Die Auslandsverschuldung in der neuen Verfassung Ecuadors

Dieser Blogeintrag wurde von Corina Schulz verfasst. Sie ist ehemalige Praktikatin bei erlassjahr.de und derzeit in Ecuador bei unserer Partnerorganisation Jubileo Red Guayaquil tätig.:

Am 25. Juli 2008 wurde die neue Verfassung für Ecuador von der Asamblea Constituyente, der Verfassungsgebenden Versammlung, die seit November 2007 mit der Ausarbeitung des Textes betraut war, mit 94 von 130 Stimmen angenommen.

Der Verfassungsvorschlag beinhaltet eine Reihe von Neuerungen und Reformen in Bezug auf das Schuldenmanagement. Mit dieser Verfassung – so sie denn im am 28. September stattfindenden Referendum von der Bevölkerung angenommen wird, wofür die Chancen Umfrageergebnissen zufolge jedoch sehr gut stehen – betritt Ecuador Neuland, exisitert doch bislang keine Verfassung, die sich auf ähnlich detaillierte Weise mit dem Thema der Auslandsverschuldung befasst.

So beinhaltet der Verfassungsvorschlag zum Beispiel das Konzept der illegitimen Schulden. Artikel 290 Abs. 5 des Textes sieht vor, Schulden, die als illegitim eingestuft werden, anzufechten.

Des Weiteren wird durch die Verfassung eine Art permanente Auditoría etabliert, die alle Phasen der Verschuldung, von der Kreditaufnahme, über das Schuldenmanagement bis hin zu Neuverhandlungen kontrollieren und auf die soziale und ökologische Nachhaltigkeit sowie ihre Tragfähigkeit hin überprüfen soll.

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Grüne-Bundesvorsitzende unterschreibt Parlamentariererklärung

Die Bundesvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen, Claudia Roth, hat als 26. Bundestagsabgeordnete die Parlamentariererklärung zu illegitimen Schulden und Gläubigermitverantwortung unterschrieben. Aktive Mitträger aus Bayern hat Frau Roth angeschrieben, die für den Wahlkreis Augsburg-Stadt im Bundestag sitzt. Eine weitere Unterschrift aus der Fraktion von Bündnis90/Die Grünen wurde uns bereits angekündigt und wird nach Eintreffen an dieser Stelle veröffentlicht.

Barack Obama und illegitime Schulden

Der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Barack Obama will im Falle seiner Präsidentschaft dem Thema illegitime Schulden eine hohe Gewichtung einräumen. In seinem Strategiepapier zur „Förderung der globalen Entwicklung und der Demokratie“ legt er sich deutlich fest: „Als Präsident wird Barack Obama das Thema „odious debts“ (verabscheuungswürdige Schulden) multilateral angehen und Untersuchungen vorantreiben, wie durch Kreditsanktionen (loan sanctions) Anreize geschaffen werden können, die private Kreditgeber davon abhalten, repressiven und autoritären Regimen Geld zu leihen.“

erlassjahr.de hat das Strategiepapier von Obama ausführlich analysiert und als Fachinfo Nr. 18 publiziert. Es kann auf unserer Homepage heruntergeladen werden.

Tansania gewinnt Prozess gegen Zwangs-Privatisierung

Die britische Wasser-Firma Biwater ist mit ihrer Klage auf bis zu 20 Mio. US-Dollar Schadensersatz von der tansanischen Regierung nach dem Scheitern eines umstrittenen Wasser-Privatisierung-Projektes im Jahr 2005 gescheitert.

Dieser Fall wurde vor dem Internationalen Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) verhandelt. Im Jahr 2003 hat eine Tochtergesellschaft der Biwater, City Water Services, die Privatisierung der Wasserversorgung in der Stadt Dar es Salaam übernommen. Die tansanische Regierung hob den Vertrag nach weniger als zwei Jahren auf und warf City Water Services “die Nichteinhaltung der gesetzten Vertragsziele“ vor. Eine der Muttergesellschaften von City Water Services, ebenfalls kontrolliert von Biwater, leitete darauf hin rechtliche Schritte gegen die Regierung Tansanias ein um Schadensersatz zu erlangen.

Das Gericht hat festgestellt, dass zwar technische Vertragsverletzungen der Anlegerechte von Biwater aufgetreten sind, Biwater aber trotzdem keinen Anspruch auf Entschädigung auf Grund dieser Verletzungen hat, da deren Geldwert gleich Null und die Kündigung des Vertrags unvermeidlich war.
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Teamklausur in Dorsten

Das erste Halbjahr 2008 ist fast um und so nahm sich das erlassjahr.de Team Zeit mit etwas Abstand vom Tagesgeschäft auf die bisherige Arbeit des Jahres zurückzublicken. Anlass war die diesjährige Team-Klausur, die abseits vom Düsseldorfer Büro in Dorsten stattfand. In etwas entspannterer Atmosphäre wurde gemeinsam analysiert, diskutiert und das kommende Halbjahr geplant. Auch die ersten Ideen für das Jahr 2009 wurden ausgetauscht. Nach einem produktiven Tag lagen nicht nur viele Ergebnisse auf dem runden Tisch, auch die Motivation hatte einen zusätzlichen “Kick” erfahren. Passend zum Spiel Deutschland gegen Österreich, zu dem alle Teammitglieder wieder pünktlich zu Hause oder auf den Public Viewing Plätzen der näheren Umgebung waren.

