Angola

Hat Angola ein Schuldenproblem?

Angolas Schuldenindikatoren liegen fast durchweg in kritischen Bereichen und weisen allesamt eine ansteigende Tendenz auf. Dazu kommt, dass das Land von einem einzigen Exportprodukt (Rohöl) und einem einzigen bilateralen Gläubiger (China) extrem abhängig ist.

Während das Land zunächst von den gestiegenen Ölpreisen infolge des Kriegs in Europa profitiert, wird ein großer Teil dieser sogenannten Windfall-Gewinne durch die Nachzahlung auf die Schuldendiensterleichterungen der G20 (Schuldenmoratorium DSSI) wieder aufgezehrt.

Die wichtigsten Schuldenindikatoren (Stand Ende 2020)

IndikatorAusprägungGrenzwert
Auslandsverschuldung im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen (%)117,240
Auslandsverschuldung im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)312,4150
Jährlicher Schuldendienst im Verhältnis zu den jährlichen Exporteinnahmen (%)39,215
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum BIP (%)135,150
Öffentliche Verschuldung im Verhältnis zu den öffentlichen Einnahmen (%)*643,3200
Auslandsschuldenstand (US-Dollar)67,269 Mrd.
Schuldendienst: Zinsen und Tilgungen an ausländische Gläubiger (US-Dollar)8,457 Mrd.

Erklärung zu den Indikatoren und Grenzwerten

Wer sind die Gläubiger von Angola?

Erklärung der Schuldenkategorien

 Die gesamten Auslandsschulden eines Landes setzen sich aus den Schulden des öffentlichen Sektors und denen des Privatsektors zusammen. Im Diagramm sind öffentliche Schulden mit Vollfarben und private Auslandsschulden schraffiert dargestellt.

Bei den öffentlichen Schulden werden drei Gläubigergruppen unterschieden, nämlich multilaterale öffentliche Gläubiger – das sind vor allem Entwicklungsbanken und der IWF -, bilaterale öffentliche Gläubiger – das sind andere Regierungen – und private Gläubiger.

Bei den beiden öffentlichen Gläubigerkategorien unterscheiden wir zudem nach konzessionären, also zinsgünstigen Krediten zu Entwicklungshilfebedingungen, und Krediten zu Marktbedingungen („nicht-konzessionäre“).

Bei den öffentlichen Schulden bei privaten Gläubigern unterscheiden wir die beiden Hauptinstrumente, nämlich Bankkredite und Anleihen. Diese beiden Instrumente unterscheiden wir auch bei den Auslandsschulden des Privatsektors.

Mehr als drei Viertel der Auslandsschulden entfallen auf den angolanischen Staat. Davon rund 25 Milliarden US-Dollar auf Privatgläubiger und mehr als 21 Milliarden auf öffentliche Gläubiger, ganz überwiegend Bilaterale. Schulden bei den Multilateralen Entwicklungsbanken (außer dem Internationalen Währungsfonds (IWF)) spielen eine für afrikanische Verhältnisse vergleichsweise geringe Rolle.

Mit fast 17 Milliarden US-Dollar nicht-konzessionärer Forderungen ist China der mit Abstand wichtigste Gläubiger. Danach folgen Japan, Südafrika und Spanien mit jeweils deutlich weniger als einer Milliarde US-Dollar. Größere Gläubiger der finanziellen Entwicklungszusammenarbeit sind mit Forderungen über 100 Millionen US-Dollar Portugal, Japan und Südkorea.

Die meisten Bankforderungen an den angolanischen Staat halten ebenfalls Institute aus China, gefolgt von solchen (mit mehr als 1 Milliarde US-Dollar Forderungen) aus Großbritannien, Israel und Irland.

Die Bundesrepublik hatte 1990 rund 130 Millionen DM Forderungen der Ex-DDR an Angola “geerbt”. Diese waren bis 2001 durch Verzugszinsen wegen u.a. kriegsbedingter Nichtbedienung bis 2001 nach Berechnung der Bundesregierung auf 423 Millionen DM angewachsen. 2003 wurden 262 Millionen DM (damals bereits 131 Millionen Euro) erlassen; der Rest wurde offenbar beglichen. Bemerkenswert ist, dass dies gänzlich außerhalb einer Pariser Club-Regelung geschah. Entsprechend hat Deutschland heute keine Forderungen mehr an Angola.

Unter den multilateralen Gläubigern sind mit jeweils rund 1,3 Milliarden US-Dollar die Weltbank und die Afrikanische Entwicklungsbank die wichtigsten Gläubiger. Konzessionäre Kredite kamen in nennenswertem Umfang nur von der Internationalen Entwicklungsorganisation IDA (518 Millionen US-Dollar). Dazu kommen rund 4 Milliarden US-Dollar Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem IWF aus einem 2018 vereinbarten Beistandsabkommen, welches Ende 2021 ausgelaufen ist und ab 2024 Angola mit jeweils mehr als 500 Millionen US-Dollar belasten werden.

