Amnestie fuer einen der Hauptverantwortlichen der Schuldenkrise in Ecuador

Waehrend die Auditoria-Kommission mehr oder weniger aufmerksam einigen Rechtsgelehrten ueber generelle Fragen der Illegitimitaet lauscht, ist die von der Mehrheit der Verfassungsgebenden Versammlung beschlossene Amnestie fuer den Ex-Praesidenten Noboa der Talk of the Town. Gegen den heftigen Widerstand ihres aus diesem Grunde zurueckgetretenen Vorsitzenden Alberto Acosta hatte die Versammlung auf Initiative von Praesident Correa beschlossen, Noboa zu amnestieren.

Fuer die Kommission und die Glaubwuerdigkeit des ganzen Unternehmens “Aufarbeitung der juengeren Finanzgeschichte Ecuadors” ist die Amnestie ein herber Rueckschlag. Noboa wurde, wie Alberto vor der Versammlung ueberzeugend dargelegt hat, eine entscheidende Rolle bei der fuer Ecuador sehr nachteiligen Umwandlung der alten “Brady-” in neue, hoeher verzinste “Global-Bonds” zur Last gelegt. Einige nationale Inhaber dieser staatlichen Schuldverschreibungen haben an diesem Manoever auf Kosten den ecuadorianischen Steuerzahlers wirklich gut verdient.

Unsere Aufgabe, auslaendische Profiteure windiger Finanzierungen Ecuadors zu identifizieren, und ihre weiter bestehenden Ansprueche an den Ecuadorianischen Staat in Frage zu stellen, ist durch dieses Manoever nicht einfacher geworden.

Ecuador-Tagebuch, die zweite: Erster Ministerwechsel, bevor ich überhaupt da bin

Das ist selbst für Ecuador ein Rekord, dessen Minister in einem Tempo und mit einer Unvohersehbarkeit wechseln, bei der selbst die Italiener noch was lernen können. Ein kurzer Blick ins Internet beim Zwischenstopp in Atlanta, und es zeigt sich, dass Finanzminister Fausto Òrtiz heute abgelöst und durch Wilma Salgado ersetzt wurde.

Dieser Wechsel ist für die die Arbeit in der Kommission schon deshalb besonders wichtig, weil sie im Finanzministerium angesiedelt ist, und die Beziehung zu Fausto nie besonders harmonisch war (höflich ausgedrückt).

Wilma ist eine (weitere) Jubileo-Aktivistin, Wirtschaftsprofessorin mit einem in den letzten Jahren ebenfalls sehr bewegten Lebenslauf. Sie war Leiterin der staatlichen Pensionskassen, musste von dem Amt aber zurücktreten als ihre Versuche, den ziemlich korrupten Laden aufzuräumen, wiederum mit Korruptionsvorwürfen gegen sie beantwortet wurden. Als Mitglied des Andinen Parlaments geniesst sie allerdings Immunität.

Einige ej-Aktive kennen sie vielleicht noch von Delegationsbesuchen in Europa oder dem FTAP-Vernetzungstreffen 2002 in Guayaquil.

Liberia: Der IWF als Kredithai

Alle Länder, die unter den Multilateralen Entschuldungsinitiativen entlastet werden, müssen sich verpflichten, sich künftig gar nicht, oder wenn, dann nur zu konzessionären Bedingungen neu im Ausland zu verschulden. Wer unter den ärmsten Ländern teure, marktmäßige Kredite aufnimmt, die die Weltbank (mit einiger Berechtigung) für untragbar hält, muss mit scharfen Sanktionen durch seine Multilateralen Geldgeber rechnen. Mit solchen straffen Regeln hoffen Weltbank und Währungsfonds das baldige Ausbrechen neuer Zahlungsschwierigkeiten in den entschuldeten Ländern zu verhindern.

Nur für sie selbst gelten andere Regeln.

So greift der IWF, wie er in einem Communiqué am 14.3. mitteilte, dem verarmten und kriegszerstörten Liberia mit Neukrediten in Höhe von 952 Mio US-$ unter die Arme. Davon kommen aber nur 391 Mio aus der “Poverty Reduction and Growth Facility” (PRGF). Diese Kredite laufen sehr lange und erheben einen Zinssatz von nur 0,5%. Der größere Teil – 561 Mio US-$ – kommt aus der “Erweiterten Fonds Fazilität” (EFF). Deren Kredite werden zu Marktkonditionen vergeben. Der IWF macht keine Angaben über die genauen Zinssätze und Laufzeiten. Diese liegen aber mit Sicherheit in einem Bereich, für den Liberia von Weltbank und IWF bestraft würde, wenn es entsprechende Kredite auf dem Kapitalmarkt aufnähme. Zumal die neuen Finanzierungen aus Washington den nach der Entschuldung noch verbliebenen Altschuldenbestand glatt wieder verdoppeln.

