Kriegsschiffe aus Deutschland: “Indonesien soll über Schulden verhandeln!”

Am Vormittag trafen sich rund 40 NRO-Vertreter zur Auswertung des gestrigen Seminars über den Verkauf der Ex-DDR-Kriegsschiffe. Verschiedene strategische Optionen für die weitere Arbeit der indonesischen und deutschen NROs an dem Fall wurden erwogen. Für einige standen die extrem hohen globalen Schuldendienstzahlungen angesichts schrumpfender sozialer Aufwendungen des Staates im Mittelpunkt. Aber es wurde auch deutlich, dass wir den besonderen Fall nicht von einer möglichen Überschuldung Indonesiens her angehen können. Vielmehr soll von dem fragwürdigen Charakter der deutschen Forderungen ausgegangen werden.
Vorsichtige Signale aus Berlin, man sei bereit über besondere Lösungen für dieses peinliche Erbe der Kohl-Ära zu reden, sollen aufgegriffen werden. Das heisst: In unseren Gesprächen mit dem Planungs- und dem Finanzministerium heute nachmittag und morgen werden wir sehen, wie weit die Bereitschaft dazu auf der indonesischen Seite reicht. Unsere INFID-Kolleg/innen sind sehr optimistisch.
Erfreulich ein Bericht in der Jakarta Post von heute (hier nachlesen), in dem die Herausforderung für die indonesische Regierung gut dargestellt wird. Anlässlich des Seminars erfolgte auch die Uraufführung des englisch/indonesischen Films über die (indonesischen) Hintergründe des Schiffskaufs.

img_0176
© erlassjahr.de

Seminar zum deutschen Kriegsschiffexport in Jakarta

Unter dem großen Bild eines Landungsschiffs der ehemaligen NVA diskutierten 60 Vertreter/innen von Menschenrechts- und Entwicklungs-NROs aus ganz Indonesien über die verbliebenen Schulden aus dem Verkauf von 39 ostdeutschen Kriegsschiffen an Indonesien 1992. Den Deal zwischen dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl und seinem Intimfreund, dem Diktator Soeharto, hatte erlassjahr.de in den vergangenen Jahren immer wieder gegenüber der Bundesregierung zur Sprache gebracht. Die zusammen mit dem EED und der Evangelischen Kirchen von Westfalen in Auftrag gegebene Rechtsmeinung zur Legitimität des deutschen Anspruchs hatte unsere Partnerorganisation INFID inzwischen ins Indonesische übersetzt.
Dank der Kampagnenarbeit von INFID waren die meisten Teilnehmer/innen mit dem Fall der ostdeutschen Schiffe sehr vertraut. Neu war den meisten ein genauerer Blick auf das Konzept der Illegitimen Schulden. Schließlich ist nicht jeder Kredit, von dem ein Teil in korrupten Taschen landet – in Indonesien bei Rüstungsgeschäften häufig ein Thema – deswegen schon illegitim. Viele kritisierten, dass die Deutschen ihnen damals für gutes Geld Schrott angedreht hatten, während erlassjahr’s Fokus mehr auf den mit den Schiffen begangenen Menschenrechtsverletzungen lag, welche die verschiedenen Bundesregierungen schulterzuckend zur Kenntnis genommen hatten.
Lebendig wurde die heutige Tagung unter anderem durch die Beteiligung einiger ehemaliger Marine-Offiziere, und eines Vertreters des Verteidigungsministeriums. Dass die eigentlichen Ziele des Schiffsverkaufs – Bekämpfung von illegaler Fischerei, Piraterie und Schmuggel – durchaus drängende Aufgaben der indonesischen Behörden sind, war während des Seminars unbestritten. Inwieweit das von den Deutschen ausgerüstete Militär dabei Teil des Problems statt der Lösung ist, war schon weniger klar.

INFID-Direktor Don Marut hat die Marine im Nacken
INFID-Direktor Don Marut hat die Marine im Nacken / © erlassjahr.de

In den nächsten Tagen werden wir – Dietrich Weinbrenner von der Ev. Kirche von Westfalen, Peter Lanzet vom EED und ich – uns mit verschiedenen Ministerien treffen, welche ihre Beteiligung am heutigen Seminar kurzfristig abgesagt hatten. Zentrales Thema wird dabei eine mögliche indonesische Initiative für eine besonderes Behandlung dieser fragwürdigen Forderungen sein.

