IWF reformiert Quoten

Der internationale Währungsfonds (IWF) plant auf seiner Frühjahrstagung am 11./12. April in Washington eine Quoten- und Stimmrechtsreform zu  beschließen. Die vom 24-köpfigen IWF-Vorstand vorgeschlagene neue Quotenformel sieht allerdings nur geringe Änderungen vor und benachteiligt weiterhin die Entwicklungsländer.  Ihr Stimmenanteil soll von bislang 40,5 auf 42% steigen und der der Industrieländer von 59,5 auf 58% fallen. Die ohnehin geringe Steigerung für die Länder des Südens stärkt insbesondere die großen Schwellenländer China, Indien, Südkorea, Mexiko und Brasilien (die teilweise bereits von der außerordentlichen Quotenerhöhung im Herbst 2006 profitiert haben), während andere wie Saudi-Arabien, Ägypten, Russland, Iran und Argentinien an Stimmrechten verlieren.

Die 185 Mitgliedsstaaten des IWF müssen den Reformvorschlag noch mit einer Mehrheit von 85 Prozent verabschieden.

erlassjahr.de bei der UN Generalversammlung zum Thema

Die offizielle Debatte in der UN Generalversammlung am 10.-11. März zum Kapitel “Auslandsverschuldung” des Monterrey Consensus, begann mit einer Podiumsdiskussion mit dem Generalsekretär des Pariser Club, dem Chef der Policy-Abteilung des IWF, Vertretern der Japanischen Entwicklungsbank und der UN Wirtschaftkommission Afrikas sowie Prof. Deepak Nayyar aus Indien.

Die EU vertrat in ihrem Statement die Ansicht, daß mehr Anstrenungen zur verantwortlichen Kreditvergabe nötig seien, insbesondere die Einbeziehung der Nicht-Paris Club Gläubiger. Wie die USA und der IWF forderte auch die EU erfreulicherweise ein entschiedeneres Vorgehen gegen die sogenanten Geierfonds.

Die G77 (Entwicklungsländer) und China treten für die Entwicklung von klaren Prinzipien  für Managenment und Lösung von Finanzkrisen ein, die für eine faire Lastenverteilung zwischen Schuldnerländern und Gläubigern sowie  Investoren sorgen sollen. Sie beriefen sich auf den Beschluß des UN Gipfels von 2005 und mahnten die Einrichtung eines umfassenden Schuldenverfahrens an, das auch die Schulden der Länder mittleren Einkommens mit einbeziehen soll. Freiwillige Code of Conducts hätten sich als nicht ausreichend erwiesen. Die “debts sustainability frameworks” des IWF und der Weltbank sollten auf ihre Wirksamkeit vor allem bei  aussenwirtschaftlichen Shocks überprüft werden, aber auch im Hinblick auf die Erreichung der Millenniumsziele. Die Rio-Gruppe lateinamerikanischer Staaten jedoch äusserten sich zurückhaltender und forderten lediglich ein transparentes Verfahren zur Risiko-Analyse (2001 hatten sie den IWF Vorschlag eines Schuldenverfahrens abgelehnt).

In der anschliessenden Diskussion, konnte auch erlassjahr.de ein Statement zu FTAP abgeben (siehe UN Webpage unter http://www.un.org/esa/ffd/doha/chapter5/index.htm). 200 Kopien des EJ Statements sind von den Delegierten abgegriffen worden. Ein Zusammenschluß mittelamerikanischer Staaten (Caricom) zitierte in den anschliessenden Diskussionen aus dem EJ Statement und trat für die Einrichtung eines Schiedsgerichtsverfahrens ein. Auch Norwegen und der V atikan forderten ein umfassendes und faires Entschuldungsverfahren. Mehrere Länder begrüßten Schuldenumwandlungen, so genannte “Swaps”.

Liberia wieder reguläres Mitglied des IWF

Der internationale Währungsfonds (IWF) hat Liberia nach 20 Jahren wieder in den Kreis seiner regulären Mitglieder aufgenommen. Vorausgegangen war eine Finanzierung in Höhe von 900 Millionen US-Dollar, die der IWF Liberia zur Verfügung gestellt hat, die das Land nun nutzen kann um seine Zahlungsrückstände beim Fonds zu bezahlen. Das ganze letzte Jahr hindurch war die Aufnahme des Landes in die HIPC-Initiative an bürokratischen Hürden innerhalb des IWF beim Abbau der seit zwanzig Jahren uneintreibbaren  Rückstände des westafrikanischen Landes gescheitert. Ein Teil der 900 Millionen Dollar sollen auch für Programme zur Armutsreduzierung und für wirtschaftlichen Wachstum eingesetzt werden.