Papst Benedikt fordert Schuldenerlass

Papst Benedikt XVI. hat sich für einen Schuldenerlass für afrikanische Staaten ausgesprochen. Eine Erleichterung oder Aufhebung der Schuldenlast sowie eine gerechtere Verteilung der Güter seien nötig, um Ländern wie Kamerun wirtschaftlichen und sozialen Aufschwung zu ermöglichen, betonte der Papst beim Empfang des neuen kamerunischen Botschafters, Antoine Zanga, am Montag im Vatikan.
Die Staatengemeinschaft müsse durch ihre Hilfsmaßnahmen und eine gerechte globale Wirtschaftspolitik “den Teufelskreis von Unterentwicklung und Armut durchbrechen”, so der Papst. Zudem verlangte er mehr internationale Aufmerksamkeit für die sozialen Folgen von Überschwemmungen, Klimaveränderung, Seuchen sowie Kriegen und Terrorismus in den armen Ländern.

Papst Benedikt steht mit seiner Forderung in enger Tradition zu seinem Vorgänger Papst Johannes Paul II. Selbiger hatte 1999 mit seiner Forderung nach einem Erlaßjahr zur Jahrtausendwende einen wichtigen Anstoß für die globale Entschuldungsbewegung gegeben.

Zwei weitere MdBs unterzeichnen Parlamentariererklärung

Zwei weitere Bundestagsabgeodnete haben die Parlamentarier-Erklärung zu illegitimen Schulden und Gläubigermitvernatwortung unterschrieben: Dr. Lothar Bisky (Die Linke) und Dieter Grasedieck (SPD). Bisky ist Vorsitzender der Partei DIE LINKE, Vorsitzender der Europäischen Linken und Abgeordneter für den Wahlkreis Frankfurt (Oder) – Oder-Spree. Dieter Grasedieck ist Abgeordneter für den Wahlkreis Bottrop – Recklinghausen III.

Die Waffen des Diktators Mugabe und die Geschäfte der KfW: Drei Fragen

Die Affaire um das mit Waffen für Zimbabwe beladene chinesische Schiff An Yue Jiang wirft nicht nur ein Schlaglicht auf die unappetitliche Unterstützung des Diktators durch China. Interessanter noch ist die Frage nach der offenbar gängigen Geschäftspraxis der IPEX, einer Tochter der öffentlichen deutschen Entwicklungsbank KfW.

erlassjahr.de stellt in diesem Zusammenhang die folgenden Fragen:

Erste Frage: Wieso arbeitet die IPEX mit einer Inkassofirma zusammen?
“Commercial Intelligence” ist eine der zahlreichen Firmen, die sich darauf spezialisieren, die Aktiva armer Länder aufzustöbern, auf die Gläubiger im Zusammenhang mit kommerziellen Forderungen zugreifen könnten. Das ist ein mühsames Geschäft, denn das Eigentum überschuldeter Staaten im Ausland beschränkt sich im allgemeinen auf diplomatische Liegenschaften, auf die ein Zugriff grundsätzlich nicht möglich ist.
Im Zusammenhang mit der Praxis so genannter “Geierfonds” sind diese privaten Akteure zunehmend ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten. In der Regel bedienten sich private Gläubiger solcher Firmen. Formal ist auch die IPEX eine solche private Firma – gleichwohl eine, die sich im Eigentum der öffentlichen KfW befindet, und die sich nach eigenen Angaben den Prinzipien der Nachhaltigkeit verpflichtet weiß. Die Fincial Times Deutschland (FTD vom 23.04.2008) zitiert eine IPEX Sprecherin so: “Damit nehme es nicht nur auf wirtschaftliche und ökologische, sondern auch auf soziale Aspekte Rücksicht”.