Wohin das große Geld fließen soll: Mexiko und Rumänien beantragen IWF-Mittel

Durchaus sollen ärmere Länder von den bei G20 beschlossenen Mittelausweitungen für IWF und Entwicklungsbanken profitieren. Die großen Kunden sind aber ganz andere:
Mexiko beantragte zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder Mittel vom IWF, und das gleich im Rekordumfang von 47 Mrd. US-$. Zwar ist das Land noch zahlungsfähig, aber der Nachfrageeinbruch beim großen Nachbarn USA beeinträchtigt die Leistungsbilanz schon jetzt. Besonders schwerwiegend ist, dass die Einnahmen durch Rücküberweisungen der Arbeitsmigrant/innen deutlich einbrechen.
Ein weiterer Empfänger von IWF-Geld ist Rumänien. Dem Balkanland waren die Zuflüsse privater Investoren aus dem Ausland dramatisch weggebrochen. 17,5 Mrd. US-$ aus Washington sollen die externe Zahlungsfähigkeit Rumäniens gewährleisten.

Ein neuer Anlauf für Schiedsverfahren in Afrika

Mitarbeiter von afrikanischen Entschuldungsbewegungen und Kirchen trafen sich am 30. und 31. März mit Parlamentariern und Campaigner/innen aus dem Ausland, um über das Konzept eines Fairen und Transparenten Schiedsverfahren und über seine mögliche Umsetzung in Afrika zu sprechen. Eingeladen hat das Afrikanische Entschuldungs-Netzwerk AFRODAD, mit dem erlassjahr.de seit vielen Jahren zusammenarbeitet. Zuletzt in Form der “Speakers Tour” mit Vitalice Meja im Sommer 2007.
Im letzten Jahr startete AFRODAD eine kontinentale Kampagne zu FTAP – oder “FTA”, wie AFRODAD ein wenig missverständlich, da leicht mit “Free Trade Agreements” verwechselbar, sagt. Es gibt gute Grundlagendokumente, einhübsches Logo, T-Shirts und Plakate Siehe: http://www.afrodad.org (leider bin ich bei der T-Shirt-Verteilung nicht schnell genug gewesen :-()
Die Kampagne ist von uns und der internationalen Öffentlichkeit bisher nicht allzu intensiv wahrgenommen worden, weil AFRODADs Informationspolitik, vorsichtig ausgedrückt: zurückhaltend war. Das wiederum hing damit zusammen, dass AFRODAD’s Initiative von anderen NROs als nicht radikal genug kritisiert wurde. Auch bei dieser Tagung wurde wieder mit einigen Vertreter/innen von Jubileesouth intensiv darüber debattiert, ob nicht alle Schulden sowieso von vornherein illegitim und überdies längst bezahlt und der Süden schon wegen der jahrhundertelangen Ausbeutung der eigentliche Gläubiger sei. Diese ziemlich sterile Haltung wurde hier von der Mehrheit der Beteiligten zurückgewiesen,und AFRODAD fühlte sich zurecht ermutigt, Debt Arbitration als Alternative für verschuldete afrikanische Länder zu propagieren. Das gilt insbesondere für diejenigen, die jetzt unter dem Einfluss der Finanzkrise die Wahl haben zwischen drastischen Einschnitten bei der Armutsbekämpfung und einem neuen Überschuldungszyklus.

Faires Schiedsverfahren gefordert: Opa Kapajimpanga (AFROODAD), Safia Svarfvar (Schwedische Kirche) und dem UN-Sonderberichterstatter Cephas Lumina
Faires Schiedsverfahren gefordert: Opa Kapajimpanga (AFRODAD), Safia Svarfvar (Schwedische Kirche) und UN-Sonderberichterstatter Cephas Lumina / © erlassjahr.de

Zusammen mit Kollegen der Schwedischen Kirche, die einen wesentlichen Teil zum Budget von AFRODAD beisteuert, JubileeNederland und JubileeScotland haben wir einen Aktionsplan für die nächsten Schritte zum FTAP umrissen: AFRODAD wird dazu gegenüber der Afrikanischen Union und der UN Wirtschaftskommission für Afrika (ECA) FTAP als alternativen Krisenmechanismus ins Gespräch bringen. Beim G8-Köln-Jubuiläum, werden die Afrikanischen Kollegen neben den eingeladenen Finanzministern ein Wort mitreden. Und alles in allem wurde die Rolle des Afrikanischen Netzwerks als globaler Informationsknoten zu FTAP gestärkt.