Studientag Klima und Schulden

Donnerstag hieß es früh aufstehen, denn um kurz nach sieben fuhr meine Bahn nach Hannover. Nicht zur CeBIT, wie viele meiner Mitreisenden im ICE und man darum Glück haben musste noch eine Reservierung zu bekommen, sondern zum Studientag „Schulden und Klima” von erlassjahr. Nach der Mitträgerversammlung im Oktober letzten Jahres bei der Barbara Unmüßig das Klimathema sehr stark betont hatte, wurde nun eine Veranstaltung des Entschuldungsbündnis durchgeführt, um die Schnittpunkte zwischen Klimawandel und Schuldenproblematik herauszukristallisieren. Und – soviel sei bereits vorweg genommen – ich denke dies ist auch gut gelungen. Continue reading “Studientag Klima und Schulden”

Ecuador-Tagebuch: Samstag 23.2. Terminada la Misa

Es ist Samstag Morgen und während ich auf den Flug nach Amsterdam warte, entdecke ich erfreulicherweise im Flughafen ein zwar sehr langsames aber immerhin offenes Netz. Während im Hintergrund der Liveticker vom Spiel Rot-Weiss Essen gegen Borussia Dortmund läuft, kann ich meine letzte Blog-Meldung absetzen. Manchmal hat der technische Fortschritt doch was für sich! Gestern hat die Kommission sich in ihrem letzten Plenum auf Ende Juni vertagt. Es gibt viel zu tun in der Zwischenzeit. Ich bin froh, dass KLM wegen der fünf Kilo Übergepäck dank Kopien aus der Casa de la Moneda keine Zicken gemacht hat. Jedenfalls hoffe ich auf Unterstützung aus der Ecuador-AG bei der Bewältigung des Wusts an Informationen. Danke schon mal an Britta für die Beratung in Sachen Zinseszins/Anatozismus. das Thema ist hier noch nicht abgehakt. Zu meinem nicht geringen Ärger brachte Cesar Sacoto es sogar im Gespäch mit dem Präsidenten noch mal auf den Tisch – obwohl sein Beitrag wirklich nicht von sonderlicher Sachkenntnis getrübt war, und wir es anders besprochen hatten.Zum Abschied scheint über Quito die Sonne – zum ersten Mal seit ich hier bin für länger als eine halbe Stunde. Schon ein bisschen ärgerlich. Ansonsten bin ich aber ziemlich zufrieden mit den 14 Tagen hier – auch wenn ich dadurch ein bisschen den Anschluss an die Arbeit zuhause verloren habe. Ab Montag bin ich wieder im ej-Büro – gerne auch mit mehr Infos zu den Ereignissen hier für alle, die es interessiert. Einen etwas technischeren Bericht für BR und die AG’en kriege ich hoffentlich gleich noch im Flieger fertig. Wenn nur RWE noch ein Ding machen würde….

Ecuador-Tagesbuch: Donnerstag 21.2.: Ein verlassenes Fort Knox

Die Mehrheit der Kommission sass heute in aller Frühe im Flieger nach Montechristi. Das ist ein etwas mythischer Ort für die Ecuadrianer, seit im vorletzten Jahrhundert von dort die liberale Revolution des Generals Àlfaro ausging, die dem Land den ersten Modernisierungsschub nach der spanischen Kolonisierung verpasste. Dort tagt die im letzten Jahr gewählte Verfassungsgebende Versammlung, und eine der Unterkommissionen wollte heute von der CAIC und der Grupo Nacional de Deuda, zu der auch unsere Freunde von Jubileo gehören,  wissen, wie die sich die künftige Ver-und Entschuldungspolitik des Staates vorstellen.

Ich bin in der Zeit mit dreien der Angestellten der Kommission in die Casa de laMoneda gefahren. Das ist das, was man bei uns die “Staatliche Münze” nennen würden, d.h. der Ort, an dem vor der Dollarisierung die Sucres gedruckt und geprägt wurden. Seit der Währungsumstellung hat die Einrichtung ihre Funktion eigentlich verloren, und wirkt entsprechend verlassen – aber noch immer sehr gut bewacht. Nur nach aufwändiger Anmeldung (siehe Blog von letzter Woche) bekamen wir die entsprechenden Ausweise, mit denen wir uns durch zahlreiche Schleusen in einen dunklen Raum bewegen durften, der jede Menge Akten enthält. Er ist – ehrlich gesagt – nicht ganz so grauenhaft organisiert, wie ich an dieser Stelle auch schon mal geschrieben habe. Ein freundlicher Techniker wies uns in die durchaus brauchbare Systematik der Ordner zum Thema Auslandsverschuldung, Weltbank, Pariser Club etc. ein. Und machte für mich allein (die anderen stellten ein dickes Paket für Gail zusammen) ungefähr fünf Kilo Kopien, von denen ich noch nicht weiß, wie ich KLM erklären soll, dass die unbedingt mitmüssen, aber keinesfalls extra bezahlt werden können.

