Gutes Geld – was ist das eigentlich?

Es gibt die Redensart jemand verdient „gutes Geld“. Gemeint ist damit die Höhe des Einkommens. Als Rentner und Siemens-Pensionär bekomme ich also „gutes Geld“. Die Frage „Was ist eigentlich gutes Geld?“ kann ich aber auch ganz anders stellen: Was bewirkt Geld und was kann ich mit meinem Geld bewirken?

Geld kann benachteiligten Menschen helfen.

Bei uns in Büchenbach finden wir große Unterschiede in unmittelbarer Nachbarschaft. Hier wohnen Siemensianer und Uni-Angehörige im eigenen Haus, die sich vieles leisten können. Und genauso Familien und Alleinerziehende, die eine der raren GeWoBau-Wohnungen ergattert haben und oft nicht wissen, wie sie mit dem knappen Geld bis zum Monatsende durchkommen sollen.

Viele Menschen wollen sich nicht mit den unterschiedlichen Lebensbedingungen in unserer Nachbarschaft und auf der ganzen Welt abfinden. Sie spenden Geld oder – genauso wertvoll – Zeit. Sie unterstützen gemeinnützige Organisationen oder engagieren sich ehrenamtlich und helfen z.B. bei der Tafel, in der Hausaufgabenbetreuung benachteiligter Kinder oder im Weltladen.

Geld gebe ich jeden Tag aus.

Denke ich darüber nach, was ich mit meinem Geld und meinem Konsum bewirke? Trage ich mit meinen Einkäufen dazu bei, dass Bauern in der Region oder – z.B. bei Kaffee, Schokolade und Bananen – Kleinproduzenten in den Erzeugerländern ein Auskommen haben oder unterstütze ich den Profit riesiger (Lebensmittel-)Konzerne, der meist mit der Ausbeutung von Mensch und Umwelt erkauft wird? Oft ist es billiger und bequemer, einfach zum Sonderangebot zu greifen und nicht zu fragen, wo es herkommt und unter welchen Umständen es produziert wurde.

Außerdem, auch bei uns kann es sich nicht jede*r leisten, auf dem Markt und im Eine-Welt-Laden einzukaufen.

Geld kann ich sparen und anlegen.

Immer mehr Menschen fragen sich dabei, was macht meine Bank eigentlich mit dem Geld, das ich ihr anvertraue? Die Nachfrage nach „ethischen Geldanlagen“ wächst. Und neben Spezialisten wie GLS Bank oder Umweltbank bieten inzwischen auch andere Banken Geldanlagen an, die in soziale oder Umweltprojekte investieren. Also heißt es, die Angebote zu vergleichen und genau hinzuschauen.

Einer der Pioniere des ethischen Investments, die internationale Genossenschaft Oikocredit, ist 1975 auf Initiative des Ökumenischen Rats der Kirchen entstanden. Heute vertrauen ihr mehr als 56.000 Anleger und Anlegerinnen Kapital an. Aus dem Kapital vergibt Oikocredit – nach strikten sozialen, ethischen und ökologischen Kriterien – Darlehen und Kapitalbeteiligungen an Partnerorganisationen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Diese erreichen etwa 36 Millionen Menschen weltweit. Die meisten von ihnen sind Frauen in entlegenen ländlichen Regionen.

Mit Geld bezahle ich meine Steuern.

Mache ich mir dabei Gedanken darüber, was meine Steuergelder bewirken, wenn sie z.B. in soziale Projekte bei uns in Büchenbach, als Agrarsubvention in der Europäischen Union oder in der Entwicklungsfinanzierung investiert werden? Investitionen aus den reichen Industrieländern führen leider oft dazu, dass die Entwicklungs- und Schwellenländer Schulden anhäufen. Weil Zinsen und Profite exportiert und nicht in Bildung, Gesundheitswesen oder Arbeitsplätze vor Ort investiert werden, profitiert die Bevölkerung trotzdem nicht in ihrer Entwicklung. Kann ich etwas dazu beitragen, dass sich das ändert? Oder sind die Zusammenhänge viel zu komplex um sie zu durchschauen? Oder sind mir die Lebensbedingungen in den Herkunftsländern egal, solange es weiter genügend exotische Lebensmittel und die notwendigen Rohstoffe für mein Smartphone, meinen Flachbildschirm, mein E Bike oder mein Elektroauto gibt?

erlassjahr.de, ein bundesweites Bündnis von etwa 600 Mitträgerorganisationen, engagiert sich für überschuldete Staaten, die ihre Gläubiger nicht mehr bedienen können. Ihre Zahl nimmt derzeit wieder dramatisch zu – und zwar überwiegend in Entwicklungs- und Schwellenländern – zusätzlich verstärkt durch die Auswirkungen des Klimawandels. erlassjahr.de und Schwesterorganisationen in zahlreichen anderen Ländern setzen sich dafür ein, dass mit der Überschuldung fair umgegangen und der Rückzahlung der Schulden nicht mehr Bedeutung beigemessen wird als den Lebensbedingungen der Menschen in den verschuldeten Ländern.

Aber wenn ich gar kein Geld übrig habe …

… um es zu spenden oder nach ethischen Kriterien anzulegen? Und wenn mir keine Zeit bleibt, mich ehrenamtlich oder politisch zu engagieren?

Auch dann kann ich mir eine Meinung bilden, mitdiskutieren, bei Wahlen und Bürgerentscheiden abstimmen und so meinen Teil zu einer solidarischen und nachhaltigen Gesellschaft beitragen. So werden Chancen für alle benachteiligten Menschen geschaffen – bei uns vor Ort und auf der ganzen Welt.

 

Veranstaltungshinweis

Gutes Geld für die Welt am 24. Oktober 2019 in Erlangen

 

Thomas Reichert vertritt den Oikocredit Förderkreis Bayern e.V. im Bündnisrat von erlassjahr.de.