Diese seltsame Widersprüchlichkeit zwischen dem IWF als Gutachter und dem IWF als Kreditgeber wäre weniger skandalös, wenn nicht bekannt wäre, dass der Fonds händeringend auf der Suche nach Kunden für seine kommerziellen Kreditangebote ist. In Zeiten, da, bis auf die Türkei, fast alle großen IWF Kreditnehmer ihre Schulden pünktlich oder gar vorzeitig zurückgezahlt haben, hat man in Westafrika offenbar einen Kunden gefunden, der sich nicht wehren konnte.

Auch Weltbank und IWF begeistern sich für Debt Audits: in Liberia

Im Zuge der Regelung von Liberias Auslandsverbindlichkeiten unterstützte der IWF die Beschäftigung eines unabhängigen externen Buchprüfers. Dieser bekam die Aufgabe, den Bestand der internen Schulden Liberias zu untersuchen. Und siehe da: von den rund 900 Mio US-$, welche interne Gläubiger von der Regierung forderten, wurde nur etwa ein Drittel für “rechtmäßig” befunden; ein weiteres Drittel bekam das Etikett “zweifelhaft”, und das letzte Drittel wurde rundweg zurückgewiesen. (IMF: Liberia: Decision Point Document, pt. 16; February 2008)

Zu fragen ist, warum eine entsprechende Prüfung nicht auch im Blick auf die Auslandsschulden Liberia’s angestellt wurde. Nachdem der IWF und andere Multilaterale Gläubiger unter der MDRI-Initiative auf fast alle ihre Forderungen an Liberia verzichtet haben, hätte eine solche Übung im Blick auf die selbst nach der “vollständigen” Entlastung unter der MDRI immer noch verbleibenden Schulden in Höhe von fast 1,3 Mrd. US-$ zu interessanten Ergebnissen führen können.

Die Waffen des Diktators Mugabe und die Geschäfte der KfW: Drei Fragen

Die Affaire um das mit Waffen für Zimbabwe beladene chinesische Schiff An Yue Jiang wirft nicht nur ein Schlaglicht auf die unappetitliche Unterstützung des Diktators durch China. Interessanter noch ist die Frage nach der offenbar gängigen Geschäftspraxis der IPEX, einer Tochter der öffentlichen deutschen Entwicklungsbank KfW.

erlassjahr.de stellt in diesem Zusammenhang die folgenden Fragen:

Erste Frage: Wieso arbeitet die IPEX mit einer Inkassofirma zusammen?
“Commercial Intelligence” ist eine der zahlreichen Firmen, die sich darauf spezialisieren, die Aktiva armer Länder aufzustöbern, auf die Gläubiger im Zusammenhang mit kommerziellen Forderungen zugreifen könnten. Das ist ein mühsames Geschäft, denn das Eigentum überschuldeter Staaten im Ausland beschränkt sich im allgemeinen auf diplomatische Liegenschaften, auf die ein Zugriff grundsätzlich nicht möglich ist.
Im Zusammenhang mit der Praxis so genannter “Geierfonds” sind diese privaten Akteure zunehmend ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten. In der Regel bedienten sich private Gläubiger solcher Firmen. Formal ist auch die IPEX eine solche private Firma – gleichwohl eine, die sich im Eigentum der öffentlichen KfW befindet, und die sich nach eigenen Angaben den Prinzipien der Nachhaltigkeit verpflichtet weiß. Die Fincial Times Deutschland (FTD vom 23.04.2008) zitiert eine IPEX Sprecherin so: “Damit nehme es nicht nur auf wirtschaftliche und ökologische, sondern auch auf soziale Aspekte Rücksicht”.