Die spannendsten Stücke haben wir dort leider nicht gefunden – nämlich Unterlagen zur Verhandlungsrunde im Pariser Club von 2000 – als wir selbst mit den französischen,ecuadorainsichen und anderen Kolleg/innen vor dem Tresòre demonstrierten, und die deutsche Delegation hinterher durchblicken ließ, man hätte ja gern mehr für Ecuador getan, aber wenn die selber nicht mehr wollten, dann müssten ja wohl auch wir einsehen, dass man als Gläubiger nichts machen könne. Gefunden haben wir aber – erstmals so lange ich mich mit Schulden beschäftige – die Stellungnahmen zu früheren Verhandlungen von IWF und Weltbank. Deren Gefälligkeitsgutachten waren bei der perversen Konstruktion des Clubs traditionell dazu da, die jeweils gültigen Umschuldungs-Angebote des Clubs als angemessen und jedenfalls total tragfähig hinzustellen.

Eine seltsame Erfahrung dieser Tag. Ursprünglich hatte ich vorgehabt, mit meiner Gastgeberin Gabi Weber hier in Quito in die Berge zu fahren, und mir wenigstens einen Tag mal für Land und Leute zu nehmen. Nun ist Gabi krank geworden, ich selbst wollte wenigstens einmal in die Casa de la Moneda, und überdies regnet es hier auf eine derart ungemütliche Art und Weise, dass ich mich schon wieder auf den ausgefallenen deutschen Winter freue. 

Aber das ist eine andere Geschichte.

Ecuador-Tagebuch Mittwoch 20.2.08 Audienz


Um 8 Uhr war die Kommission zur Audienz beim Präsidenten geladen. Leidlich pünktlich fanden die Kommissionsmitglieder sich auf der wundervollen Plaza Grande vor dem Präsidentenpalast ein. Zwischen Soldaten in lustigen und solchen in weniger lustigen Uniformen wurden wir durch den Palast an den Kabinettstisch geschleust und  – warteten. Rafael Correa liess sich zunächst für zwanzig Minuten entschuldigen, und erschien dann um 9:30 etwa zu der Zeit als die Versammlung eigentlich beendet sein sollte. 

Seine mehrfach geäußerte Entschuldigung war durchaus glaubwürdig: Nach den heftigen Regenfällen der letzten Wochen stehen weite Teile der Küste unter Wasser, und heute morgen hat er den nationalen Notstand ausgerufen – der u.a. den Behörden eine Reihe von rabiaten und durchaus umstrittenen Massnahmen gestattet. Das ging nicht mal eben so. Und nach einer guten Stunde musste er weg, um vor der Presse das Notstands-Dekret zu unterzeichnen. Die Diskussion war aber auch aus seiner Sicht so spannend, dass wir uns auf 13 Uhr vertagten.

Diese eine Stunde hatte es aber durchaus gebracht. Rafael verstand, worum es ging. Sprang auf den Vorschlag, die Umschuldung der privaten Schulden gerichtlich zu verfolgen, an. Und fragte nach Karinas Präsentation unserer Analyse der Pariser Club Forderungen gezielt nach. Den Club mag er genau so wenig wie wir. Großes Thema war allerdings die Umwandlung der Privatschulden in die Brady-Bonds, und später die Global-Bonds. Unsere Kolleg/innen hatten nicht nur Illigetimität, sondern faktische Rechtsverletzungen in diesen Umwandlungsprozessen und ihrer Ko-Finanzierung durch zahlreiche Multilaterale Financiers festgestellt.

In der kurzen Mittagspause wurden wir eingeladen, an einem öffentlichen Acto des Vizepräsidenten Lenin Moreno teilzunehmen. Auf einem der Hauptplätze in der Nähe lief ein buntes Bühnenprogramm mit Clowns, Akrobaten und Musik, und der Vizepräsident forderte die Anwesenden zu Optimismus und gegenseitiger Solidarität auf. Alles sehr hübsch. Rafael Correa feierte aus dem Publikum mit. Dann ging es im Kabinettssaal weiter.

