11. Oktober 2023

Studie zeigt: Schuldenkrise dramatisch unterschätzt

IWF und Weltbank lassen oft verlauten, die Schuldenkrise sei heute noch lange nicht so schlimm wie in den 1980er und 1990er Jahren. Entschieden widerspricht nun eine internationale Studie der britischen Organisation Development Finance International, die am 11. Oktober 2023 am Rande der Jahrestagung von IWF und Weltbank vorgestellt wurde: Länder des Globalen Südens müssen derzeit 38 Prozent ihrer Einnahmen für Zins- und Tilgungszahlungen aufwenden. Damit sind ihre Haushalte heute deutlich stärker belastet als in der großen Schuldenkrise der 1980er und 1990er Jahre, die den Anstoß für weitgehende Schuldenerlassinitiativen gab. Eindringlich mahnt die Studie, die Schuldenkrise nicht zu unterschätzen.

Die Studie „The worst ever global debt crisis“ ist die Auswertung der neuen Datenbank Debt Service Watch von Development Finance International, die von Norwegian Church Aid, LATINDADD and UNAIDS finanziert wird. Darüber hinaus sind auch AFRODAD, Debt Justice UK, EURODAD und auch erlassjahr.de Mitherausgeber der Publikation.

Die Studie nimmt erstmals öffentliche Auslands- und Inlandsschuldendienstzahlungen gemeinsam in den Blick. Durch die Nutzung von Primärquellen konnten im Hinblick auf die Sozialausgaben zudem die aktuellsten Werte herangezogen werden. Dadurch wird deutlich: Die hohe Belastung durch den Schuldendienst geht zu Lasten dringend benötigter Ausgaben zur Erreichung der international vereinbarten Nachhaltigen Entwicklungsziele und zur Bewältigung der Klimakrise.

Der Schuldendienst ist in 104 Ländern höher als die Bildungsausgaben (siehe oben), in 116 höher als die Ausgaben für Gesundheitsversorgung.

Der Schuldendienst ist in 104 Ländern höher als die Bildungsausgaben, in 116 höher als die Ausgaben für Gesundheitsversorgung. In afrikanischen Ländern sind die Zahlen besonders eklatant: Hier sind die Schuldendienstzahlungen anderthalbmal so hoch wie die Ausgaben für Bildung, Gesundheit und soziale Absicherung zusammengenommen. Leidtragende der Schuldenlast sind damit ganz unmittelbar die Menschen in den betroffenen Ländern.

Und noch eines zeigt die Studie: Die Ergebnisse von Verhandlungen über Schuldenerlasse, wie die G20 sie etwa mit Tschad, Ghana, Sri Lanka und Sambia geführt hat oder noch führt, reichen bei weitem nicht aus, um die Nachhaltigen Entwicklungsziele doch noch zu erreichen. Es braucht daher zwingend einen Kurswechsel in der internationalen Entschuldungspolitik.