Euro-Rettungspakete: Für eine Billion Euro ein Jahr Zeit gekauft

Avatar-Foto Jürgen Kaiser, erlassjahr.de
13. Mai 2010

Am vergangenen Wochenende hat die Eurozone eine der größten Rettungsoptionen der jüngeren Wirtschaftsgeschichte durchgezogen. Rund 1000 Mrd. US-$ wurden in Form von Finanzhilfen und Garantien bereitgestellt um – z.T. über noch zu schaffende Institutionen – notleidenden Staaten des Euroraumes zur Verfügung gestellt zu werden.
Es sieht nicht so aus, als stünden Aufwand und Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis zueinander: Nimmt man den Euro-Kurs als Indikator: dieser stürzte nach einer kurzen Erholung über das Wochenende am Mittwoch und Donnerstag wieder ab. Die Verantwortlichen haben hoch gewettet, und sie können gewinnen – aber auch verlieren, wenn das „Vertrauen der Finanzmärkte“ nicht in dem Maße wieder hergestellt wird, dass der Zugang der südeuropäischen Staaten zu privatem Kapital nicht wieder normalisiert.
Für die kleine Chance, dass dies wunderbarerweise im Lauf der nächsten zwölf Monate doch geschieht, zahlen sie einen hohen Preis:
Die Europäische Zentralbank (EZB) wurde gezwungen, Anleihen der Eurostaaten zu kaufen, was mit ihrer Rolle als Zentralbank eigentlich nicht zu vereinbaren ist.
Die strikten Inflationsziele, welche die EZB eigentlich verfolgte wurden bei dem Deal stillschweigend mit geopfert.
Und vor allem: Waren bislang private Anleger in der Gefahr, bei einer möglichen Staatspleite Griechenlands hohe Verluste hinnehmen zu müssen, so verlagert das Hilfspaket einen großen Teil diese Risikos auf den öffentlichen Sektor. Sollte ein Teilerlass zum Ende dieses oder zum Beginn des nächsten Jahres unvermeidlich sein, wird der nicht nur für alle Gläubiger deutlich teurer als er heute schon gewesen wäre. Er wird auch den deutschen Staat und die anderen Regierungen der Eurozone nicht mehr nur indirekt, sondern ganz direkt treffen. Entsprechend größer wird dann der Druck sein, auch die dann eigentlich logische Insolvenz und den damit verbundenen Kapitalschnitt mit einem noch größeren Rettungspaket wiederum hinauszuzögern. Sicher wird es auch 2011 in irgendeinem Bundesland Wahlen geben, die die Regierung mit unangenehmen Wahrheiten zögern lassen werden
Wer eine solche Schuldenfalle vermeiden will, muss ein paar grundlegende Einsichten beherzigen:
1. Eine unvermeidliche Insolvenz ist umso teurer und schmerzhafter je länger sie hinausgezögert wird. Nicht umsonst ist Insolvenzverschleppung hierzulande ein Straftatbestand.
2. Wer das „Vertrauen der Märkte“ zum obersten Ziel seiner Politik macht, macht sich zur Geisel der einflussreichen und finanzstarken Marktteilnehmer.
3. Eine geordnete Insolvenz zerstört keinesfalls das Vertrauen der Märkte – auch, wenn Bankenvertreter dieses Schreckgespenst immer wieder gern an die Wand malen. Im Gegenteil: Als Alternative zu der oben beschriebenen Schuldenfalle ist es der einzige Weg, dieses Vertrauen wieder herzustellen. Die Investoren von morgen interessiert nur in zweiter Linie, ob ein Land gestern einen Kapitalschnitt durchführen musste. In erster Linie interessiert se, ob der Schnitt tief genug war, um die Rückzahlung neuer Investiitonen nicht durch die Bedienung unbezahlbarer Altschulden zu gefährden.
Es wird höchste Zeit, dass das im Koalitionsvertrag angestrebte Internationale Staateninsolvenzverfahren endlich geschaffen wird, um solche Schnitte auf eine geordnete und glaubwürdige Weise umsetzen zu können. Nicht nur im Interesse der Schuldnerstaaten, sondern im eigenen Interesse Deutschlands.

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