumwandlungen für Entwicklung.

Politische Empfehlungen

Wegen des relativ hohen Gewichts der inländischen Schulden sind die Spielräume zur Entlastung des Landes über externe Schuldenerleichterungen begrenzt. Auch kleinere Entlastungsmaßnahmen wie Schuldenumwandlungen zugunsten der Ernährungssicherheit in Malawi sollten deshalb aktiv verfolgt werden.

Stand: August 2022