Rafael schaltete sich selbst immer wieder in die Präsentation ein – meistens mit kleinen Anekdoten aus seiner Zeit als Finanzminister, als er den langen Arm von Weltbank und Co. selbst schmerzhaft zu spüren bekommen hatte. An manchen Stellen war er deutlich radikaler als unsere Vorschläge. Um den Vorschlag der juristischen Verfolgung der für die damaligen Umwandlungen Verantwortlichen voran zu bringen, hatte er die beiden juristischen Referenten des Präsidialamts mitgebracht. 

Die Kommission verließ den Palast nach einem landestypischen Essen und einem Familienphoto mit Präsident, auf dem ich wieder mal grauenhaft rüberkomme – nachdem ich schon bei Frau Merkel kein Glück gehabt hatte.

Ecuador-Tagebuch Dienstag, 19.2. Es wird ernst

Den gestrigen Montag haben wir damit verbracht, die Arbeitsergebnisse der verschiedenen Subkommissionen unserem großen Vorsitzenden, dem Koordinationsminister Ricardo Patiño vorzustellen, und mit ihm die Präsentation für den Präsidenten Rafael Correa am Mittwoch morgen um 8:30 vorzubereiten. 

Es zeigte sich, dass die Arbeitsergebnisse durchaus unterschiedlich ausgefallen sind. Am provokantesten war wohl das unsere in der Kommission bilaterale Schulden. Es zeigte sich in den ungefähr 50% aller Verträge, die wir bislang untersucht haben, dass es zwar allerlei kleine Gemeinheiten darin gibt – wie z.B. die Tatsache, dass bei einigen Gläubigerländern grundsätzlich nur die englische Vertragsversion gültig ist, und in manchen überhaupt keine spanische Fassung existiert. Auf Englisch vereinbaren sich z.B.grundsätzlich Dänemark und Japan. Weder dänische noch japanische Fassungen von Verträgen existieren. Solche Dinge sind zwar unschön und sollten in Zukunft keinesfalls mehr vorkommen, aber sie begründen durchaus nicht, dass der entsprechende Vertrag für ungültig und die entsprechende Schuld für uneintreibbar erklärt werden könnte. 

Dieses unser Arbeitsergebnis war für einige Kolleg/innen – darunter auch der Compañero Minister – nicht leicht zu schlucken, und es wurde mit einiger Mühe nach irgendwas gesucht, was trotzdem das Etikett “illegitim” erhalten könnte. Aber wir sind bei unserer Linie geblieben. Mal sehen, was Rafael morgen dazu sagt.

Eine weitere spannende Erfahrung war die Frage nach dem Format der Präsentation. Unsere lateinamerikanischen Freunde gebrauchen nicht selten das Instrument der Powerpoint-Präsentation, um ihren geschriebenen Vortrag in einzelne Folien zu zerhacken, an die Wand zu werfen und dann vorzulesen. Dazu kommt eine gewisse Neigung, Dinge ausführlich darzulegen. Mein Einwand, wir sollten eher den ohnehin ausgesprochen sachkundigen Präsidenten zu Wort kommen lassen, als ihm die Geschichte der ecuadorianischen Verschuldung im Detail auseinanderzusetzen, endete in einer heftigen Debatte, ob 5, 10 oder 15 Minuten pro Vorstellung der Subkommissionen vorgesehen werden sollten. Ich fürchte sehr, der Herr Präsident wird nicht sehr zu Wort kommen.

Dazu kam gestern ein sehr interessantes Treffen mit der Stellvertretenden Finanzministerin über die Finanzierung des ITT/Yasuni-Projekts, für das die Ecuadorianer bis September 700 Mio zusammenbekommen wollen (bzw. nach präsidenziellen Dekret zusammenbekommen müssen). Ich hoffe, dass wir uns darein mit unserer Ecuador AG weiter einklinken können. Es gibt einige interessante neue Ideen dazu.

Ecuador-Tagebuch: Samstag/Sonntag 16. & 17.2.08: Auf dem Land

Unser bisheriges Starprojekt in der bilateralen Kommission war der Staudamm Daule-Peripa nördlich von Guayaquil. Am Wochenende wind wir dorthin gefahren, um uns vor Ort umzusehen. Das Ergebnis war sehr zwiespältig. Die Ingenieure der Regionalentwicklungsgesellschaft CEDEGE zeigten ziemlich überzeugend, dass wir es nicht mit einem weißen Elefanten sondern einem insgesamt recht sinnvollen Mehrzweckprojekt (Trinkwasser, Bewässerung, Stromerzeugung) zu tun haben. Wir sind durch Turbinenräume und Trinkwasserzuleitungen gestiegen – was nicht genau genau der Sinn unsere Besuches, aber doch sehr interessant war. 