Trend

Von 2018 bis 2020 haben sich alle fünf Indikatoren für die inländische wie die ausländische Verschuldung dramatisch verschlechtert. Der Indikator zum laufenden Schuldendienst ist wegen der in diesem Zeitraum relativ niedrigen globalen Zinsen nicht ganz so stark gestiegen wie die auf die Schuldenstände bezogenen Indikatoren mit Anstiegen von bis zu 100 Prozent in nur zwei Jahren.

Bisherige Schuldenerleichterungen für Angola

Im Pariser Club hat Angola bislang erst einmal verhandelt, nämlich 1989 mit dem Ergebnis einer Restrukturierung von 446 Millionen US-Dollar unter Classic Terms. Das Abkommen ist inzwischen in Gänze abbezahlt. Mit der Bundesregierung gab es darüber hinaus eine Sonderregelung für die Ex-DDR-Forderungen (s.o.).

2007 hat China erstmals Forderungen an Angola in Höhe von rund 6,5 Millionen US-Dollar erlassen. 2015 restrukturierte China mit 21,3 Milliarden US-Dollar praktisch seinen gesamten Forderungsbestand an Angola. Das Erlasselement dieser Operation ist nicht bekannt. Weitere Verhandlungen über eine nochmalige Umschuldung wurden 2018 aufgenommen, aber bis dato noch zu keinem Ergebnis geführt.

Wegen seiner besonderen Betroffenheit durch den Einbruch der Ölpreise nahmen die G20 Angola mit einem etwas trickreichen Zuschnitt der begünstigten Ländergruppe (alle Least Developed Countries wurden zugelassen, aber Angola war das einzige, das nicht auch schon durch seinen IDA- oder SIDS-Status qualifiziert war) Zugang zur Debt Service Suspension Initiative (DSSI) der G20. Dadurch konnte Angola 2020 571 Millionen US-Dollar und 2021 2,9 Milliarden US-Dollar an Schuldendienst gegenüber seinen G20- und Pariser-Club-Gläubigern einsparen. Allerdings müssen diese Beträge nach den G20-Regularien in der Zeit von 2023 bis 2027 in fünf gleichgroßen Tranchen nachgezahlt werden – und zwar verzinst.

2020 gelang der Regierung eine mehr als 6 Milliarden US-Dollar umfassende Schuldenrestrukturierung mit den chinesischen Banken CDB und ExIm, die sich aber noch nicht in den oben angegeben Indikatoren niederschlägt. Sie gehen über das Moratorium der G20 hinaus.

Aktuelle Risiken für die Schuldentragfähigkeit

Die infolge der DSSI jährlich fälligen mehr als 700 Millionen US-Dollar stellen sicherlich ein großes Risiko für die Zahlungsfähigkeit des Landes dar – da sie ja bislang nicht budgetiert wurden, und die eingesparten Beträge in 2020 und 2021 ausdrücklich für die Pandemiebekämpfung verauslagt und nicht etwa für den späteren Schuldendienst gespart werden sollten. Auch ihre durchschnittliche Verzinsung zum ursprünglichen Zinssatz dürfte relativ hoch sein, da Angola nur geringe Schulden aus der zinsgünstigen Entwicklungszusammenarbeit aufweist.

Diese zusätzliche Belastung wird allerdings teilweise dadurch aufgefangen, dass Angola von den durch den Ukraine-Krieg deutlich gestiegenen Weltmarktpreisen für seine Energieexporte profitiert. Die Ratingagentur Fitch hat vor diesem Hintergrund Anfang 2020 das Rating des Landes wieder leicht hochgestuft (auf B-).

Verkompliziert wird die Situation dadurch, dass China als wichtigster bilateraler Gläubiger sich Zugriffsrechte auf angolanisches Öl gesichert hat, deren Details nicht bekannt sind.

Politische Empfehlungen

Angola leidet unter seiner hohen Abhängigkeit von einem einzigen Exportgut. Zusätzliche verfügbare Ressourcen infolge der erhöhten Ölpreise sollten vor allem der Diversifizierung der Wirtschaft zugutekommen.

Dringend notwendig ist darüber hinaus ein höheres Maß an Schuldentransparenz, um die enorme Abhängigkeit vom größten Kreditgeber China zunächst verstehbar zu machen und dann durch eine weitere Diversifizierung der Finanzquellen zu reduzieren.

 

 

Stand: Stand April 2022