Zweite Frage: Warum versucht die IPEX jetzt, ihre Ansprüche durchzusetzen? Zimbabwes Auslandsschulden betrugen bereits Ende 2005 (letzte zur Verfügung stehende Daten) 132% der Brutto Inland Produktes (BIP) und damit mehr als das Dreifache dessen, was Weltbank und IWF für ein noch tragfähiges Schuldenniveau halten. Seither hat sich dieser Indikator vor allem durch den weiteren Rückgang des BIP und die auflaufenden Zinsen auf Zahlungsrückstände weiter verschlechtert – nur weiß niemand um wie viel genau.
Im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wird (richtigerweise) davon ausgegangen, dass Zimbabwe ein Fall für eine weitreichende Schuldenstreichung unter der Multilateralen HIPC-Initiative ist, “wenn der Alte erst mal weg ist” (sprich Dikator Mugabe abgesetzt wurde). Ob die eigentlich geschlossene HIPC-Initiative dann noch mal geöffnet wird, oder es zu einer vergleichbaren Streichung in einem ad-hoc-Verfahren kommt: auf jeden Fall würden bilaterale kommerzielle Forderungen wie die aus dem deutschen Stahlwerkgeschäft in einem solchen Verfahren weitgehend oder vollständig gestrichen. Da wirkt es befremdlich, dass ein überdies indirekt im öffentlichen Besitz befindlicher Gläubiger gerne noch rausholen will, was zu holen ist, so lange – zum Glück – der “Alte” noch da ist.

Dritten Frage: Was wäre denn, wenn zum Beispiel Nahrungsmittel für die unter Armut und Repression leidende Bevölkerung Zimbabwes auf dem Schiff gewesen wären?
Die IPEX hat deutlich gemacht, dass sie sich an den Waffen für den Diktator die Finger nicht schmutzig machen will. Nun ist die Darstellung in vielen Medien an einem Punkt nicht ganz korrekt: Internationales Recht gestattet durchaus den Zugriff auf Werte, die hoheitlichen Zwecken dienen – vorausgesetzt, dass der Kreditnehmer im Kreditvertrag ausdrücklich auf seine souveräne Immunität verzichtet hat. Das wiederum ist seit den achtziger Jahren routinemässig der Fall, in denen Staaten Kredite im Rahmen kommerzieller Transaktionen aufnehmen. Mit Sicherheit enthält auch der Vertrag über das Stahlwerk in Zimbabwe eine entsprechende Klausel. Wäre also tatsächlich Weizen oder – sagen wir – Lieferungen für ein humanitäres Programm einer Nichtregierungsorganisation auf dem Schiff gewesen, hätten die zwielichtigen Geldeintreiber aus Singapur durchaus Werte für die IPEX/KfW sistieren können. Die in der FTD zitierte IPEX-Sprecherin hat ausdrücklich darauf beharrt, dass man keinesfalls das (politische) Interesse gehabt habe, dem Diktator den Zugang zu seinen Mordwerkzeugen zu entziehen. Vielmehr habe man aus “rein kommerziellen” Erwägungen gehandelt. Von daher ist davon auszugehen, dass jede Art von kommerziell verwertbarem Hab und Gut tatsächlich seinen Weg nach Frankfurt statt nach Harare gefunden hätte. Inwiefern diese Art von Inkasso in einem total verarmten Land “soziale Aspekte berücksichtigt”, sollte die KfW durchaus mal öffentlich erklären.

Fazit:
Es ist offenbar höchste Zeit, dass die zuletzt mit einem Fachgespräch in der Weltbank und Anfang Juni mit einer Bundestagsanhörung anlaufende Diskussion über die Illegitimität von Forderungen an manche Diktatoren zu praktischen politischen Schritten führt. Umso wichtiger ist es, dass diese Diskussion auch in der Öffentlichkeit geführt wird. Unterstützen Sie deshalb jetzt die Kampagne für eine Parlamentariererklärung!

Russland erlässt Libyen Schulden

Russland hat Libyen Schulden in Höhe von 4,5 Milliarden US-Dollar erlassen. Bei diesen Schulden aus der Sowjet-Zeit soll es sich um Ausstände “rein militärischer” Art gehandelt haben, so der russische Finanzminister Alexej Kudrin.  Im Gegenzug haben russische Firmen Millarden-Verträge mit Libyen erhalten. Diese sollen sowohl Rüstungs- und Ölgeschäfte als auch den Bau einer 500 Kilometer langen Eisenbahnstrecke zwischen Syrte und Benghasi beinhalten. Die Abschreibung der Schulden werde endgültig vollzogen, nachdem Libyen die geschlossenen Verträge mit den russischen Unternehmen bezahlt habe, hies es aus russischen Regierungskreisen.

