Grenada-Tagebuch III: Karibisches Entschuldungsnetzwerk gegründet

Zwei bedeutende Entwicklungen prägten den zweiten Tag des Schuldenworkshops in Grenada:

Zunächst formulierte die Zivilgesellschaft der Insel unter Federführung des Nationalen Kirchenrates eine Position zu den bevorstehenden Entschuldungsverhandlungen der Regierungen mit den Gläubigern. Darin wird gewürdigt, dass die Regierung eine umfassende Regelung unter Einbeziehung aller Schulden anstrebt, und sie wird aufgefordert, dafür eine unabhängige Tragfähigkeitsanalyse erstellen. Schließlich rät Ihr das Papier des Kirchenrats, das gesamte Verfahren in Form einer Schuldenkonferenz unter Vorsitz eines unabhängigen Mediators in St. George’s durchzuführen und nicht in irgendwelchen abgelegenen Gläubigerclubs, wie dem in Paris.

Wenn die Gläubiger nicht gänzlich bescheuert sind, lassen sie sich das nicht entgehen.

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© erlassjahr.de

Zum zweiten wurden heute von den “Focal Points” aus Grenada, Dominica, St. Vincent und den Grenadinen, sowie St. Lucia das “Caribbean Debt Network” (CDN) aus der Taufe gehoben. Das bislang lose Netzwerk der Kontaktpersonen, das nach den beiden Seminaren im letzten Jahr zunächst als Mailingliste entstanden war, soll nun verbindlicher organisiert und damit handlungsfähiger werden. Im Mittelpunkt steht natürlich zunächst der sehr spannende Prozess in Grenada. Aber darüber hinaus soll das Netzwerk auch helfen, die öffentliche Aufmerksamkeit für das Problem der Überschuldung auf allen Inseln zu erhöhen.Eine Weile überlegt wurde, die das hübsche Kind vieler Väter und Mütter denn nun heißen sollte. “Carribbean Association for Sustainable Debt and Development”, abgekürzt CASHDAD wurde vorgeschlagen, aber nicht wirklich gemocht. Meinen eigenen Vorschlag CARIDAD (angelehnt an EURODAD und LATINDADD) fand ich angesichts der Nähe zum Lateinamerikanischen Kontinent auch nicht mehr soll, als mir wieder einfiel, woher mir das Wort bekannt vorkommt: Im Spanischen heisst das so viel wie “Mildtätigkeit” oder “Gnadenbrot”. So blieb es (vorläufig) beim CDN.

Grenada-Tagebuch II: Grenada will eine umfassende Schuldenreduzierung

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Father John unterwegs / © erlassjahr.de

Zum Auftakt der Schulden-Tagung des Grenadinischen Kirchenrats machten Wirtschaftsminister Joseph und der Sonder-Berater für den Entschuldungsprozess Patrick Antoine deutlich, dass die Regierung eine Restrukturierung aller Schulden will. Auf Nachfrage auch noch mal ausdrücklich bestätigt: auch der multilateralen, also bei IWF, BB, IDB und der hier sehr wichtigen Karibischen Entwicklungsbank. Wenn die Grenadiner/innen das in den kommenden Wochen umsetzen, wird die kleine Insel seit 1983 wieder mal Geschichte schreiben.

Gut 20 Aktive aus Grenada sowie von Dominica, St. Lucia und St. Vincent waren angetan von dem Vorhaben der Regierung, die ein ums andere Mal Unterstützung und Beratung durch die Zivilgesellschaft erbat. Wir haben am Nachmittag noch mal zusammengetragen, was unseres Erachtens eine faire und ausreichende Entschuldung ausmachen würde. Morgen machen wir ein Papier in gutem Englisch daraus, und am Freitag früh sehen wir die beiden Offiziellen wieder und präsentieren unsere Forderungen und Vorschläge. Prominent darin: eine unabhängige Schuldentragfähigkeitsanalyse und ein Mediationsverfahren.

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Kurze Verhandlungspause / © erlassjahr.de

Father Sean Doggett, der seit den Zeiten der New-Jewel-Revolution auf der Insel arbeitet und hier praktisch jeden schon mal getauft hat oder zumindest mit Vornahmen kennt, schloss den sehr langen Tag mit einem eindringlichen Gebet, und dann gab es gerade noch genug Tageslicht für einen genussvollen Sprung in den Ozean.