Wem nützt 'aggressive Schuldenpolitik'?

In Zeiten drohender Zahlungsunfähigkeiten von armen und ärmsten Ländern interessiert sich auch der IWF wieder verstärkt dafür, wie Zahlungseinstellungen aussehen, und wie eine erfolgreiche Umschuldung zu gestalten wäre. Dazu hat der IWF eine Studie bei dem Berliner Volkswirt Christoph Trebesch in Auftrag gegeben. (Trebesch,C.: The Cost of Aggressive Sovereign Debt Policies: How much is the Private Sector Affected? IMF Working Paper 09/29, Feb. 2009).

Die Studie geht dem auch uns in der Vergangenheit von Gläubiger-Vertretern entgegengehaltenen Argument nach, wer sich seinen Gläubigern widersetze, schneide sich ins eigene Fleisch, weil er nie wieder einen Kredit bekäme. Und sie untersucht, inwieweit kooperatives gegenüber aggressivem Verhalten des Schuldners eher zu einer erfolgreichen Restruturierung führt. Die Ergebnisse sind auf der einen Seite banal (Grundsätzlich mögen Gläubiger es lieber, wenn man zahlt so lange man irgend kann), auf der anderen Seite aber hoch interessant. Im Kern sagt die Untersuchung von Zahlungseinstellungen in 13 Ländern zwischen 1980 und 2004:

Keinesfalls schliesst sich jemand, der aggressiv gegenüber den Gläubigern die Zahlungen verweigert, dauerhaft vom Kreditmarkt aus. Vielmehr muss man von einer Quarantäneperiode von bis zu zwei Jahren ausgehen. Danach funktioniert das Gedächtnis der Gläubiger ohnehin nicht mehr, wenn sie irgendwo Geschäfte wittern.

Es stimmt, dass in dieser Zeit der Zugang zu neuen Krediten erschwert ist, aber es ist nicht eindeutig zu beweisen, ob dies in einer unkooperativen Haltung beim Umschulden oder einfach an der Tatsache einer einseitigen Zahlungseinstellung begründet liegt.

Wer auf eine einvernehmlich Lösung mit den Gläubigern hinarbeitet kann überdies davon ausgehen, dass diese zu einer Zunahme des Kreditangebots in den folgenden Jahren führt.

Gerade der letzte Punkt ist ein starkes Argument für die Schaffung eines fairen und transparenten Entschuldungsverfahrens. Schließlich haben nicht nur die Schuldner, sondern auch die alten, aber mehr noch die neuen Gläubiger ein Interesse daran, dass künftig wieder normale Schuldner-Gläubiger-Beziehungen möglich sind.

Wie bei Publikationen aus dem Fonds üblich, werden “Aggressivität” und “unkooperatives Verhalten” ausschließlich auf der Seite des Schuldners vermutet und analysiert. Dass Gläubiger – durch ihr Beharren auf sinnlosen Tragfähigkeits-Berechnungen, hochgradig unfairen und ineffizienten Verhandlungsforen oder schlicht durch die Zurückweisung vernünftiger Angebote der Schuldner eine einvernehmliche Regelung blockieren, ist zwar alltägliche Realität vieler Schuldnerländer; der IWF – selbst wichtiger Gläubiger und zentraler Akteur im internationalen Schuldenmanagement, kann sich das offenbar überhaupt nicht vorstellen.

Stiglitz-Kommission: Rückenwind für FTAP

Bei einer Tagung im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Berlin haben sich heute sowohl Ministerin Wieczorek-Zeul als auch Nobelpreisträger Joseph Stiglitz für die Schaffung eines Internationalen Insolvenzverfahrens ausgesprochen.  Bei der Tagung, die sich mit den Folgen der Finanzkrise auf die Entwicklungsländer befasste, unterstrich die Ministerin den zuletzt in Doha beschlossenen “Debt Workout Mechanisms” als eine von drei Prioritäten im Rahmen der Kommissionsarbeit.

Die Stiglitz-Kommission war im Herbst vom Präsidenten der UNO-Generalversammlung berufen worden. Ihr gehören aktive und ehemalige Politiker sowie führende Akademiker in den Bereichen Finanz- und Entwicklungspolitik an. Sie trifft sich am 10. und 11. 3. in Genf zu ihrem vorletzten Plenum. Mit ihrem endgültigen Bericht an die UNO-Generalversammluing ist im Mai zu rechnen.

