Dominikanische Republik

Hat die Dominikanische Republik ein Schuldenproblem?

Die Dominikanische Republik ist durch den Corona-bedingten Einbruch des Tourismus hart getroffen worden. Weitere Schocks, wie der Anstieg der weltweiten Zinssätze zwecks Bekämpfung der durch den russischen Krieg gegen die Ukraine ausgelösten Inflation, können die Situation weiter verschärfen. Die Regierung sollte zeitnah eine Umschuldung mit ihren wichtigsten Gläubigergruppen anstreben.

Die wichtigsten Schuldenindikatoren (Stand 2020)

IndikatorAusprägungGrenzwert
Auslandsverschuldung im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (%)59,340
Auslandsverschuldung im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)299,9150
Jährlicher Schuldendienst im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)45,015
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum BIP (%)71,149
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zu den öffentlichen Einnahmen (%)500,7200
Auslandsschuldenstand (US-Dollar)44,667 Mrd.
Schuldendienst: Zinsen und Tilgungen an ausländische Gläubiger (US-Dollar)6,669 Mrd.

Erklärung zu den Indikatoren und Grenzwerten

Wer sind die Gläubiger der Dominikanischen Republik?

Erklärung der Schuldenkategorien

Die gesamten Auslandsschulden eines Landes setzen sich aus den Schulden des öffentlichen Sektors und denen des Privatsektors zusammen. Im Diagramm sind öffentliche Schulden mit Vollfarben und private Auslandsschulden schraffiert dargestellt.

Bei den öffentlichen Schulden werden drei Gläubigergruppen unterschieden, nämlich multilaterale öffentliche Gläubiger – das sind vor allem Entwicklungsbanken und der IWF -, bilaterale öffentliche Gläubiger – das sind andere Regierungen – und private Gläubiger.

Bei den beiden öffentlichen Gläubigerkategorien unterscheiden wir zudem nach konzessionären, also zinsgünstigen Krediten zu Entwicklungshilfebedingungen, und Krediten zu Marktbedingungen („nicht-konzessionäre“).

Bei den öffentlichen Schulden bei privaten Gläubigern unterscheiden wir die beiden Hauptinstrumente, nämlich Bankkredite und Anleihen. Diese beiden Instrumente unterscheiden wir auch bei den Auslandsschulden des Privatsektors.

Mehr als drei Viertel der Auslandsschulden der Dominikanischen Republik entfallen auf private Gläubiger, davon der deutlich größere Teil auf den Staat als Schuldner. Dieser ist hauptsächlich am Anleihemarkt verschuldet, während private Unternehmen und Banken sich eher bei ausländischen Banken verschulden.

Unter den öffentlichen Gläubigern sind die multilateralen deutlich wichtiger als die bilateralen. Konzessionäre Kredite spielen sowohl bei bilateralen wie auch multilateralen Gläubigern fast keine Rolle.

Bedeutendster multilateraler Gläubiger ist die Interamerikanische Entwicklungsbank (IDB) mit Forderungen von mehr als 4 Milliarden US-Dollar. Die Weltbank folgt mit 1,2 Milliarden US-Dollar und der Internationale Währungsfonds (IWF) mit etwas weniger als 1 Milliarde US-Dollar. Kleinere regionale und europäische multilaterale Institute folgen mit niedrigen zwei- und dreistelligen Millionenbeträgen. Die IDB ist mit 79 Millionen US-Dollar auch der einzige nennenswerte multilaterale Geber konzessionärer Kredite.

Unter den bilateralen Gebern ragt Frankreich mit 573 Millionen US-Dollar Handelsforderungen und 161 Millionen US-Dollar aus der Entwicklungszusammenarbeit heraus. Spanien, Venezuela, Deutschland und Japan folgen mit großem Abstand. China ist kein bedeutender Gläubiger der Dominikanischen Republik.

Wie in einigen anderen Ländern stimmen auch in der Dominikanischen Republik die Angaben der Weltbank mit denen der im Pariser Club organisierten Gläubigerstaaten nicht immer überein. Während die Weltbank für Deutschland 5 Millionen US-Dollar aus der Entwicklungszusammenarbeit und Handelsforderungen von 27 Millionen US-Dollar ausweist, gibt das Bundesfinanzministerium selbst 20 Millionen Euro aus der Finanziellen Entwicklungszusammenarbeit und überhaupt keine Handelsforderungen an.