Grenada-Tagebuch I: Treffen mit dem Premierminister

Ab Mittwoch diskutiert unter Federführung der Katholischen Kirche des Landes die Zivilgesellschaft in Grenada über einen Ausweg aus der Schuldenkrise. Premierminister (und in dem kleinen Land in Personalunion auch Finanzminister) Keith Mitchell wollte eigentlich an dem Workshop teilnehmen. Wegen einer gleichzeitig stattfindenden Tagung im Ausland wird ihm das nicht möglich sein.

Auf dem Weg zur Entschuldung Grenadas: Alvin Clouden von der Katholischen Kirchen, Premierminister Keith Mitchell und erlassjahr.de-Koordinator Jürgen Kaiser / © erlassjahr.de

Vertreten wird er am Mittwoch von seinem Wirtschaftsminister. Um sich trotzdem über die Vorschläge der Zivilgesellschaft zu informieren traf er sich heute mit uns in seiner privaten Residenz in St.George’s.

Für einen Minister, der ansonsten vom IWF gesagt bekommt, wir er mit Wirtschaftskrisen umzugehen hat, ist es kein einfacher Schritt, Kirche und Zivilgesellschaft überhaupt in Fragen der Staatsfinanzen als Gegenüber wahrzunehmen. Zunächst mal, so Mitchell gehe es darum, das eigene Haus in Ordnung zu bringen. Und da sei Grenada auf einem guten Weg: Den Schulden von rund 140% des BIP (etwas weniger als Griechenland) rückt die Regierung mit einem rigorosen Sparprogramm zu Leibe. Dass es auch notwendig, sinnvoll und möglich ist, auch die Gläubiger in die Pflicht zu nehmen, werden wir der Regierung in den kommenden Tagen hoffentlich deutlich machen können.

Ansonsten ist die geschichtsträchtige Gewürzinsel ein kleines Paradies. Father Sean Doggett, einer der Organisatoren der Konferenz,  habe ich heute vor Konferenzbeginn ein bisschen von der Schönheit der Insel kennen gelernt, und viel über seine Geschichte erfahren. Sean war Augenzeuge der US-amerikanischen Invasion vor fast genau dreissig Jahren – ebenso wie der Beamte an der US-Passkontrolle beim Umsteigen in Miami übrigens, der mich jovial wissen ließ, dass er auch schon mal in Grenada gewesen sei – allerdings um einen Regierungswechsel zu “ermöglichen”.

SPD-Entwicklungspolitikerin und erlassjahr.de im Gleichklang: Staaten-Resolvenzverfahren, Schuldenumwandlung, Verantwortliche Kreditvergabe

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© Walter Ulbrich

Zünftig in einem Biergarten, wie sich das in Bayern auch gehört, trafen sich am Freitag die erlassjahr Bündnisrät/innen Eva Heerde-Hinijosa und Walter Ulbrich sowie ej-Koordinator Jürgen Kaiser (von rechts) mit der SDP-Entwicklungspolitikerin Bärbel Kofler. Eine Tour d’Horizon durch die für das Bündnis wichtigen Themen erbrachte eine große Übereinstimmung – wie eigentlich immer, wenn die SPD gerade in der Opposition ist:

  • Ein rechtsstaatliches und unparteiisches Staaten-Resolvenzverfahren ist allemal besser, als die endlose Finanzierung einer Überschuldungskrise aus öffentlichen Mitteln. Deswegen wäre es gut, wenn ein geordnetes Verfahren nicht erst in der Krise geschaffen werden müsste, sondern die Staaten dann bereits darauf zugreifen können. Frau Kofler ist optimistisch, dass eine entsprechende Formulierung Eingang in einen von der SPD mit getragenen Koalitionsvertrag finden wird. Auch verabredeten wir, welche praktischen Schritte dann baldmöglichst in Angriff genommen werden sollten, damit Papier nicht nur geduldiges Papier bleibt.
  • Die schon seit 1993 existierende Schuldenumwandlungsfazilität bietet ein hohes Potenzial für innovative Entwicklungsfinanzierung mit einem kleinen Beitrag zur Schuldenerleichterung. Leider nutzt die gegenwärtige Bundesregierung das Instrument nur sehr begrenzt. Das soll sich mit einer sozialdemokratischen Regierungsbeteiligung ändern, versprach Frau Kofler. Baldmöglichst sollte es ein Fachgespräch geben, bei dem Erfahrungen aus der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft sowie den betroffenen Ländern in einen umfassenden Reformvorschlag einfließen sollen.
  • Wie kann die auch von Frau Kofler kritisch gesehene öffentlich unterstützte Kreditvergabe für Rüstungsexporte, Megaprojekte, Atomtechnologie etc. stärker eingeschränkt werden? Walter Ulbrich berichtete von den entsprechenden Initiativen im erlassjahr-Bündnis und in der UNCTAD. In der nächsten Legislaturperiode sollten sich Anknüpfungspunkte zur Kooperation in diesem Themenfeld ergeben.

