31. Januar 2022

Last-Minute Abkommen mit dem IWF: Argentinien hat Zeit gewonnen

Argentinische Flagge

Am Freitag, dem 28.01.2022, haben sich die argentinische Regierung und der Internationale Währungsfonds (IWF) auf eine Neukreditvergabe geeinigt [BA Times], die es dem Land erlaubt, die in diesem und den kommenden Jahren auf den ausstehenden Kredit in Höhe von 44 Milliarden US-Dollar fälligen Zahlungen zu leisten. Der neue Kredit aus Washington sieht dafür viereinhalb Freijahre vor. Das heißt: Erst ab 2027 muss Argentinien zurückzahlen; bis dahin werden nur Zinsen fällig.

Auf der Grundlage des neuen Kredits konnte Argentinien zunächst die am Freitag fällig werdenden 730 Millionen US-Dollar aus seinen Reserven begleichen, und wird dasselbe auch am Dienstag mit weiteren 370 Millionen US-Dollar können. Argentiniens Währungsreserven in Höhe von rund 35 Milliarden US-Dollar können überdies um 5 Milliarden aufgestockt werden.

Bislang existiert allerdings nur eine vorläufige Absprache. Sowohl das argentinische Parlament – dem die Regierung Fernández erst jüngst ausdrücklich das Einspruchsrecht bei allen Kreditverträgen gesetzlich gesichert hatte – als auch der Vorstand des IWF müssen der Vereinbarung noch zustimmen.

Präsident Alberto Fernández und Finanzminister Martín Guzmán zeigten sich am Wochenende zufrieden, dass eine drohende neuerliche Staatspleite ihres Landes damit abgewendet werden konnte. Und auch IWF-Direktorin Kristalina Georgieva war erleichtert. Erst im Dezember hatte die Institution einräumen müssen, dass gravierende Fehlentscheidungen und äußerst fragwürdige politische Interventionen dazu geführt hatten, dass die konservative Regierung von Mauricio Macri überhaupt den größten Kredit in der IWF-Geschichte erhalten konnte. Mit dieser Leiche im Keller [ej-Blog] wäre es dem IWF schwergefallen, gegenüber Argentinien eine traditionelle harte Linie zu fahren.

Fernández und Guzmán betonten, dass Argentinien sich keinen weiteren Konditionalitäten im Sinne traditioneller IWF-Strukturanpassung beugen musste. Einzige harte Bedingung ist die Reduzierung des fiskalischen Defizits von 3,5 Prozent in 2021 auf 2,5 Prozent in 2022, 1,9 Prozent in 2023 und schließlich 0,9 Prozent in 2024. Das ist durchaus eine kritische und überdies vom IWF alle drei Monate überprüfte Bedingung für die ratenweisen Auszahlungen des neuen Kredits. Aber das berüchtigte Hineinregieren in Sozial- und Wirtschaftspolitik, welche IWF-Interventionen früher gekennzeichnet hatten, konnte vermieden werden.

Bereits am Wochenende stabilisierte sich der zuletzt immer weiter abrutschende Peso leicht, und auch die Bewertung argentinischer Staatsanleihen am Sekundärmarkt verbesserte sich ein wenig.

Trotz dieses wichtigen Erfolgs bleibt Argentiniens Lage auch in den kommenden Jahren bis zum Wiedereinsetzen der Rückzahlungsverpflichtungen kritisch:

  • Noch nicht bekannt sind die Zinssätze des Neukredits, die ab Tag eins der Auszahlungen beglichen werden müssen.
  • Weiterhin wird Argentinien auf rund vier Fünftel des Kredits Zinsaufschläge („Surcharges“) in Höhe von rund 2 Prozent zahlen müssen, konkret auf alle ausstehenden Schulden, die über 185 Prozent der Quote des Landes im IWF hinausgehen. Argentinien liegt mit dem Macri-Kredit knapp über 1000 Prozent.
  • Das Abkommen baut darauf, dass Argentinien auch von weiteren Partnern finanzielle Unterstützung erhalten wird. Nur aus Spanien gibt es bislang dafür eine Bestätigung in noch unbekannter Höhe. Wie Deutschland und andere sich beteiligen, ist noch nicht absehbar.

In Argentinien gab es lobende Worte sogar von der Opposition. Möglicherweise war das Macri-Lager einfach erleichtert, dass die aktuelle Schuldenkrise nicht zu einem Staatsbankrott geführt hat, dessen Ursprünge leicht in die Regierungszeit Mauricio Macris hätten zurückverfolgt werden können. Die Hardliner im Regierungslager um Ex-Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner hatten dagegen bis zum Freitag mit einer Zahlungseinstellung und einem konfrontativen Kurs gegen den IWF geliebäugelt. Dafür hatte es auch aus Teilen der zivilgesellschaftlichen Community [Autoconvocatoria] Unterstützung gegeben.

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