Mehr Schuldendienst durch HIPC-Schuldenerlass

In den meisten Ländern führt die Beteiligung an der Multilateralen Entschuldungsinitiative (HIPC/MDRI) dazu, dass der laufende Schuldendienst deutlich abgesenkt wird, und im Idealfall so Mittel zur Armutsbekämpfung frei werden. In Cote d’Ivoire wird nach dem gerade veröffentlichten Vorläufigen HIPC-Dokument das Gegenteil passieren:

Der jährliche Schuldendienst, der 2005 bei 325 Mio US-$ und 2006 nur noch bei 126 Mio US-$ gelegen hatte, steigt 2009 auf 608 Mio. Bis 2017 übersteigt er anschließend die Summe, die ohne HIPC-Schuldenerlass fällig gewesen wäre. Entsprechend steigt auch die Schuldendienstquote in den Vorhersagen mit Schuldenerlass in der Spitze auf über 10%, während sie ohne Erlass im gleichen Zeitraum durchgängig zwischen 5 und 7% gelegen hätte.

Das Geheimnis dieser überaus seltsamen Entschuldungsinitiative liegt in der Bereinigung der z.T. Jahrzehnte alten Zahlungsrückstände des Landes,  v.a. bei den Multilateralen Gläubigern selbst. Um in den Genuss des HIPC-Erlasses zu kommen, müssen die Schuldnerländer zunächst alle Zahlungsrückstände bei Weltbank, IWF und Afrikanischer Entwicklungsbank begleichen. Dazu wiederum müssen sie in der Regel neue Kredite aufnehmen, die dann – weil sie neue, nach dem “Cut-off-date”aufgenommene Schulden sind, vom Erlass ausgenommen sind. In einigen Fällen, wie z.B. Liberia hat das im vergangenen Jahr zu akrobatischen Finanztransaktionen geführt, mit denen neue Kredite gegeben, und dann gleich durch bilaterale Beiträge wieder abgelöst wurden.

Im Falle des vergleichsweise “reichen” Cote d’Ivoire” rechnen IWF & Co ungerührt mit einer Begleichung der Zahlungsrückstände innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums. Erst danach spürt das Land eine faktische Erleichterung auch beim Schuldendienst.

Cote d’Ivoire wäre gut beraten, sich auf diese seltsame Erleichterung gar nicht erst einzulassen, sondern darauf zu bestehen, dass der Schuldendienst durch die Entschuldung nicht steigen darf. Das allerdings würde ein faires Entschuldungsverfahren voraussetzen – und nicht eines, bei dem die “Gutachter” Weltbank und IWF zuallererst ihr eigenes Schäfchen ins Trockene bringen.

Europäischer G20-Gipfel in Berlin: Die armen Länder nicht im Blick

Die stärkere, gar “lückenlose” Beaufsichtigung der Finanzmärkte, welche die europäischen Staats- und Regierungschefs am Wochenende in Berlin beschlossen haben, ist, wenn sie denn erreicht wird, ein gewaltiger Fortschritt, von dem vor Jahresfrist noch niemand zu träumen gewagt hätte. Das gleiche gilt für die Austrocknung der Steueroasen, welche sich die Dame und die Herren auf die Fahne geschrieben haben. Bei beiden Massnahmen ist davon auszugehen, dass die angestrebte Umverteilung von Mitteln aus privaten zurück in die öffentlichen Taschen allen Bürger/innen zugute kommen wird. Allerdings werden die ärmeren Länder nur bedingt und indirekt davon profitieren können – durch möglicherweise steigende Entwicklungshilfe etwa, oder dadurch, dass auch aus Afrika, Lateinamerika und Asien die Steuerflucht für die Reichen schwieriger werden wird, wenn die Regierungen im Norden nicht mehr stillschweigend mitspielen. 