Wir freuen uns, dass mit Frau Kofler eine profilierte Entwicklungspolitikerin mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder in den Bundestag einziehen und auch dem entsprechenden Fachausschuss erhalten bleiben wird.

 

Schuldenerlass und mehr Geld für Gesundheit: egal woher?

Bei einem Treffen von Gesundheitsinitiativen und -Ministerien mit dem Global Fund in der Surinamesischen Hauptstadt Paramaribo habe ich das Debt2Health-Schuldenumwandlungsprogramm vorgestellt, in dem wir mit dem Global Fund eit einiegn Jahren zusammenarbeiten.

Die lange Reise hat sich gelohnt, denn gerade für die hoch verschuldeten Staaten der Karibik ergaben sich mögliche regionale Schuldenumwandlungen als ein kleiner aber sehr spürbarer Beitrag zur Entlastung von Staaten wir Grenada oder Jamaica. Und da Debt2Health  – anders als HIPC z.b. – kein in Stein gehauenes Programm ist, ergeben sich aus den spezifischen Überlegungen zu konkreten Ländern auch immer mal neue Ideen. Von denen wiederum fallen einige eher in die bizarre Kategorie.

Ein netter Doktor von den Cayman-Inseln war beeindruckt von meiner Präsentation und berichtete dann, in seine Praxis kämen regelmäßig reiche Amerikaner oder Europäer, die es sich unter der steuerfreien Sonne der Inseln gut gehen ließen und oft das Bedürfnis hätten, etwas Gutes zu tun. Und ob Debt2Health für diese Zielgruppe nicht ein Angebot sie sein könnte. Beim Mittagessen nannte er dann auch einige Namen, und meine ursprüngliche Skepsis gegenüber einer möglichen Zusammenarbeit mit Steuerflüchtlingen verwandelte sich in lauten Alarm, als er Kenneth Dart als einen der bislang verhinderten Philantropen nannte. Dart ist einer der Strippenzieher der Hedge Fund Szene, und war durch einige der Fonds in seinem undurchsichtigen Imperium Partei in mehr als einer der Geierfonds-Klagen gegen frisch entschuldete HIPCs.

Oder sollte man pragmatisch sagen, dass dieser Herr seine fragwürdigen Dollars besser für die Umwandlung in Gesundheitsinformationen investieren sollte als in die Klage auf volle Rückzahlung, wie er das bisher so nachdrücklich betrieben hat? Kommentare sind willkommen!

Schuldnerstaaten vor dem Kadi: Wie oft? Wann? Warum? Eine neue Studie gibt Hinweise

Das noch immer nicht entschiedene Verfahren des Geierfonds NML Capital gegen Argentinien vor einem New Yorker Berufungsgericht hat das Problem von Gläubigerklagen gegen zahlungsunfähige Staaten ins Blickfeld der Öffentlichkeit gebracht. Die Auswirkungen solcher Verfahren sind erheblich – nicht nur für Argentinien und auch nicht nur für weitere mögliche Opfer solcher Klage-Strategien. Vielmehr muss gefragt werden, ob ein in viele Foren zersplittertes Schuldenmanagement ohne einen wirklichen rechtlichen Status, wie es in Pariser Club, Londoner Club, ad-hoc-Verhandlungen mit Anleihegläubigern, HIPC-Vereinbarungen mit Weltbank/IWF betrieben wird, überhaupt noch eine Zukunft hat. Es spricht einiges dafür, dass es die nicht hat, und ob das eine gute oder eine schlechte Nachricht ist, ist eine durchaus offene Frage.

Auf diesem Hintergrund haben die Ökonomen der Hertie School in Berlin und des LMU in München eine quantitative Auswertung von Gläubigerklagen gegen souveräne Schuldner vorgelegt, die hilft, zu verstehen, wie groß das Klage-Problem überhaupt ist, und welche Trends zu beobachten sind. Wie bei Erbsenzählern aus der Ökonomen-Zunft unvermeidbar, rücken sie ihrer Datenbasis aller Schuldenrestrukturierungen im Zeitraum 1976-2010 mit allerlei beeindruckender Mathematik zu Leibe. Die Ergebnisse ihrer aufwändigen Rechnerei sind durchaus nicht nur banal:

  • Gläubigerklagen sind weiterhin eine seltene Ausnahme, auch, wenn ihre Zahl in den letzten zwei Jahren spürbar zugenommen hat.
  • Die Zunahme ihrerseits hat offenbar mit der wachsenden Zahl von auf genau dieses Geschäftsmodell spezialisierter Geierfonds zu tun. Diese verfügen über erhebliche Ressourcen, die sie in Rechtsstreitigkeiten investieren können und überdies eine ihrerseits einschüchternde Erfolgsquote aufweisen.
  • Die Geier suchen sich – wie es so ihre Art ist  – gerne geschwächte Opfer, d.h. Staaten mit schwachen Regierungsstrukturen und wenigen Ressourcen für ihre Verteidigung. So wurden 13 von 20 Klagen gegen HIPCs von Geiern angestrengt, nur 7 von ursprünglichen (Holdout-) Gläubigern.
  • Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Land Opfer eines solchen Geiers wird, steigt, wenn es mit einer Schulden-Restrukturierung bis zur tatsächlichen Staatspleite wartet; wer vorbeugend umschuldet läuft statistisch ein deutlich geringeres Risiko.

 

Die Studie Enderlein,H., J. Schumacher, C. Trebesch: Sovereign defaults in Court. The Rise of Creditor Litigation 1976-2010 kann aus dem Netz geladen werden. Tab.7 auf den Seiten 35/36 enthält die Übersicht aller Gläubigerklagen.

Der IWF: Ein vertrauenswürdiger Berater?

Dass der Internationale Währungsfonds heute anders wahrgenommen wird als noch vor zwanzig Jahren auf dem Höhepunkt der “Schuldenkrise der Dritten Welt”, verdankt sich vor allem einem deutlich erhöhten Maß ans Transparenz. Dafür wiederum spielte auch die Tätigkeit des “Internal Evaluation Office” (IEO), eines kleinen, aber hochqualifizierten Büros von Fachleuten in unmittelbarer Nähe, aber doch großer Unabhängigkeit von der Leitung des IWF, eine große Rolle.

Zur Politik des Fonds in den vergangenen Schuldenkrisen hat das IEO eine Reihe viel beachteter und bemerkenswert kritischer Analysen vorgelegt. Das jüngste Papier befasst sich nun mit der Rolle des Fonds als “Vertrauenwürdiger Berater” seiner Mitglieder. Insgesamt kommt die Befragung vieler Mitglieder darüber, wie sie die Fonds-Mitarbeiter/innen auf ihren zahlreichen Missionen in den Mitgliedsländern wahrnehmen, und ob sie sich gut beraten fühlen, zu einer wohlwollenden Beurteilung. Allerdings hauptsächlich dann, wenn es eher um Routinebesuche und Finetuning von Wirtschaftspolitik geht. Wo es wirklich konfliktiv wird, da erkennt die Untersuchung grundlegende Interessenskonflikte, zwischen einem “Berater”, einem Geldgeber und einer Beurteilungsinstanz, an der weitere Geldgeber sich in ihrem Urteil über ein Land orientieren.

Die Stellungnahme des IWF-Stabes zur IEO-Untersuchung enthält die üblichen Versprechen, künftig noch offenere Ohren für die Anliegen der Mitglieder zu haben. Wie man die grundsätzlichen Interessenskonflikte überwinden will, die in einem viel zu breiten Mandat einer Organisation angelegt sind, die eigentlich “nur” ein Fonds sein soll, verraten sie auch diesmal nicht.

Vom Umgang mit Goldenen Regeln im Schuldenmanagement

Ein in der Öffentlichkeit ebenso wie unter Entschuldungs-Fachleuten verbreiteter Mythos ist, dass man eine vorschnelle und unnötig großzügige Entlastung unbedingt vermeiden muss. In einem bemerkenswerten Aufsatz hat der italienische Ökonom Ugo Panizza mit diesem Mythos aufgeräumt: In der Realität haben nicht vorschnelle und zu großzügige sondern verspätete und unzureichende Schuldenerleichterungen alle Parteien viele Milliarden US-Dollar unnötigerweise gekostet. Und, damit nicht immer wieder die gleichen Fehler in jedem neuen Fall von Staatsüberschuldung wiederholt werden plädiert Panizza für die Schaffung eines geordneten Rechtsrahmens, in dem Entschuldung zeitig und fair gewährt werden kann, wenn immer es nötig ist. Getreu dem Satz von Lee Buchheit: “Wenn Du es nicht vermeiden kannst, dann versuche es auch nicht”.

