Guinea

Hat Guinea ein Schuldenproblem?

Guineas Schulden liegen überwiegend unter und nur vereinzelt leicht über den Grenzwerten. Gefahr droht vor allem von einem Einbruch der Nachfrage nach dem Aluminiumerz Bauxit in der ersten Jahreshälfte 2020.

Die wichtigsten Schuldenindikatoren (Stand 2018)

IndikatorAusprägungGrenzwert
Auslandsverschuldung im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (%)16,440
Auslandsverschuldung im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)40,9150
Jährlicher Schuldendienst im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)1,315
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum BIP (%)38,750
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zu den öffentlichen Einnahmen (%)251,0200
Auslandsschuldenstand (US-Dollar)1,699 Mrd.
Schuldendienst: Zinsen und Tilgungen an ausländische Gläubiger (US-Dollar)49,0 Mio.

Erklärung zu den Indikatoren und Grenzwerten

Wer sind die Gläubiger von Guinea?

GUI Gläubigerprofil 2020-04

Erklärung der Schuldenkategorien

 Die gesamten Auslandsschulden eines Landes setzen sich aus den Schulden des öffentlichen Sektors und denen des Privatsektors zusammen. Im Diagramm sind öffentliche Schulden mit Vollfarben und private Auslandsschulden schraffiert dargestellt.

Bei den öffentlichen Schulden werden drei Gläubigergruppen unterschieden, nämlich multilaterale öffentliche Gläubiger – das sind vor allem Entwicklungsbanken und der IWF -, bilaterale öffentliche Gläubiger – das sind andere Regierungen – und private Gläubiger.

Bei den beiden öffentlichen Gläubigerkategorien unterscheiden wir zudem nach konzessionären, also zinsgünstigen Krediten zu Entwicklungshilfebedingungen, und Krediten zu Marktbedingungen („nicht-konzessionäre“).

Bei den öffentlichen Schulden bei privaten Gläubigern unterscheiden wir die beiden Hauptinstrumente, nämlich Bankkredite und Anleihen. Diese beiden Instrumente unterscheiden wir auch bei den Auslandsschulden des Privatsektors.

Nur der guineische Staat ist im Ausland verschuldet, nicht die Bürger*innen und Unternehmen des Landes. Wie häufig bei Niedrigeinkommensländern zu beobachten, besteht der größte Teil der Auslandsschulden aus zinsgünstigen Entwicklungshilfe-Krediten. Dabei sind die multilateralen Geber deutlich wichtiger als die bilateralen.

Von den bilateralen Forderungen an Guinea entfallen mehr als zwei Drittel auf die Mitglieder des Pariser Clubs. Allerdings betrachtet dieser rund 200 Millionen US-Dollar seiner Forderungen als Handelskredite; die Weltbank gibt nur 5 Millionen US-Dollar an Handelsforderungen an. Deutschland hält seit der Entschuldung unter der multilateralen HIPC-Initiative keine Forderungen mehr an Guinea. Die nicht auf den Pariser Club entfallenden bilateralen Schulden dürften vollständig auf das Konto Chinas gehen, welches von 2000 bis 2017 Auszahlungen in Höhe von 646 Millionen US-Dollar getätigt hat, zuletzt eine 20 Milliarden-US-Dollar-Kreditlinie zum Infrastrukturausbau im Zusammenhang mit der Ausbeutung der guineischen Bauxit-Vorkommen im Jahr 2017. Wieviel insgesamt bereits von China aus- und an China zurückgezahlt wurde, ist nicht bekannt. Auch im Hinblick auf China könnte die Weltbank-Einstufung als konzessionäre Schulden, wie schon beim Pariser Club, zu optimistisch sein.

Trend

Seit die multilaterale HIPC/MDRI-Initiative 2012 die Auslandsschulden des Landes mehr als halbiert hat, sind die Schuldenindikatoren stabil.

Bisherige Schuldenerleichterungen für Guinea

Guinea erreichte schon 2000 den Decision Point, aber erst 2012 den Completion Point der multilateralen HIPC/MDRI-Initiative. Grund dafür waren grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten zwischen der vor 2012 amtierenden Regierung und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über den wirtschaftspolitischen Kurs des Landes.

Im Pariser Club hat Guinea insgesamt neunmal verhandelt. Von der ersten nicht-konzessionären Umschuldung 1986 bis zur abschließenden Regelung unter HIPC 2012 wurden die Erlassmöglichkeiten dabei schrittweise immer weiter ausgeweitet. Erst 2012 kann aber von einer wirksamen Entlastung und dem bislang gut umgesetzten wirtschaftlichen Neuanfang gesprochen werden.

2015 kam Guinea zusammen mit seinen Nachbarn Liberia und Sierra Leone in den Genuss von Zuschüssen des IWF aus dem eigens dazu geschaffenen Krisen-Treuhandfonds für Länder in Katastrophensituationen. Die Auszahlung von rund 30 Millionen US-Dollar aus dem neuen Treuhandfonds sollte laufenden Schuldendienst an den IWF abdecken, um damit Mittel im Land für die Ebola-Bekämpfung frei zu machen.

China hat Guinea 2005 rund 45 Millionen US-Dollar und 2007 weitere 4 Millionen US-Dollar erlassen.

Aktuelle Risiken für die Schuldentragfähigkeit

Seit 2015 hat das Land auf Druck des IWF deutliche Einsparungen im öffentlichen Haushalt vorgenommen, durch die es gelungen ist, die öffentlichen Schulden unter Kontrolle zu behalten. Da gleichzeitig die Produktion von Bauxit und einiger landwirtschaftlicher Exportprodukte ausgeweitet werden konnte, sind diese Einsparungen ohne größere soziale Folgen geblieben. Den wirtschaftlichen Einbruch durch die Ebola-Epidemie hat Guinea hinter sich gelassen, seit es am 01. Juni 2016 offiziell für ebolafrei erklärt wurde.

Seine Erfahrungen mit der Seuchenbekämpfung scheinen dem Land auch 2020 zugute zu kommen. Bis zum 09.04.2020 gab es 164 registrierte COVID-19-Fälle, aber keine Toten.

Gegenüber den Folgen des Klimawandels ist Guinea nicht überdurchschnittlich exponiert.

Im Hinblick auf mögliche externe Schocks durch weitere Ebola-Fälle, politische Unruhen und Einbrüche beim Preis für das Hauptexportgut Bauxit bescheinigt der IWF Guinea ein „mittleres“ Überschuldungsrisiko.

Politische Empfehlungen

Aktuell sind sowohl die Schuldenindikatoren als auch der bisherige Verlauf der COVID-19-Pandemie günstig für Guinea. Allerdings könnte die außenwirtschaftliche Stabilität durch den zwischenzeitlichen Einbruch der chinesischen Nachfrage nach Bauxit/Aluminium leicht aus dem Gleichgewicht gebracht werden.

 

Stand: April 2020

 

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