Wichtigste Gläubigerkategorie für den dominikanischen Staat sind indes die Inhaber dominikanischer Staatsanleihen. Ihr Anteil ist auch im Zeitvergleich am stärksten gestiegen.

Der dominikanische Privatsektor ist hauptsächlich bei ausländischen Banken verschuldet.

Trend

Von 2018 bis 2020 sind die Schulden der Dominikanischen Republik um rund 30 Prozent angestiegen. Da allein im Jahr 2020 die stark vom Tourismus abhängige Wirtschaftsleistung um mehr als 10 Prozent eingebrochen ist, sind die Indikatoren allesamt dramatisch gestiegen. Entsprechend ist die Bewertung der Schuldensituation im Schuldenreport 2022 auf die höchste Kategorie „sehr kritisch“ gestiegen.

Bisherige Schuldenerleichterungen für die Dominikanische Republik

Die Dominikanische Republik hat bisher viermal im Pariser Club mit ihren öffentlichen Gläubigern verhandelt. Nur einmal (2001) wurde eine Umschuldung mit leicht vergünstigten Bedingungen gewährt (Houston Terms), während die anderen Umschuldungen zu Classic Terms, also als reine Verlagerung existierender Zahlungsverpflichtungen in die Zukunft, erfolgten; zuletzt 2004 und 2005.

Für die multilaterale Entschuldungsinitiative für hoch verschuldete arme Staaten (Heavily Indebted Poor Countries, HIPC) sowie die Moratoriumsinitiative der G20 (DSSI) zur Bewältigung der Corona-Pandemie war die Dominikanische Republik als Mitteleinkommensland nicht qualifiziert.

1994 profitierte die Dominikanische Republik von einer Umwandlung ihrer Bankenschulden in Anleihen im Rahmen des Brady-Plans. Dabei wurde der Nennwert der Schulden reduziert. 2005 wurden auch existierende Anleihen umgetauscht, allerdings ohne ein Erlasselement.

Aktuelle Risiken für die Schuldentragfähigkeit

Die Dominikanische Republik ist hauptsächlich bei multilateralen Gläubigern und bei Anleihezeichnern verschuldet. Gerade dies sind die am schwierigsten zu restrukturierenden Schulden. Die Multilateralen – namentlich IDB, Weltbank und IWF – betrachten sich als außerhalb aller Umschuldungsprozesse stehend. Anleihezeichner sollten sich an eventuellen Umschuldungen unter dem Common Framework der G20 beteiligen, haben die wiederholten Aufrufe von G20-Regierungen, Schuldnerländern sowie den Spitzen von Weltbank und IWF aber schlicht ignoriert. Dadurch besteht für die Dominikanische Republik die akute Gefahr eines ungeregelten Zahlungsausfalls.

Infolge der von der US-amerikanischen und der Europäischen Zentralbank gerade eingeleiteten Zinserhöhungen, könnte sich diese Gefahr weiter dramatisch verschärfen, da der laufende Schuldendienst an ausländische Gläubiger schon 2020, als die Zinsen noch sehr niedrig waren, mehr als 45 Prozent aller Hartwährungseinnahmen absorbierte. Mit jeder notwendig werdenden Refinanzierung einer fälligen Anleihe wird diese Belastung tendenziell weiter steigen.

Eine zusätzliche Gefahr können tropische Wirbelstürme darstellen. Für die Hurrikan-Saison 2022 rechnen Klimatolog*innen mit einer überdurchschnittlichen Sturmtätigkeit aufgrund des Klimawandels.

Politische Empfehlungen

Die dominikanische Regierung sollte der Versuchung widerstehen, auf eine wundersame Entspannung der Schuldensituation durch ein Wiederanspringen des globalen Tourismus zu hoffen, da eine neuerliche dramatische Corona-Welle mit den entsprechenden Folgen für den globalen Ferienverkehr nicht ausgeschlossen werden kann. Stattdessen sollte sie sich um eine zeitige Umschuldung ihrer Verbindlichkeiten gegenüber den Anleihezeichnern bemühen. Erfahrungsgemäß sind Umschuldungen vor dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit für beide Seiten – Schuldner wie Gläubiger – weniger schmerzhaft, als solche, die erst nach einer Staatspleite erfolgen.

Stand: Juni 2022

Förderhinweis

OSF

gefördert durch einen Zuschuss der Open Society Foundations