Panizza lässt sich von noch mehr philosophischen Weisheiten inspirieren, darunter die sechs Leitsätze für erfolgreiches Projektmanagement und die zweite Goldene Regel für interstellares Reisen per Anhalter: “Wisse stets, wo Dein Handtuch ist.” Wer wissen möchte, wie das alles mit staubtrockener Ökonomie und Staatsschulden zusammenhängt, dem sei Panizza’s Aufsatz zur Lektüre empfohlen.

Der dümmste Finanzminister der Welt…

…ist in diesem Monat zweifellos der Zypriote Lassos Shiarly. Von der Nachrichtenagentur MNI wird er am 12. Februar im Zusammenhang mit einer möglichen Umschuldung Zyperns mit den Worten zitiert: “Öffentliche Schulden dürfen nicht gestrichen werden. Staaten müssen einen Weg finden, ihren Verpflichtungen nachzukommen.”

Warum wurde der Minister zu diesem Thema überhaupt interviewt? Ach ja: es bestehen im Ausland erheblich Zweifel an der Zahlungsfähigkeit seiner Regierung.

Warum genau bestehen solche Zweifel? Weil zypriotische Banken in Schwierigkeiten sind und dringend öffentliches Geld brauchen.

Warum sind eigentlich zypriotische Banken ziemlich plötzlich in Schwierigkeiten geraten? Stimmt: Sie hatten sich mit griechischen Staatsanleihen eingedeckt, die nach dem Schuldenschnitt im letzten März nur noch ein Drittel ihres ursprünglichen Wertes aufwiesen.

Warum hatten die griechischen Staatsanleihen plötzlich an Wert verloren? Na, weil der griechische Staat pleite war, und zumindest ein Teil seiner Schulden nicht nur gestrichen werden musste, sondern auch gestrichen wurde.

Könnte das dem Herrn Shiarly bitte mal jemand mitteilen!

27. Februar 2013: Noch ein entscheidendes Datum für Staatsschuldenkrisen

In den Kalendern von erlassjahr-Aktivist/innen steht der Tag ohnehin schon rot angestrichen: Am 27. Februar jährt sich zum sechzigsten Mal die Entschuldung Deutschlands im Londoner Schuldenabkommen von 1953.

Ironischerweise wird in New York an diesem Tag auch noch in einem anderen Zusammenhang (aktuelle) Schuldengeschichte geschrieben werden. An diesem Tag wird voraussichtlich das Berufungsgericht darüber entscheiden, ob das Urteil des Richters Thomas Griesa gegen Argentinien vom letzten Oktober Bestand haben wird. Griesa hatte dem südamerikanische Land verboten, reguläre Zahlungen an seine Anleihegläubiger über ihre New Yorker Treuhand-Bank zu leisten, solange es nicht auch die klagenden Geierfonds bediente. Wichtigster Geier ist der Fonds NML Capital, der argentinische Altanleihen, die nicht in den Schuldentausch von 2005/10 eingebracht worden waren, auf dem Sekundärmarkt gekauft und dann auf volle Rückzahlung geklagt hatte.

Im Dezember hatte ein Berufungsgericht dem argentinischen Einspruch stattgegeben, und das Urteil vorläufig ausgesetzt. Am 27.Februar wird nun entschieden werden, ob die Aussetzung das einstmals überschuldete Land dauerhaft schützt – oder ob der Geier NML und seine gefiederten Freunde mehr als eine Milliarde US-Dollar an Zahlungen von Argentinien erzwingen können.

Die Folgen der Entscheidung könnten noch dramatischer als die des Londoner Schuldenabkommens für Deutschland sein: Muss Argentinien nämlich bezahlen, dann ist das nicht nur ein sehr ärgerlicher Verlust für das ehemals überschuldete Land. Es bedeutet auch, dass diejenigen Gläubiger, die dem bankrotten Argentinien beim Schuldentausch  bis zu 70% ihrer Forderungen erlassen haben, nunmehr die Dummen sind. Entsprechend gering würde künftig die Bereitschaft unter Gläubigern und Investoren sein, sich auf zeitige Schulden-Restrukturierungen einzulassen. Und entsprechend nachdrücklich hatten die US-Regierung und die Federal Reserve vor dem New Yorker Gericht zugunsten Argentiniens ausgesagt.

In der Fachpresse ist aufgehängt an dem argentinischen Fall die Forderung nach einem geordneten und rechtsverbindlichen Insolvenzverfahren für Staaten sehr laut geworden. Dieses würde dann tatsächlich den Aasfressern das Handwerk legen.