Zweite Frage: Warum versucht die IPEX jetzt, ihre Ansprüche durchzusetzen? Zimbabwes Auslandsschulden betrugen bereits Ende 2005 (letzte zur Verfügung stehende Daten) 132% der Brutto Inland Produktes (BIP) und damit mehr als das Dreifache dessen, was Weltbank und IWF für ein noch tragfähiges Schuldenniveau halten. Seither hat sich dieser Indikator vor allem durch den weiteren Rückgang des BIP und die auflaufenden Zinsen auf Zahlungsrückstände weiter verschlechtert – nur weiß niemand um wie viel genau.
Im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wird (richtigerweise) davon ausgegangen, dass Zimbabwe ein Fall für eine weitreichende Schuldenstreichung unter der Multilateralen HIPC-Initiative ist, “wenn der Alte erst mal weg ist” (sprich Dikator Mugabe abgesetzt wurde). Ob die eigentlich geschlossene HIPC-Initiative dann noch mal geöffnet wird, oder es zu einer vergleichbaren Streichung in einem ad-hoc-Verfahren kommt: auf jeden Fall würden bilaterale kommerzielle Forderungen wie die aus dem deutschen Stahlwerkgeschäft in einem solchen Verfahren weitgehend oder vollständig gestrichen. Da wirkt es befremdlich, dass ein überdies indirekt im öffentlichen Besitz befindlicher Gläubiger gerne noch rausholen will, was zu holen ist, so lange – zum Glück – der “Alte” noch da ist.

Dritten Frage: Was wäre denn, wenn zum Beispiel Nahrungsmittel für die unter Armut und Repression leidende Bevölkerung Zimbabwes auf dem Schiff gewesen wären?
Die IPEX hat deutlich gemacht, dass sie sich an den Waffen für den Diktator die Finger nicht schmutzig machen will. Nun ist die Darstellung in vielen Medien an einem Punkt nicht ganz korrekt: Internationales Recht gestattet durchaus den Zugriff auf Werte, die hoheitlichen Zwecken dienen – vorausgesetzt, dass der Kreditnehmer im Kreditvertrag ausdrücklich auf seine souveräne Immunität verzichtet hat. Das wiederum ist seit den achtziger Jahren routinemässig der Fall, in denen Staaten Kredite im Rahmen kommerzieller Transaktionen aufnehmen. Mit Sicherheit enthält auch der Vertrag über das Stahlwerk in Zimbabwe eine entsprechende Klausel. Wäre also tatsächlich Weizen oder – sagen wir – Lieferungen für ein humanitäres Programm einer Nichtregierungsorganisation auf dem Schiff gewesen, hätten die zwielichtigen Geldeintreiber aus Singapur durchaus Werte für die IPEX/KfW sistieren können. Die in der FTD zitierte IPEX-Sprecherin hat ausdrücklich darauf beharrt, dass man keinesfalls das (politische) Interesse gehabt habe, dem Diktator den Zugang zu seinen Mordwerkzeugen zu entziehen. Vielmehr habe man aus “rein kommerziellen” Erwägungen gehandelt. Von daher ist davon auszugehen, dass jede Art von kommerziell verwertbarem Hab und Gut tatsächlich seinen Weg nach Frankfurt statt nach Harare gefunden hätte. Inwiefern diese Art von Inkasso in einem total verarmten Land “soziale Aspekte berücksichtigt”, sollte die KfW durchaus mal öffentlich erklären.

Fazit:
Es ist offenbar höchste Zeit, dass die zuletzt mit einem Fachgespräch in der Weltbank und Anfang Juni mit einer Bundestagsanhörung anlaufende Diskussion über die Illegitimität von Forderungen an manche Diktatoren zu praktischen politischen Schritten führt. Umso wichtiger ist es, dass diese Diskussion auch in der Öffentlichkeit geführt wird. Unterstützen Sie deshalb jetzt die Kampagne für eine Parlamentariererklärung!

Russland erlässt Libyen Schulden

Russland hat Libyen Schulden in Höhe von 4,5 Milliarden US-Dollar erlassen. Bei diesen Schulden aus der Sowjet-Zeit soll es sich um Ausstände “rein militärischer” Art gehandelt haben, so der russische Finanzminister Alexej Kudrin.  Im Gegenzug haben russische Firmen Millarden-Verträge mit Libyen erhalten. Diese sollen sowohl Rüstungs- und Ölgeschäfte als auch den Bau einer 500 Kilometer langen Eisenbahnstrecke zwischen Syrte und Benghasi beinhalten. Die Abschreibung der Schulden werde endgültig vollzogen, nachdem Libyen die geschlossenen Verträge mit den russischen Unternehmen bezahlt habe, hies es aus russischen Regierungskreisen.

Pariser Club erlässt Liberia 254 Millionen Dollar Schulden

Wie erwartet hat der Pariser Club beschlossen dem afrikanischen Land Liberia einen Teil seiner Schulden zu erlassen. 254 Millionen US-Dollar wurden erlassen, welche nun in Programme zur Armutsreduzierung in Liberia fliessen sollen. Der Pariser Club reagiert damit auf die Ankündigung des Internationalen Währungsfonds Liberia wieder als reguläres Mitglied aufzunehmen. Zudem hatte Liberia im März den Decision Point im Rahmen der HIPC Initiative erreicht. Gleichzeitig hat die US-Regierung angekündigt Liberias komplette bilaterale Schulden in Höhe von 430 Millionen US-Dollar zu erlassen. Die USA wollen so den wirtschaftlichen und politischen Wandel des Landes unterstützen, der unter der Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf eingeleitet worden ist.