Pariser Club erlässt Liberia 254 Millionen Dollar Schulden

Wie erwartet hat der Pariser Club beschlossen dem afrikanischen Land Liberia einen Teil seiner Schulden zu erlassen. 254 Millionen US-Dollar wurden erlassen, welche nun in Programme zur Armutsreduzierung in Liberia fliessen sollen. Der Pariser Club reagiert damit auf die Ankündigung des Internationalen Währungsfonds Liberia wieder als reguläres Mitglied aufzunehmen. Zudem hatte Liberia im März den Decision Point im Rahmen der HIPC Initiative erreicht. Gleichzeitig hat die US-Regierung angekündigt Liberias komplette bilaterale Schulden in Höhe von 430 Millionen US-Dollar zu erlassen. Die USA wollen so den wirtschaftlichen und politischen Wandel des Landes unterstützen, der unter der Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf eingeleitet worden ist.

Liberia wieder reguläres Mitglied des IWF

Der internationale Währungsfonds (IWF) hat Liberia nach 20 Jahren wieder in den Kreis seiner regulären Mitglieder aufgenommen. Vorausgegangen war eine Finanzierung in Höhe von 900 Millionen US-Dollar, die der IWF Liberia zur Verfügung gestellt hat, die das Land nun nutzen kann um seine Zahlungsrückstände beim Fonds zu bezahlen. Das ganze letzte Jahr hindurch war die Aufnahme des Landes in die HIPC-Initiative an bürokratischen Hürden innerhalb des IWF beim Abbau der seit zwanzig Jahren uneintreibbaren  Rückstände des westafrikanischen Landes gescheitert. Ein Teil der 900 Millionen Dollar sollen auch für Programme zur Armutsreduzierung und für wirtschaftlichen Wachstum eingesetzt werden.

Pariser Klub erlässt Montenegro Schulden

Die USA haben mit Montenegro eine Vereinbarung über den Erlass von zwei Dritteln der Schulden des Landes gegenüber den Gläubigerländern des Pariser Klubs getroffen. Die Schulden des Balkanstaates gegenüber dem Pariser Klub belaufen sich auf 35 Millionen US-Dollar. Es handelt sich dabei hauptsächlich um Schulden des nicht mehr bestehenden Staates Jugoslawien aus der Zeit Titos.

Dieses Abkommen ist das vierte seiner Art, welches Montenegro seit der Erlangung seiner Unabhängigkeit mit den Mitgliedern des Pariser Klubs unterzeichnet hat. Vorher waren bereits entsprechende Vereinbarungen mit Italien, Österreich und Deutschland getroffen worden.

Ecuador Tagebuch: Dienstag 12.2.08: Neue Herausforderungen Japan und Israel

Entgegen unseren Erfahrungen beim letzten Mal, beginnt das Treffen der Unterkommission super-pünktlich um 9 Uhr. Drei Kommissionsmitglieder (Karina Saenz von der Universität Cuenca, Gail und ich), und unsere vier Mitarbeiter/innen planen den Morgen über, welches Dokumente wir noch brauchen, und wer sie wie wann und auf welchem Wege beschafft. Die spannendsten noch nicht bearbeiteten Gläubiger sind Japan und Israel, und ich werde einen Teil der japanischen Verträge heute abend als Bettlektüre genießen.

Nachmittags schlägt das bürokratische Imperium dann zurück: Damit wir morgen die Archive der Zentralbank durchsuchen dürfen, brauchen wir einen Hausausweis. Also fährt die Kommission quer durch die Stadt zur Zentralbank, wartet 45 Minuten in einem Büro auf einen freundlichen Herrn, der in weiteren 45 Minuten nichts anderes tut, als von uns allen ein Foto zu machen, und es in einen künstlerisch sehr hübsch gestalteten Hausausweis einzuschweissen. Keine weiteren Fragen.

Nun eilt dem Archiv der Zentralbank der Ruf einer besseren Müllkippe voraus. Kollegen aus der Kommission haben sich schon in bösen Briefen an die ecuadorianische Regierung beschwert, das man dort absolut nichts findet. Mir wurde immerhin eine Umzugskiste mit der Aufschrift “Hermes Alemania” in Aussicht gestellt. Ich bin sehr gespannt. Aber vor diesem Hintergrund hätte man die Sicherheit vielleicht doch etwas unaufwändiger handhaben können.