Am Sonntag trafen wir uns dann in einer sehr eindrucksvollen Versammlung mit Betroffenen des Staudammbaus: Etwa 70 Personen aus den  umliegenden Dörfern, die sich v.a. über zwei Dinge beschweren: (1) Die beim Staudammbau vorgesehene Entschädigung war ziemlich unangemessen (für uns nicht ganz leicht nachzuvollziehen, da Sucre-Beträge aus den achtziger Jahren genannt wurden. Und die Auszahlung war auch nicht immer ganz astrein. (2) Obwohl sie unmittelbar neben dem Staudamm wohnen, haben sie von dem weder Strom noch Trinkwasser. Das ganze Treffen hatte ein bisschen was von den Mobilisaciones Populares, wie ich sie aus achtziger Jahren in Zentralamerika kannte, mit handgeschrieben Transparenten, die immer mal wieder hochgehalten wurden, und politischen Wortführern, die mit dem Duktus von Pfingstpredigern auftreten (und der entsprechenden Lautstärke – ich bin schon eine Weile nicht mehr so angeschrien worden).

Im Ergebnis haben wir Zweifel, dass es eine weitreichende Verantwortung des Kreditgebers (Italien) für alles gibt, was dort schief läuft, sondern dass es vielmehr um einen Konflikt zwischen lokalen Behörden und mit dem Projekt befassten Firmen und der lokalen Bevölkerung geht. Und wenn einer verantwortlich ist, ist es die Interamerikanische Entwicklungsbank, die den Staudammbau finanziert hat, und nicht die Italiener, die in unser (bilaterales) Mandat fallen. Wir werden nun noch überprüfen, ob bei der Preisgestaltung des von den Italienern finanzierten und gebauten E-Werks die Preis im Rahmen geblieben sind, oder es eine Inflationierung der Kredite zugunsten der italienischen Kontraktnehmer gegeben hat. Wer sich mit Kraftwerksbau in den achtziger und neunziger Jahren auskennt, möge sich bitte bei mir melden. Ansonsten übergeben wir das Projekt an die Kolleg/innen von der Multilateralen Kommission.

Ecuador-Tagebuch: Freitag 15.2. Kleinarbeit

 

Die meisten Unterkommissionen haben Schwierigkeiten, ihre Zwischenberichte rechtzeitig fertig zu stellen. Am Montag soll der Zwischenbericht an den Vorsitzenden der Kommission, Minister Patiño, gehen. (Bislang hat Ricardo Patiño uns noch nicht mit seiner Anwesenheit beehrt). Deswegen werden die Sitzungen nun sehr lang, und wer immer befürchtet haben könnte, der erlassjahr-Koordinator geniesse womöglich die wunderbare Umgebung und die Altstadt von Quito kann spätestens jetzt beruhigt sein. Wir sitzen abwechselnd in einem abgedunkelten Tagungsraum in einem der besseren Hotels und in einer Art Clubraum auf dem Dach des Finanzministeriums. Der ist zwar sehr hübsch, aber mehr als auf die Berge hinaussehen, während die Kollegen recht ausführliche Beiträge leisten, kann man von hier auch nicht.

Heute morgen haben wir den Bericht der Unterkommission “Bilaterale Schulden” vorgestellt, und die daran anschließenden Diskussionen haben den ganzen Freitag Vormittag gefüllt.Wir haben recht provokant festgestellt, dass – anders als bei der Neuverhandlung der Schulden bei den Privatgläubigern in den achtziger und neunziger Jahren – wir keine durchgehende Illegitimität erkennen können. Es gibt in den Verträgen, die wir untersucht haben, einige Klauseln, die deutlich den Gläubigern begünstigen, und auch kleine Gemeinheiten – wie etwa die Tatsache, dass die meisten Verträge nur in ihrer englischen Fassung (sogar die mit Dänemark, da gibt es nicht mal eine dänische Fassung) Rechtskraft haben. Aber auf eindeutige Illegitimität in den Sinne, wie wir sie in unserer AG diskutieren, sind wir bislang nicht gestossen. Einzige Ausnahme unter den europäischen Forderungen könnte allerdings ein Projekt sein, von dem ich am Wochenende berichten werde, da wir morgen früh “auf’s Land fahren”.

Die langen Präsentationen der Zwischenergebnisse aus den Sub-Kommissionen setzen uns besonders am Nachmittag sehr zu. Während auf die Leinwand ganze Textseiten projiziert und vorgelesen werden, verlässt doch die eine oder andere sms diskret den Saal.