Denjenigen, die infolge der Finanzkrise und zuvor bereits wegen der Preisanstiege bei Nahrungsmitteln und Energie an den Rand der Zahlungsunfähigkeit geraten sind, helfen die Massnahmen kurzfristig allerdings wenig. Statt wie bei der Financing for Development Konferenz im Dezember und im erlassjahr-Schuldenreport gefordert, die Möglichkeit für schnelle und faire Schuldenerleichterungen zu schaffen, tauchte die Gruppe der ärmsten Länder nicht einmal auf der Agenda des Berliner Treffens auf. Es scheint, als begriffe am Kabinettstisch allein die Entwicklungsministerin welche Verelendungsprozesse das unregulierte Weltfinanzsystem in entfernteren Teilen der Welt ausgelöst hat. Und ihre Stimme scheint dort zu leise, um konkrete und unmittelbar umsetzbare Reformschritte wie ein Internationales Insolvenzverfahren auf die Agenda der G20 zu setzen.

Konjunkturprogramm der Bundesregierung: Die ganze Welt soll in Deutschland auf Kredit kaufen

In dem vergangene Nacht vom Bundeskabinett beschlossenen Konjunkturpaket heißt es unter Punkt 4 lapidar “Die Bundesregierung prüft die Erweiterung der Möglichkeiten zur bundesgedeckten Exportförderung.” Im Klartext: Die lahmende Konjunktur in Deutschland soll dadurch befördert werden, dass deutsche Produkte aggressiver im Ausland vermarktet werden, namentlich dadurch, dass der Staat über die Euler-Hermes Kreditversicherung den Exporteueren das Risiko abnimmt.

In der Vergangenheit waren dadurch, dass der Staat für zahlungsunfähige Schuldner im Süden eingesprungen war, zwischenzeitlich Schuldenberge von fast 20 Mrd. € entstanden, die die Bundesregierung über den Pariser Club häufig auf Kosten der sozialen Investitionen in den betroffenen Ländern eingetrieben hat. 

Wenn nun zum Beispiel die schwer absetzbaren Dinosaurier von BMW und Mercedes wiederum zu Vorzugsbedingungen den Staatsklassen im Süden angedient werden, kann man sich eine neue Runde fragwürdiger deutscher Forderungen an die ärmsten Länder der Welt leicht vorstellen. Wer sich je gefragt hat, wo illegitime Schulden eigentlich herkommen: Mit solchen Kabinettsbeschlüssen fängt es nicht selten an.

Ecuador stellt Schuldendienst auf illegitime Schulden ein

Vor Ablauf der Karenzfrist hat die Ecuadorianische Regierung erklärt, die Zinsen auf die “Global 2012” Anleihen nicht zu zahlen. Rund 31 Mio US-$ wären am 15.12. spätestens fällig gewesen.
Die Regierung begründet diesen Schritt mit den von der Auditoría-Kommission festgestellten Unregelmässigkeiten bei der Umwandlung der ursprünglichen Bankenforderungen in Brady-Bonds, und dieser wiederum die aktuellen “Global”-Anleihen. Präsident Rafael Correa kündigte rechtliche Schritte auch gegen die Verantwortlichen für die “betrügerischen” Umschuldungen in Ecuador an.
Gleichzeitig wurde die Forderung von rund 230 Mio US-$ der brasilianischen staatlichen Entwicklungsbank BNDES aus dem Bau des San Francisco Staudamms zurückgewiesen. Damit hat die Ecuadorianische Regierung deutlich gemacht, an welchen Fronten sie auf der Grundlage des Kommissionsberichts die Auseinandersetzung mit den Gläubigern suchen will.
Im Gegensatz zu der brasilianischen Bank und den Inhabern der Global-Bonds will Quito andere Gläubiger schonen und deren von der Kommission ebenfalls in Frage gestellte Forderungen weiter bedienen. Darunter sind diejenigen gegenüber Spanien. Spaniens zweifelhafte Forderungen hatte ich selbst in der CAIC unter die Lupe genommen. Außerdem gehören dazu die Forderungen der Interamerikanischen Entwicklungsbank, bei der die Regierung sich um Unterstützung für die Finanzierung ihrer Sozialprogramme bemüht.
Die im CAIC-Bericht geäußerten Unregelmässigkeiten bei der Umwandlung der Anleihen entsprechen weniger den Kriterien der klassischen “Odious Debts”-Doktrin. Vielmehr handelt es sich verschiedentlich um die Verletzung geltenden Rechts, welches nun – unter dem Druck der Zahlungseinstellung Ecuadors – an den jeweiligen Gerichtsständen New York und London angefochten werden können.
Hintergründe zur Arbeit der Kommission finden sich in meinen “Ecuador-Tagebüchern” vom Februar, Juli und September dieses Jahres.